31
Jan
2023

Die Planung läuft! Auf Backcountry-Ski durch die letzte große Wildnis Europas: den Sarek Nationalpark in Schwedisch-Lappland!

Ein neues Jahr und eine neue Expedition! Im März geht es los! Es wird herausfordernd in Europas letzter Wildnis im Sarek Nationalpark in Schwedisch-Lappland oberhalb des Polarkreises. Und ja, das Ganze passiert erneut im Winter und lässt die Querung der Hardangervidda rückblickend betrachtet zwar nicht wie ein Zuckerschlecken, aber doch vergleichsweise deutlich einfacher erscheinen. Natürlich war es das nicht, aber mit bis zu 12 Tagen auf Backcountry-Ski wird es nun nicht nur länger, es wird mit Temperaturen bis zu -40 Grad auch kälter und mangels Hütten sowie Wegmarkierungen sowie höherer Gefahren durch Lawinen und Winterstürme auch herausfordernder. Wie die Idee zu dem Projekt entstand, wer alles dabei ist, auf welchem Stand der Vorbereitungen wir uns befinden und welche Route wir durch den Sarek Nationalpark und darüber hinaus einzuschlagen beabsichtigen, bekommt ihr nun hier zu lesen…

Inhaltsverzeichnis

    Die Idee einer weiteren Winterquerung in Skandinavien

    Bereits nach der erfolgreich abgeschlossenen Winterquerung der Hardangervidda kamen bei Chris und mir erste Überlegungen auf, das Abenteuer einer Winterexpedition zu wiederholen. Für uns war es letzten Winter das erste Mal gewesen, dass wir auf Backcountry-Ski und dann auch gleich im Expeditionsmodus unterwegs gewesen waren. In arktischen Verhältnissen hatten wir uns mehrere Tage lang durch die größte Hochebene Europas gekämpft und dabei eine Strecke von etwa 120 Kilometern zurückgelegt.

    Wir hatten seinerzeit so gut wie keine Erfahrungen aufzuweisen – weder auf Backcountry-Ski bzw. mit dem Ziehen einer Pulka noch mit den arktischen Bedingungen, in die wir uns damals für insgesamt sechs Tage begeben hatten. Am Ende der damaligen Tour waren wir daher auch um unzählige Erfahrungen reicher. Daneben blieben vor allem die Erinnerungen daran, ein großes Abenteuer erlebt zu haben. Eines von der Art, welches dazu aufforderte, nicht nur ein einziges Mal erlebt worden zu sein. Der Sarek Nationalpark als sogenannte letzte Wildnis Europas und noch größere Herausforderung schwebte schon damals unbestimmt in unseren Köpfen als mögliches Ziel für eine nächste Skiexpedition.

    Zugegeben, wir hatten in der Hardangervidda einige Momente erlebt, in denen wir kämpfen mussten. Doch dafür wurden wir auch reich belohnt: mit einer spektakulären Landschaft aus Eis und Schnee, zahlreichen Momenten der Freude und des Glücks und insbesondere solchen Tagen des Lebens, in denen wir fernab von jeder Komfortzone ein ganz pures, intensiven Leben führten.

    Noch lange nach der Tour durch die Hardangervidda erinnerte ich mich gut daran, wie wir uns in der kalten kargen Schönheit dieser Eiswüste auf den Backcountry-Ski vorangekämpft hatten. Die Pulka mit dem gesamten Material darauf stets hinter uns. Ganz magisch wurden diese Momente stets im Sonnenuntergang, wenn Landschaft und Himmel in ein gedämpftes, beinahe mystisches Licht getaucht wurden. Die Farben wurden weicher, pastellfarbener. Es sind kaum zu beschreibende Momente gewesen, voll von der Schönheit unseres Planeten und seiner Natur, selbst da, wo es eigentlich so lebenswidrig ist.

