1
Dez
2017

Tag 7 Takahue Saddle bis Makene Road (16 Kilometer)

16 Kilometer. Das klingt ja richtig nach einem entspannten Tag. Aber weit gefehlt: das heute war der härteste Tag von allen bislang. Ich war wie gestern bereits insgesamt 9,5 Stunden unterwegs, nur das für gerade mal 16 Kilometer Trailstrecke. Soviel vorweg: die Schlammberge und das knietiefe Waten im Modder und Morast haben mich dann doch noch erwartet…

Hab ich gesagt, der Herekino Forest wäre ein Dschungel? Vergesst es… Hab ich gesagt, der Herekino Forest wäre schlammig. Nein hab ich nicht wirklich, er sollte nur extrem schlammig sein. Wie auch immer. Vergesst auch das. Heute kam der Raetea Forest. 15 Kilometer durch wirklichen Dschungel auf dem Raetea-Forest-Track, der dem Gratverlauf einiger der höchsten Gipfel der Northlands in teils extremen Auf- und Abstiegen und durch weitestgehend kaum als begehbar einzuschätzendes Gelände folgt. Das war wirklich Tough Mudder heute…

Dabei bin ich so entspannt in den Tag gestartet. Aufgestanden bin ich um 6:30 Uhr mit einem weiteren Erdnussbutterwrap. Dann habe ich mich in meine vom Vortag noch nassen Socken, meine nasse Hose, mein teils nasses Shirt und in meine quitschnassen Schuhe geplünnt und als ich dann meinen Kopf aus dem Zelt steckte, sah ich strahlend-blauen Himmel und eine vom morgendlichen Sonnenlicht beschienene Lichtung gleich gegenüber von meinem Zelt. Direkt schöpfte ich Hoffnung. Würde ich die Sachen doch trocken bekommen heute? Ich hoffte zumindest auf Shirt und Hose. Mit nassen Socken und nassen Schuhen würde ich ohnehin laufen lernen müssen, um diesen Trail zu überstehen. Und tatsächlich: bis 8:30 Uhr bekam ich Hose und Shirt getrocknet und daneben auch noch meine Gamaschen, meine Regenjacke und selbst mein Zelt. Direkt machte ich mich an den Track. Vor mir war bislang nur Anna. Sie hatte bei ein paar Kiwis übernachtet und war etwa gegen 8 Uhr an mir vorbeigezogen.

Der Track führte direkt mit im Schnitt 25 % Steigung, später sogar 30 % Steigung, steil hinauf über zwei erste Gipfel auf 580 und 610 Metern Höhe auf den 744 Meter hohen Raetea. Bereits ganz m Anfang steckte ich schon nach wenigen Metern bis zur Wade das erste Mal drin im Schlamm. Gut, dass Socken und Schuhe ja eh noch nass waren. So sollte es auch den gesamten Track über bleiben. Gut 80 % der Strecke bestand aus Schlammgruben und Schlammpfützen und das selbst in den unmöglichsten An- und Abstiegen. Da wo ich im Herekino Forest den Schlamm weitestgehend noch umlaufen konnte, war das hier nicht mehr möglich. Also hieß es immer wieder rein in den Spaß. Woanders zahlt man viel Geld für ne Schlammpackung.

Die Anstiege des Raetea-Forest-Track waren daneben deutlich steiler als im Herekino Forest, noch mehr verwurzelt und immer wieder von teils meterdicken umgefallenen Bäumen blockiert. Und selbiges galt für die Abstiege. Der Track selbst war auch wesentlich dichter. So dicht, dass man manchmal selbst den Pfad nicht vor Augen sah, weil man sich gerade durch meterhohe Farne durchpresste oder sich zwischen oder unter Baumstämmen hindurchzwängte, natürlich nicht ohne jedes zweite Mal an irgendwelchen Lianen hängenzubleiben.

Manches Mal wünschte ich mir statt meiner Trekkingstöcke eine Machete herbei. Andererseits waren die Trekkingstöcke auch so unverzichtbar. Ohne diese wäre ich wahrscheinlich noch viel öfters bei den Abstiegen heruntergeschlittert oder auf den rutschigen Wurzeln umgeknickt. So habe ich mich in 9,5 Stunden wenigstens nur dreimal richtig langgelegt. Und selbst dabei war schon jeder einzelne Schritt auf diesem Track sehr überlegt.

Anna hatte ich übrigens nach einer knappen halben Stunde auf dem ersten Gipfel des Gratweges eingeholt. Zwar machte jeder sein eigenes Tempo und seine eigenen Pausen, aber weitestgehend schlugen wir uns im Verlaufe des Tracks gemeinsam durch diesen Urwald.

Nach dem höchsten Gipfel auf 744 Metern passierten wir noch einige weitere Gipfel, die teils fantastische Aussichten in das wald- und bergreiche Umland boten. Kurze Zeit später fanden wir uns jedoch wieder mittendrin im Dschungel. Irgendwann machte zumindest mir das ganze auch zu schaffen. Alleine zu sehen, dass heute nur 16 Kilometer abzureißen waren und nach 4 Stunden gerade mal 6 Kilometer geschafft waren, war zermürbend – zumal es in diesem Tempo auch lange Zeit weiterging.

Erst gegen Ende des Tracks – wir wollten schon im Wald campen, weil Kraft und Nerven am Ende waren – kamen einige Abschnitte, die sich deutlich besser und entsprechend schneller passieren ließen. Dennoch wurden auch diese immer wieder unterbrochen von nur noch größeren Schlammlöchern und -gruben. Mehrfach steckte ich da richtig tief drin. Letzten Endes war meine Hose am Ende des Tracks weit über die Höhe meiner Gamaschen und insgesamt fast bis Höhe des Schritts mit Schlamm bedeckt und bespritzt.

Zum Ende des Tracks offenbarte ich übrigens eine dieser Erfahrungen, aus denen man sich solchen Strapazen aussetzt. Wir verließen den Dschungel auf einem hoch gelegenen Plateau und hatten einen traumhaften Blick auf das vor uns liegende Land. Das war irgendwie schon eine Belohnung für all die Schinderei.

Eine einfache Campsite, d.h. eine Wiese mit Platz für die Zelte und einen danebenliegenden Fluss für frisches Wasser, haben wir dann nach etwa einem Kilometer Roadwalking gefunden. Hier kamen wir gegen 18 Uhr an. Es war noch strahlender Sonnenschein. Ich bin erstmal so wie ich war in den kleinen Fluss und hab den ganzen Modder von den Klamotten heruntergewaschen. Zum Abendessen gab es dann Nudeln an einer Jägersoße mit Rindfleisch, eine Pilzsuppe und einen weiteren Erdnussbutterwrap. Vielleicht gewöhne ich mich doch an die Teile…

Weitere Fotos gibt’s wie immer hier:

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