22
Feb
2018

Tag 90 Lakehead Hut bis Upper Traverse Hut (20 Kilometer)

Auf meinem Weg wieder hoch in die Berge zum Traverse Saddle habe ich heute die 2.000-Kilometermarke des Te Araroa geknackt! Wahnsinn, damit habe ich ungefähr zwei Drittel des Trails bereits geschafft. Ein tolles Gefühl. Ich befinde mich nun nach meinem heutigen Hike von der Lakehead Hut zur 700 Meter höher gelegenen Upper Traverse Hut unterhalb des Traverse Saddle inmitten der neuseeländischen Berge der St. Arnaud Range auf über 1.300 Metern. Der Tag, den ich komplett mit Wietse lief, war in jedem Fall abwechslungsreich…

Das war eigenartig. Dermaßen viele Leute schliefen in der Hütte, doch tatsächlich hat nicht einer geschnarcht, was wiederum dafür sorgte, dass am Morgen gegen 7 Uhr noch alle tief und fest schliefen. Diese Hüttenunruhe, wenn die ersten aufstehen und das dominoeffektartig, wenn auch zäh, das langsame Aufstehen der anderen Hiker in Gang bringt, setzte daher heute auch erst sehr spät ein. Für üblich machen sich die ersten Hiker gegen 6 Uhr trailfertig. Heute war es dann 7:30 Uhr und so setzten sich alle, auch ich, erst sehr spät in Trab.

Ich stand gegen kurz vor 8 Uhr auf und frühstückte zunächst etwas. Seit langer Zeit genoss ich mal wieder zwei Wraps und ich muss sagen, die haben mir echt wieder geschmeckt. Das Experiment wenigstens einen dieser Wraps wieder mit Erdnussbutter und einer Mischung aus Nüssen und getrockneten Früchten zu probieren, schob ich allerdings nochmal auf. Ich aß meine Wraps heute morgen mit Käse und Salami. Dazu trank ich einen Kaffee und einen Vanille-Proteindrink.

Um 8:30 Uhr war ich dann startbereit. Wietse war auch soweit, auf den Trail zu starten, und fragte mich, ob wir zusammen hiken wollen. Gerne. Bei dem zunächst erwarteten einfachen Track könnten wir uns die Zeit damit vertreiben, über alles mögliche zu quatschen, z.B. über die stetig nassen Schuhe auf dem Te Araroa. Heute morgen erst war ich dank nächtlicher Kamintrocknung in trockene Schuhe gestiegen. Nach hundert Metern Track stand die erste Flussquerung an und die Schuhe waren wieder durch für den Rest des Tages. Die Schuhe vor dem Fluss auszuziehen und die Querung in meinen Outdoorsandalen zu vollziehen, ziehe ich mittlerweile schon gar nicht mehr in Betracht. Jeden Tag hat es hier gerade an die ein oder zwei Dutzend kleinerer und größerer Flussquerungen, tiefer Pfützen oder überschwemmter Tracks. Das würde einfach zuviel Zeit kosten.

Der Track selbst verlief im Traverse Valley auf den ersten vierzehn Kilometern des Tages bis zur John Tait Hut nahezu flach, dem Traverse River stromaufwärts in Richtung Mount Traverse folgend. Der Fluss mäanderte hier im Tal abwechselnd durch offene Graslandschaften und durch Waldlandschaften und ebenso verlief auch der Track, mal mehr, mal weniger nah zum Fluss. Dort, wo der Track direkt neben dem Fluss verlief, zeigte sich, dass der schnelle Strom einiges an Wasser mit sich führte. 20 bis 30 Zentimeter mehr an Wasserlevel und der Track wäre an vielen Stellen geflutet gewesen.

Als Wietse und ich den Traverse River über eine Hängebrücke querten, fiel mir auf, dass ich meine Edelstahltasse unterwegs verloren haben musste. Ich hoffe, dass sie vielleicht noch jemand aufliest und heut Abend mit zur Upper Traverse Hut bringt. Falls nicht, spare ich mir ein paar Gramm Gewicht ein und nutze meinen Kochtopf künftig dauerhaft als Tassenersatz. Das hat in den vergangenen Wochen ganz unbewusst auch immer gut geklappt.