    Dies waren die Momente, in den wir eine unglaubliche Kraft aus der Schönheit der Natur schöpften. Ich empfand sie seinerzeit als atemberaubend. Und dieses Gefühl war es auch, das mich nicht loslassen wollte… vielleicht auch sollte. Ganz im Gegenteil. Mit den nahenden ersten Schneeflocken des jetzigen Winters verstärkte es sich. So sehr, dass ich im November an Chris herantrat, ob wir das Abenteuer der Sarek-Querung wagen sollten. Eine Tour, die uns weit oberhalb des Polarkreises führen würde. Eine Tour, in der wir uns bei Eiseskälte und völliger Abgeschiedenheit diesmal ohne jede Wegmarkierung und Übernachtungsmöglichkeit durchschlagen müssten. Doch auch eine Tour, die uns erneut ganz unzweifelhaft mit einmaligen Erlebnissen belohnen würde. Und das unter dem magischen Zauber des Nordlichts und umgeben von den höchsten schnee- und gletscherbeladenen Gipfeln Schwedens.

    Es erscheint merkwürdig wie gewaltig das Feuer der Abenteuerlust doch lodern kann. Und genauso merkwürdig erscheint es auch, wie schnell es neu entfacht werden kann. Es bedarf nicht viel: einer Idee, einer Vorstellung, eines Gefühls oder aber einer Erinnerung an ein erlebtes Abenteuer. Jedenfalls kann all dies mitunter wie ein trockener Holzscheit wirken, der auf noch glimmende Kohlen gelegt in wenigen kurzen Augenblicken dafür sorgt, dass die Flammen wieder hoch und intensiv auflodern.

    Dieses „Brennen“ war vermutlich auch der Grund, weshalb es nur weniger Tage des Überlegens bedürfte. Für Chris und mich stand jedenfalls kein wirkliches Fragezeichen hinter dem Vorhaben – so zumindest mein Eindruck. Und vermutlich war dies auch der Grund, weswegen wir in Alexej in kürzester Zeit einen weiteren Mitstreiter für unser Vorhaben fanden.

    Mit Alexej hatte ich vor anderthalb Jahren noch in Russland den Elbrus über dessen Nordflanke bestiegen. Und das Feuer der Abenteuerlust war offenbar auch in Alexej entfacht. Denn er entschloss sich auch innerhalb kürzester Zeit dazu, das Wagnis mit uns anzugehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte er überlegt, die Querung der Hardangervidda mit uns durchzuführen. Berufliche Gründe hatten das damals jedoch verhindert. Gründe, die nun nicht mehr vorlagen. Und Alexej meinte vor diesem Hintergrund schlicht „er hätte ja nun keine Ausrede mehr, nicht mitzukommen…“ 😉

    Nach einigen Recherchen wagen wir uns mit dem Sarek nun offenbar an die Königsdisziplin der Backcountry-Skidurchquerungen in Skandinavien. Und das trotz unserer zugegeben noch geringen Erfahrungen. Während Chris und ich allein die Querung der Hardangervidda vorzuweisen haben, hat Alexej bislang noch gar keine Erfahrungen auf Backcountry-Ski. Umso beeindruckender, das er das Ganze mit uns angeht!

    Ich bin mir sicher, dass wir auch dieses Abenteuer bei entsprechender Vorbereitung ohne Guide bzw. ohne kommerziellen Veranstalter durchführen können. Auch wenn natürlich ähnliche Fragezeichen im Raum stehen wie vor der seinerzeitigen Expedition. Wie navigieren wir im Sarek? Welche Gefahren gibt es durch Winterstürme und das Gelände, vor allem in Bezug auf Lawinen und Schluchten? Wo bekommen wir die benötigte Ausrüstung her? Wie viele Tage haben wir einzuplanen? Wie können wir uns für eventuelle Notfälle wappnen? Welche Rettungsmöglichkeiten gibt es? Und schlussendlich auch die erneute Frage danach, wie wir uns mental und körperlich vorbereiten können. Einige dieser Fragen sind zwischenzeitlich geklärt.

