30
Nov
2017

Tag 6 Herekino Saddle bis Takahue Saddle (26 Kilometer)

Nach dem halben Ruhetag am Vortag hatte ich mir für heute vorgenommen, bis an den Rand des Raetea Forest zu gelangen. Das waren ganze 26 Kilometer, davon entfielen etwa 12 Kilometer auf Straßen und Kieswege. Die restlichen 14 Kilometer entfielen auf die noch verbleibenden 11 Kilometer des Herekino Forest und den Beginn des Raetea Forest. Ich hatte keine Ahnung, ob ich das schaffen würde. Ich wusste nur es würde ein anstrengender und vermutlich auch langer Tag werden. Bereits gestern hatte ich ja die Erfahrung gemacht, dass man im Herekino Forest mit vielleicht gerade mal zwei bis zweieinhalb Kilometern in der Stunde vorankommt. Tatsächlich wurde es auch der längste Tag bisher…

Aber ganz von vorne: am Vorabend hatte ich nicht mehr wirklich viel gemacht. Als Trailunterhaltung hatte ich mir einzig noch den Film „Deepwater Horizon“ über die gleichnamige vor einigen Jahren explodierte Ölplattform angeschaut. Das ist einer der Filme, die ich mir eigentlich für den elendig langen Flug nach Auckland aufs Tablet heruntergeladen hatte. Angesichts des guten Bordentertainments hatte ich diesen Film bislang jedoch noch nicht gesehen und dies nun nachgeholt. Der Film hat mir gut gefallen. Einiges an Drama und Action und daneben zeigte er auf, wie skrupellos doch multinationale Konzerne ihren monetären Interessen nachgehen.

Nun zur Nacht: die war etwas unruhig. Ich hatte zum Abendessen am Vortag Nudeln mit Thunfisch in einer roten Curry-Paprika-Soße. Fisch und Soße hatte ich mir in Ahipara in einer Dose gekauft und diese nach dem Zubereiten einfach neben das Zelt gelegt. Das fand ein Possum offensichtlich total klasse. Zumindest hat es lautstark versucht an die Thunfisch- und Soßenreste in der Dose zu kommen. Irgendwann gab es wohl verzweifelt auf. Ich hatte den Dosendeckel etwas in die Dose gedrückt und das war für das Possum einfach nicht zu knacken. Wie gut, dass Annas Topf, in dem sie Nudeln mit Tomatensoße gekocht hatte, direkt nebenan stand. Der fiel scheppernd um, wobei sich das Possum allerdings auch gleich verjagt hat 😉

Ansonsten störten die Dutzenden von Moskitos, die mit Einbruch der Nacht herauskamen, noch wie verrückt. Die kamen zwar nicht in das Innenzelt hinein, zwischen Innen- und Außenzelt summt es sich jedoch besonders wunderbar. In meinem kleinen Einpersonenzelt hörte sich das dann so an, als würden sich gerade dutzende Moskitos im Angriffsflug auf meine ungeschützten Körperteile befinden. Klar wusste ich, dass dem nicht so war. Aber schlaft ihr mal dabei 😉 Die Ohrstöpsel halfen schließlich und ließen mich bis sechs Uhr am nächsten Morgen schlafen…

Um 7:30 Uhr waren wir – Anna, Axel und ich – bereits abmarschbereit. Zum Frühstück hatte ich Wraps mit Erdnussbutter. Eines meiner Favourites wird das definitiv nicht. Aber als Hiker verwöhnt man sich kulinarisch ja auch eher selten. Ich werde mir irgendwas anderes für die Wraps überlegen. 150 Tage nur Müsli zum Frühstück wird es bei mir allerdings definitiv auch nicht geben. Das hat mir nach den ersten vier Tagen schon gereicht.

Der Herekino-Forest-Track führte zunächst vom Herekino Saddle hinab und dann auf einen alten 4WD-Track. So weit ließ sich das ganz gut laufen, auch wenn es etwas schlammiger wurde als noch am Vortag, vor allem nachdem der 4WD-Track wieder verlassen wurde und es über einen kleinen vermutlich unbenannten Gipfel bei etwa 400 Höhenmetern zum Anstieg des Taumatamahoe ging, der eine Höhe von 558 Metern erreicht. Der Weg hierher erschien mir unheimlich abwechslungsreich: mal ging es durch den dichten Dschungel des Vortages mit allen möglichen Pflanzen und Bäumen, dann wieder durch Stücke, die einzig von Farnen dominiert wurden. Die erreichen hier übrigens locker eine Höhe von 10 Metern und mehr. Dann waren selbst kurze Waldstücke dabei, bei denen ich das Gefühl hatte in einem mitteleuropäischem Mischwald zu stehen. 20 Meter weiter war dann da aber wieder dichter suptropischer Dschungel. So dicht, dass ich mich an einigen Stellen beim Anstieg zum Taumatamahoe doch glatt mit meinem Rucksack zwischen den Bäumen durchquetschen musste… Und dick bin ich ja nun wirklich nicht…