Im Wald, der oftmals im Sonnenschein grün vor den Moosen leuchtete, war der verwurzelte Track meist deutlich matschig. Es hatte hier viele kleine Flussquerungen, was einerseits fortlaufend nasse Füße versprach. Dadurch, dass das eigentliche Flussbett das Wasser meist jedoch alleine nicht wegtransportieren konnte, hatte es andererseits viele Überschwemmungen des Tracks und viele komplett verschlammte Bereiche.

Hier auf dem Weg passierte ich dann auch die 2.000-Kilometermarke des Te Araroa-Trails. Ein irres Gefühl zwei Drittel des Trails nun geschafft zu haben. Ich hatte gar nicht auf dem Schirm, dass ich diese Marke heute passieren würde, bis Wietse mich auf die aus Steinen gelegte 2.000 auf dem Trail hinwies. So langsam glaube ich mehr und mehr daran, dass ich die über 3.000 Kilometer dieses Trails schaffen werde. Als ich vor knapp drei Monaten in Cape Reinga auf der Nordinsel gestartet bin, war dieser Glaube doch mit einigen Zweifeln behaftet 😉

Nach etwa dreieinhalb Stunden erreichten Wietse und ich die John Tait Hut. Wir fühlten uns beide gut heute und waren schnell unterwegs. Bis zur John Tait Hut hatten wir bislang nur eine kurze Pause von einer Viertelstunde eingelegt, daher erlaubten wir uns hier nun eine längere Pause. Während Wietse sich mit einigen Wraps begnügte, kochte ich mir aus meinem reichlichen Essensvorrat ein paar Nudeln mit Gemüsesuppe. Nach einer knappen Dreiviertelstunde machten wir uns wieder auf den Weg. Von hier aus standen nur noch sechs Kilometer bis zur Upper Traverse Hut an. Dafür war der Track aber auch stetig ansteigend bis zu der auf 1.334 Metern gelegenen Hütte.

Hinter der John Tait Hut verlief der Track dann im Traverse Valley auch direkt steiler ansteigend. Es war hier zwar keine ungeheure, schweißtreibende Steigung zu bewältigen, aber mir wurde zumindest deutlich warm. Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir den Abzweig zu den Traverse Falls und legten einen kurzen Sidetrip zu dem nur hundert Meter entfernten Wasserfall ein. Wir ließen unsere Rucksäcke oben am Abzweig liegen und stiegen steil zum Traverse River hinab, dessen Wassermassen geschätzt an die 20 Meter durch eine Engstelle in den oben liegenden Felsen in das darunterliegende Becken und das weitere Flussbett hinabstürzte. Eine wahnsinnig schöne Szenerie, die wir für eine längere Pause nutzten. Die Felsen und Bäume rundherum waren von dichtem Moos bewachsen und der Wasserfall versprühte einen ständigen feuchten Nebel auf Bäume und Felsen. Das hatte schon etwas vom verbotenen Weiher im Herrn der Ringe, wenn die Traverse Falls sicher auch deutlich mächtiger sind, als der kleine Fall am verbotenen Weiher im Film.

Die letzten vier Kilometer verlief der Track weiterhin stetig ansteigend durch eine ständig wechselnde Szenerie. Total klasse. Entweder veränderten sich die Ausblicke selbst, die mal auf bewaldete Berghänge fielen, dann wieder auf die alpin-schroffen Gipfel um uns herum, oder die Vegetation, durch die wir liefen, bot Abwechslung. Wir passierten, dem Fluss immer weiter stromaufwärts folgend, Graslandschaften, feuchte moosige Wälder, trockenen Birkenwald und auch teils bereits alpines, felsiges Terrain.

Um 15:30 Uhr erreichten wir dann nach einem steileren Schlussanstieg die wunderschön von den Bergen eingerahmte Upper Traverse Hut. Die große DOC-Hütte mit insgesamt 24 Matratzen liegt unterhalb des Hangs vom Mount Traverse auf einer offenen Ebene. Von hier aus werde ich morgen die St. Arnaud Range über den knapp 450 Meter über der Hütte gelegenen Traverse Saddle queren und dann über 1.100 Meter auf steilem Pfad mit durchschnittlich 50 Prozent Gefälle ins Sabine River Valley absteigen. Von dort beginnt dann der Anstieg in die Spenser Mountains zum Blue Lake. Hier plane ich dann morgen unterzukommen. Übermorgen werde ich die Spenser Mountains dann über den Waiau Pass queren, den zweithöchsten Punkt des Te Araroa und eines seiner Highlights.

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