    Der Sarek Nationalpark im Winter

    Der Sarek Nationalpark ist als letzte große Wildnis Europas bekannt. So ganz korrekt scheint das natürlich nicht zu sein, zumal es auch andere große und teils sogar größere unberührte Landschaften in Skandinavien gibt. Aber die Bezeichnung spiegelt durchaus wieder, in welches Terrain wir uns begegen.

    Zusammen mit den benachbarten Nationalparks Padjelanta und Stora Sjöfallet ist der Sarek schlichtweg eine wilde und nahezu unberührte Landschaft im schwedischen Teil Lapplands. Deutlich oberhalb des Polarkreises gelegen finden sich im Sarek hoch oben im Norden von Schweden die höchsten Berge des Landes. Eine spektakuläre wie auch faszinierende alpine Gebirgslandschaft, die von über 100 Gletschern, schroffen Berggipfeln, mächtigen Steilwänden, weitestgehend baumlosen Hochebenen und tief eingeschnittenen Flusstälern und Schluchten geprägt ist.

    Beim Sarek handelt es sich dabei nach dem benachbarten Padjelanta um den zweitgrößten Nationalpark von Schweden. 1996 erst wurde er zum Teil des Weltkulturerbes Laponia erklärt. Seine genaue Lage könnt ihr hier in der Karte ersehen:

    Lage des Sarek Nationalparks in Schwedisch-Lappland

    Der Sarek gilt zumindest für europäische Verhältnisse als äußerst schwer zugänglich. Bereits eine Sommerquerung im Rahmen einer Trekkingtour stellt eine ernsthafte und herausfordernde Unternehmung dar, die nicht unterschätzt werden darf. Das Gebiet ist abgeschieden, völlig weglos, ohne jedwede Handynetzabdeckung, Unterkünfte und Ausstiegsmöglichkeiten. Für jeden ernsthaften Versuch, den Park zu durchqueren, sind selbst im Sommer ein bis anderthalb Wochen zu veranschlagen. Einmal im Herzen des Nationalparks angelangt, benötigt es mehrere Tage, bevor man einen markierten Pfad oder sonstigen Kontaktpunkt mit der Außenwelt erreicht.

    Im Winter verschärfen sich diese Gegebenheiten nochmals. Ich hab es ja bereits erwähnt: eine Winterdurchquerung auf Schneeschuhen oder auf Backcountry-Ski gehört nach unseren Recherchen zu den anspruchsvollsten wie auch den spektakulärsten Unternehmungen, die im Norden Skandinaviens oberhalb des Polarkreises unternommen werden können. Wir dürfen das also keinesfalls unterschätzen und werden uns wie auch bei der Querung der Hardangervidda auf alle Eventualitäten vorzubereiten haben.

    Auch wenn wir es hoffen, so können wir natürlich nicht davon ausgehen, dass die Tour reibungslos verläuft. Nicht zuletzt können die arktischen Wetterbedingungen mit Temperaturen im Extremfall von bis zu -40 Grad und die starken, mitunter mehrere Tage anhaltenden Winterstürme oder auch erhebliche Neuschneefälle dafür sorgen, dass an ein Weiterkommen möglicherweise gar nicht mehr zu denken ist, weil ganze Abschnitte des Nationalparks nicht mehr passiert werden können.

    Zu alledem kommt im Vergleich zur Hardangervidda eine noch deutlichere Abgeschiedenheit von der Zivilisation. Es mangelt bis auf einer winzigen Hütte mit einem Nottelefon im Herzen des Nationalparks vollständig an Kontaktmöglichkeiten in die Außenwelt wie auch an Berghütten, die wir als Notunterkünfte ansteuern könnten. Es gibt keinerlei markierte Routen und auch keine Wege und Straßen, die passiert werden. Unsere Route haben wir durch die engen Täler des Nationalparks daher auch selbst zu suchen und – egal wie sich die Schneelage zeichnet – selbst zu spuren. In der Hardangervidda konnten wir dahingegen zumindest auf den meisten Streckenabschnitten entweder den typischen Birkenzweigmarkierungen oder aber zumindest Skispuren anderer Skiwanderer folgen.