Der Gipfel des Taumatamahoe war ebenfalls völlig bewaldet. Dennoch lag die dichte Vegetation an zwei Stellen offen und offenbarte von dem steilen Gipfel eine wirklich fantastische Aussicht ins Landesinnere Neuseelands, nach Kaitaia und auch hinüber zum Meer… zum Ninety-Mile-Beach. Sah gar nicht so wild aus von hier, dachte ich, richtig schön… Wie schnell man doch die Momente vergisst, in denen man sich durchgebissen und gequält hat. Vielleicht haben mich aber auch nur die beiden Papageien abgelenkt, die ich hier noch gesehen habe. Nein, Spaß, Papageien habe ich zwar gesehen, aber die waren es nicht. Vielmehr bleiben wohl meist auch nur die schönen Dinge in Erinnerung und die Strapazen verblassen nach und nach. Aber irgendwie ist das ja auch gut so 🙂

Den Herekino-Forest-Track verlies ich dann nach etwa 4,5 Stunden. Wirklich schnell bin ich da nicht vorangekommen. Aber auch Axel, den ich später noch auf dem Trail traf, und Anna, die ich seit dem Taumatamahoe nicht mehr gesehen habe, erging es wohl ähnlich.

Die anschließenden Straßenkilometer durch hügeliges Farmland über kaum bis ungenutzte Schotter- und Kiesstraßen waren zunächst ganz angenehm und vor allem schnell abzulaufen. Hier machte ich wieder Tempo, um mein Tagesziel von 26 Kilometern zu erreichen. Die Sonne brannte wie bereits den ganzen Vormittag herab, nur war zwischen Sonne und mir diesmal kein dichter subtropischer Wald mehr. Da, wo mir der Schweiß nicht mehr wegen der hohen Luftfeuchte im Wald lief, lief er nun wegen der brennenden Sonne. Ich hoffe meine Sonnencreme hält noch bis Kerikeri…

Später ging es auf Asphalt weiter in Richtung des kleinen Dörfchens Takahue. Auf dem Weg dorthin traf ich auch wieder auf Axel, mit dem ich dann Teile der restlichen Etappe gemeinsam lief. Dabei wich die Sonne dann auch zunächst Wolken und dann Regen. Ein regelrechter Wolkenguß kam da herunter und es dauerte nicht lange, dass meine Schuhe, Trekkingsocken, Hose, selbst die Boxershorts völlig durchnässt waren. Oberhalb meiner Boxershorts hielt meine Regenjacke das meiste ab, allerdings auch nicht alles. Vielleicht werde ich mir in Auckland oder Kerikeri eine neue besorgen müssen.

Axel campt nun unterhalb des Anstiegs zum Raetea Forest am Ende der Fahrstraße. Ich hingegen bin noch die ersten 250 Höhenmeter und 3 Kilometer auf den Takahue Saddle hinaufgelaufen und habe gegen 17 Uhr mein Zelt hier oben wild aufgeschlagen. Ich bin gerade echt froh aus den nassen Sachen raus zu sein. Ich frage mich nur, wie ich die wieder trocken kriegen soll. Bis morgen klappt das sicher nicht und auf dem morgigen Raetea-Forrest-Track, der viel Schlamm, viel Feuchtigkeit und einige der höchsten Gipfel der Northlands verspricht, wird das wohl auch kaum klappen.

Soweit von mir. Ich genehmige mir jetzt noch einen Chocolate-Brownie-Kaffee aus der Tüte. Wie immer kommen nun noch ein paar weitere Fotos vom Tag 😉 Ach ja, die orangenen Marker, die ihr ab und an und sicher auch künftig auf einigen Fotos seht, sind Marker für den Te Araroa. Superhilfreich, aber durchaus auch mal zu hinterfragen. Ich bin heut ein paar hundert Meter in die falsche Richtung gelaufen, weil ich einem dieser kleinen Helferlein ohne großes Zögern gefolgt bin. Zum Glück hab ich aber noch relativ schnell gemerkt, dass der Pfeil in die falsche Richtung gezeigt haben musste und der Marker wohl verdreht war.

So und nun zu den weiteren Fotos:

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