    Weiterhin kommt eine nicht unbeträchtliche Lawinengefahr hinzu. Beim Sarek Nationalpark handelt es sich infolge der Charakteristik der Landschaft um eines der lawinengefährdetsten Gebiete von ganz Schweden. Ursächlich für diese hohe Gefahr ist einerseits, dass sich im Sarek die höchsten Gipfel des Landes befinden. Diese reichen knapp über 2.000 Höhenmeter. Daneben spielt eine wesentliche Rolle, dass es sich bei den meisten Tälern im Nationalpark um sogenannte Trogtäler handelt.

    Trogtäler als von den Gletschern geschliffene Täler weisen weitestgehend steile, mitunter senkrechte Felswände und einen relativ flachen, zuweilen äußerst schmalen Talboden auf. An einigen Stellen des Nationalparks beträgt der Höhenunterschied zwischen der Talsohle und den umliegenden Gipfeln in diesen Tälern bis zu 1.300 Höhenmeter. Entsprechend hoch ragen die Steilwände auf und ist die Lawinengefahr ausgeprägt. Insbesondere in den engeren Tälern erreichen die Lawinen häufig auch den gesamten Talgrund und überspülen diesen.

    All die vorgenannten Umstände hatten wir bei der konkreten Routenplanung, die wie vor wenigen Tagen erst abgeschlossen haben, zu beachten. Und auch wenn wir nun glauben, eine vergleichsweise risikominimierende Routenwahl getroffen haben, so wird es dennoch erforderlich sein, die Wetter- und Lawinenlage vor Ort fortlaufend zu beurteilen. Die genaue Wegfindung sowie etwaige Abstecher in Seitentäler jenseits unserer Hauptroute werden wir vollständig von den Gegebenheiten vor Ort abhängig machen müssen.

    Insgesamt gehen wir daher auch davon aus, dass wir deutlich langsamer unterwegs sein werden als noch in der Hardangervidda. Für die gesamte Tour planen wir einschließlich mehrerer Reservetage bis zu zwölf Tage ein. Starten werden wir Mitte März, wenn das Tageslicht deutlich länger scheint. Zudem soll das Wetter nach den Erfahrungen und Tourenberichten, die man zum Sarek Nationalpark im Internet finden kann, im März zumindest etwas stabiler sein als in den vorhergehenden Wintermonaten. Der Januar und Februar gelten darüber hinaus auch als die kältesten Monate des Winters. Zumindest dem würden wir insoweit versuchen aus dem Weg zu gehen.

    Unsere Route durch Europas letzte Wildnis

    Nicht ganz drei Monate Planung liegen mittlerweile hinter uns. Und damit auch mehrere mögliche Routen, die wir zur Verringerung des Lawinenrisikos wieder verworfen haben. Während wir ursprünglich vorgesehen hatten, den Nationalpark von seinem Nordwestende aus über die Täler Ruohtesvagge, Álggavágge und Njoatsosvágge bis zur Siedlung Kvikkjokk am Südrand des Nationalparks zu durchqueren, haben wir uns vor wenigen Tagen für eine das Lawinenrisiko weiter reduzierende, dafür landschaftlich möglicherweise noch spektakulärere Variante durch das Ruohtesvagge und das Rapadalen entschieden. Unsere genaue Route könnt ihr sehen:

    Mit der nun erfolgten Routenwahl tragen wir Rechnung, dass nach unseren Recherchen neben den als grundsätzlich erheblich lawinengefährdet anzusehenden Tälern Basstavagge sowie Guohpervágge auch die oberen Teile des Álggavágge und des Njoatsosvágge erhebliche Lawinenrisiken aufgrund der dort befindlichen Steilwände aufweisen. Zwar besteht in diesen Tälern durchaus die Möglichkeit, in weiten Talabschnitten in der Mitte der jeweiligen Talsohle zu gehen bzw. auf die hangabgewandte Seite der Talsohle zu wechseln, um prekäre Hänge weitläufig zu umgehen, doch ist dies gleich an mehreren Stellen der Täler nicht möglich, weil der Fels an verschiedenen Engstellen eben zu beiden Seiten steil in den Himmel hinaufragt. Ein zumindest etwas sichererer Weg sollte derjenige darstellen, für den wir uns nun nach entsprechenden Erfahrungsberichten im Internet, aber auch nach dem ausführlichen Studium von Kartenmaterial, welches die Hangneigungen gefährdeter Stellen aufzeigt, entschieden haben.

    Die insgesamt von uns zurückzulegende Strecke beträgt in der obigen Route knapp über 170 Kilometer, davon führen 100 Kilometer mitten durch den Nationalpark hindurch. Bei optimalen Wetterbedingungen werden wir geschätzt acht bis neun Tage auf Ski für die gesamte Strecke benötigen. Bis zu vier Tage sind daher als Reservetage eingeplant.

    Während wir in der Hardangervidda vergangenen Winter entgegen unseren damaligen Erwartungen noch mit etwa drei bis dreieinhalb Kilometern pro Stunde vorankamen, rechnen wir bei der Querung des Sarek durch den Umstand, dass wir selbst spuren und unseren Weg finden müssen, mit nicht mehr wie zwei Kilometern pro Stunde bei optimalen Bedingungen. Damit dürften wir jeden Tag etwa acht bis zehn Stunden auf den Ski verbringen, während wir im Anschluss unser Lager aufzubauen haben. Dieses wird aus zwei Expeditionszelten bestehen, von denen uns eines einen größeren Vorraum bietet, in dem wir notfalls kochen können. Weitere Stunden werden wir jeden Tag dafür einplanen, dass wir genügend Schnee zu Trinkwasser zu schmelzen haben.

    Ausgangspunkt unserer Tour durch den Sarek ist die vom STF (Abkürzung für Svenska Touristföreningen / Schwedischer Touristenverein) bewirtschaftete Fjällstation Ritsem am nordwestlichen Ende des Nationalparks. Von hier aus werden wir zunächst an der Westgrenze des Nationalparks entlang für etwa einen Tag dem Padjelantaleden, einem bekannten Fernwanderweg, in südlicher Richtung über den breiten See Akkajaure bis zur Kisuris Fjällstuga, einer abgelegenen einfachen Hütte am Rande des Nationalparks, folgen. Dieser Teil des Weges verläuft nach unseren Recherchen zunächst noch auf einer markierten Winterroute und durch teils lichten Birkenwald.

    Nach der Kisuris Fjällstuga lassen wir etwaige Wegmarkierungen vollends hinter uns und gelangen aus dem zuvor lichten Birkenwald heraus. Über die Grenze des Nationalparks laufen wir in Richtung der hohen Gipfel im Osten. Wir gelangen hier in das Tal von Ruohtesvagge. Dort erreichen wir mit knapp über 900 Höhenmetern auch den höchsten Punkt der Expedition im Nationalpark selbst.

    Dem Ruohtesvagge weiter folgend gelangen wir in den folgenden Tagen zunächst nach Skarja, dem Herz des Sarek Nationalparks. Hier treffen die Täler des Ruohtesvagge, Rapadalen, Guohpervágge und des Álggavágge in einer spektakulären Szenerie aufeinander. Zudem entspringt hier auch der Fluss Rapa bzw. Ráhpaädno, dessem ungefähren Flusslauf wir für einige weitere Tage in südöstlicher Richtung durch das Rapadalen folgen werden. Es geht an hohen Bergen und steilen Felswänden vorbei wie den majestätischen Gipfeln der Bielloriehppe.

    Unterhalb des Mündungsgebiets des Flusses Sarvesjáhká erreichen wir nach dem Taleinschnitt des von Westen kommenden Sarvesvágge eine einzigartige Landschaft namens Rapaselet und einen Platz namens Rovdjurstorget: der sogenannte Räuberplatz. Es handelt es sich hier um einige der wenigen Stellen in Skandinavien, an denen noch die „de fyra stora“ (die großen Vier) anzutreffen sind. Gemeint sind damit die größten vier Raubtierarten von Schweden mit dem Rotluchs, Wolf, Braunbär und Vielfraß. Doch auch Elche und Rentiere sind hier beheimatet.

    Die sich uns im Rapaselet bei gutem Wetter bietende Szenerie gilt als eine der spektakulärsten Landschaften in Skandinavien. So weit möglich werden wir hier auf dem Flusseis des in einer nun breiten Talsohle mäandernden Ráhpaädno weiterlaufen. Inwiefern das in Betracht kommt, müssen wir vor Ort entscheiden. Einige Flüsse und Bäche im Sarek frieren selbst bei Temperaturen um die -40 Grad nie zu, so dass wir sie nur auf tragenden Schneebrücken überqueren können.

    Nach und nach gelangen wir nun auch wieder in Birkenwald hinein und verlassen bei der STF Fjällstuga Partestugan kurz vor Kvikkjokk den Nationalpark. Doch unsere Route endet hier noch nicht. Auf dem Kungsleden, dem als „Königspfad“ bekanntesten und längsten Fernwanderweg Schwedens laufen wir einige Tage weiter. Es geht wieder Richtung Norden bis zur STF Fjällstation Saltoluokta. Dieser letzte Teil des Weges bietet uns zum Abschluss der Tour nach den vorherigen Belastungen und Anstrengungen der reinen Sarekquerung nicht nur wieder markierte Winterrouten, sondern auch die Möglichkeit einer Hüttenübernachtung sowie gegebenenfalls einer Saune in den Fjällstugas des STF. Dabei handelt es sich um einige weitere abgelegene Berghütten ohne Strom und fließend Wasser.

    Wirkliche kurze Ausstiegsmöglichkeiten bieten sich uns auf der geplanten Tour keine. Jedoch gibt es die Möglichkeit die Tour im Notfall vor Ort an gegebenenfalls widrige Verhältnisse anzupassen. So haben wir von Skarja aus, dem Herz des Sarek, auch die Möglichkeit, dem oberen Teil des Rapadalen nur kurz zu folgen und dann eine nordöstliche Richtung über die Seen von Bierikjávrre und Bietsávrre einzuschlagen und die Route so um rund 60 Kilometer zu verkürzen. Eine weitere Möglichkeit, die im Notfall unsere Wegstrecke durch den Nationalpark um etwa 25 Kilometer verkürzen würde, bestünde weiter südlich am Ende des Rapadalen, wenn wir in direkter Linie westlich auf die Aktse Fjällstuga unterhalb des bekannten Tafelberges Nammatj zugehen würden.

    Inwiefern wir von einer dieser Optionen Gebrauch machen müssen, wird sich zeigen. Unser Anspruch ist es, die Tour wie geplant zu laufen, doch wir sind uns auch bewusst, dass es körperlich wie auch mental eine besondere Herausforderung wird und widrige Verhältnisse uns dazu zwingen können, die Tour anders als geplant durchzuführen.

    Notwendiges Equipment und Ausrüstung

    Für die Winterquerung des Sarek bedarf es neben der entsprechenden Backcountry-Langlaufausrüstung mit Ski, Aufstiegsfellen, Stöcken und Tourenschuhen, den Pulkas für den Materialtransport, einer Lagerausrüstung für arktische Verhältnisse wie geeignete Expeditionszelte und -schlafsäcke, Sicherheitsausrüstung bestehend aus PLB und Biwaksack, einem geeigneten Equipment zur Navigation bestehend aus Kompass, Karte und GPS wie auch genügend energiereicher Nahrung, zwei leistungsfähigen Kochern und hinreichend Brennstoff.

    An dieser Stelle unterscheidet sich die Tour durch den Sarek kaum von der vorangegangenen Querung der Hardangervidda im vergangenen Winter. Und wie bei der Hardangervidda gilt auch hier, dass eine gute Vorbereitung und Ausrüstungswahl unerlässlich ist. Probleme, die aufgrund nicht sachgemäßer Ausrüstung oder mangelnder Vorbereitung entstehen, werden sich während der Tour nur schwer oder gar nicht mehr beheben lassen. Aufgrund der anspruchsvollen Witterungsbedingungen und der lang anhaltenden Kälte kann es letztlich lebensbedrohliche Konsequenzen haben, sollten wir uns nicht genügend mit der Ausrüstung auseinandergesetzt haben und z.B. die falsche Kleidung gewählt oder den Brennstoffbedarf fehlerhaft kalkuliert zu haben. Glücklicherweise können wir hier auf einen gewissen Erfahrungswert aus der vorangegangen Tour setzen.

    Größere Abweichungen bei der Ausrüstung wird es womöglich noch darin geben, dass jeder von uns eine vollständige LVS-Ausrüstung zur Verschüttetensuche im Falle von Lawinenabgängen mitnehmen wird. Weiterhin werden wir noch einige Ausrüstungsgegenstände einplanen, die lediglich im Notfall zum Einsatz kommen dürften. Darunter wird sich z.B. zusätzliches Seil befinden, damit wir uns im Falle eines White-Out nicht verlieren, oder auch ein Notfallsender mit satellitengestützter Kommunikationsmöglichkeit in die Außenwelt. Eine solche Möglichkeit halten wir bereits vor dem Hintergrund für erforderlich, dass im Falle eines mehrere Tage andauernden Wintersturms eine Rettung erfahrungsgemäß einige Tage in Anspruch nehmen kann. In solchen Fällen wäre es gut, wenn wir mit der Rettungsorganisation kommunizieren können.

    Weiterhin werden wir die Ausrüstung im Vergleich zur Hardangervidda sicher noch an verschiedenen Stellen optimieren. Ich habe mich z.B. dazu entschieden anstatt zwei Isomatten, die ich miteinander kombiniere, eine expeditionsgeeignete Isomatte für Wintertouren mitzunehmen, die auch bei extremen Temperaturen von ca. -30 Grad noch zuverlässig gegen die Kälte von unten abschirmt. Zudem werde ich mir das ein und andere wärmere Stück Funktionskleidung besorgen.

    Einen bedeutenden Teil der erforderlichen Ausrüstung wie die Expeditionszelte, Benzinkocher, die Pulkas und die benötigte Skiausrüstung für Alexej haben wir zwischenzeitlich übrigens bereits bei einem Expeditionsausrüster vor Ort in Gällivare organisieren können. Chris und ich benötigen dieses Mal weder Leihski noch -schuhe. Wir haben uns mittlerweile eigene Backcountry-Ski sowie -schuhe in Skandinavien gekauft und werde diese im Sarek nun einweihen dürfen. Das Skimodell: Asnes Amundsen. Mit dem waren wir auch in der Hardangervidda unterwegs und sehr zufrieden. Der Amundsen scheint gerade für Skiexpeditionen offenbar auch die erste Wahl zu sein.

    Sinn macht unser Kauf natürlich nur, weil wir damit planen, dass der Sarek nicht die letzte Wintertour durchs Backcountry wird. Irgendwie schwebt da ja auch noch der Gedanke im Kopf, vielleicht einmal Grönland auf Ski zu durchqueren. Aber damit schweife ich ab… 😉

    Ein weiterer, ganz wesentlicher Grund für den Kauf lag für Chris und mich darin, dass wir uns während der Hardangervidda mit den geliehenen Skistiefeln bereits nach zwei bzw. drei Tagen nicht nur Blasen, sondern große offene Wunden an den Hacken gelaufen hatten. Mit den neuen Backcountry-Skistiefeln, die wir nun selbst einlaufen und an unsere Füße anpassen können, wird sich das hoffentlich vermeiden lassen. Ob es klappt, werde ich euch später im Blog von der Tour berichten.

    Im Anschluss an die Tour werde ich auch wieder unsere Ausrüstungsliste hier im Blog veröffentlichen. Zwar unterscheidet sich diese nur unwesentlich von der bereits veröffentlichten Liste zur Hardangervidda (siehe hierzu meinen Artikel „Meine Ausrüstungs- und Packliste für die Querung der Hardangervidda im Winter„), das ein oder andere zusätzliche Detail enthält sie jedoch und wird allen unter euch, die ein ähnliches Abenteuer wagen wollen, sicher wieder einen guten Überblick über das benötigte Equipment geben. Wenn alles auf der Pulka verstaut ist, sollte diese übrigens mit sämtlicher Verpflegung für 11 Tage um die 35 bis 40 Kilogramm wiegen.

    Der weitere Stand unserer Vorbereitungen

    Die weiteren Vorbereitungen finden natürlich fortlaufend statt. Das gilt sowohl für die Beschaffung der weiteren Ausrüstung, die insbesondere für Alexej eine große Herausforderung darstellt, die Gruppenverpflegungsfrage, die eines unserer nächsten Besprechungsthemen wird, kleinere Änderungen in der Route aufgrund eines neues Erkenntnisstandes oder aber auch die An- und Abreise nach Lappland. Letztere haben wir erst vor wenigen Tagen abschließend buchen können.

    Für mich selbst geht es mit dem Flieger von München aus zunächst nach Stockholm, wo ich auf Alexej und Chris treffen werde. Mit dem Nachtzug fahren wird dann rund 900 Kilometer Luftlinie weiter nördlich nach Gällivare, wo wir uns um die letzten benötigten Ausrüstungsgegenstände sowie die Verpflegung kümmern werden. Die insgesamt 14 Stunden mit dem Nachtzug von Stockholm nach Gällivare in der „Sperrsitzkategorie“ werden sicher im wahrsten Wortsinn hart. Sämtliche Schlafwägen waren schon mal ausgebucht 😉

    Einen Tag nach unserer Ankunft in Gällivare geht es mit dem Bus am langgezogenen See Store Lulevatten und am nördlichen Rand des Nationalparks entlang bis zur STF Fjällstation Ritsem. Diese wird den Ausgangspunkt unserer Tour darstellen. Die Rückreise erfolgt auf demselben Wege, nur eben planmäßig von der STF Fjällstation Saltoluokta.

    Neben der organisatorischen Vorbereitung werden wir ein besonderes Augenmerk wieder auf die körperliche wie auch mentale Vorbereitung zu legen haben. Die Querung des Sarek mit den anschließenden Tagen auf dem Kungsleden wird eine besondere Herausforderung werden. Und wie bei der Hardangervidda wird diese Herausforderung umso größer wird je weniger das Wetter mitspielt. Sollte unser Vorankommen durch extreme Kälte, Winterstürme oder die Schnee- und Lawinensituation vor Ort erschwert, wird es sicher nicht einfacher werden für uns.

    Alles in allem werde ich dabei auf dieselbe Vorbereitung setzen wie im vergangenen Jahr. Das bedeutet auch, dass ich im Langlauf erneut keine Autoreifen hinter mir herziehen werde 😉 Körperlich werde ich mich dahingegen vor allem wieder mit Konditionstraining vorbereiten. Und mental werde ich erneut versuchen, mich auf die Kälte und die möglichen Gefahrenlagen einzustellen. So werde ich in Gedanken wieder die Situationen durchspielen, mit denen wir möglicherweise konfrontiert werden und in denen wir eben noch etwas mehr zu kämpfen haben werden: vom Lageraufbau im Schneesturm bis hin dazu, dass wir mehrere Tage eingeschneit werden. Zur Gewöhnung an die Kälte werde ich zudem sicher wieder die ein und andere kalte Dusche wie auch mindestens ein Winterbiwak vor der Tour genießen dürfen.

    So weit zur Vorbereitung an dieser Stelle! Wenn alles planmäßig verläuft geht es am 18. März nach Schweden und ein neues großes Abenteuer gerät von der Planung in die Umsetzung!

    Alexej hat uns übrigens im Rahmen der bisherigen Vorbereitungen einen Patch entworfen, den sich jeder von uns sicher noch auf eines seiner Ausrüstungsteile nähen wird. Schaut stark aus oder?

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