29
Nov
2017

Tag 5 Ahipara bis Herekino Saddle (13 Kilometer)

Heute habe ich die Nordwestküste Neuseelands verlassen und meinen Weg in Richtung Ostküste über die Northland Forests und durch die Berge der Northlands fortgesetzt. Welcome to the jungle…

Nach dem harten Vortag bin ich heute erst um 8:30 Uhr von Ahipara aus aufgebrochen. Dennoch war ich unter den einigen Thru-Hikern, die in Ahipara untergekommen und teilweise schon den ersten Pausentag eingelegt hatten, der erste, der losgekommen ist. Soweit auch mein Ziel: ich wollte zwar keinen ganzen Pausentag einlegen, aber zumindest die halbe Strecke des hoffentlich begehbaren Herekino Forest auf den Herekino Saddle hinauf zurücklegen. Das Problem: da oben ist wohl nur eine einzige Wildcampmöglichkeit mit Platz für maximal drei Einpersonenzelte. Und ich wollte endlich richtig wildcampen… 🙂

Der Trail führte zunächst knapp 8 Kilometer in Richtung Südosten über eine kleine Landstraße durch traumhaft schöne, satt grüne Hügellandschaften. Damit waren auch die ersten Straßenkilometer abgerissen. Einige hundert mehr würden es auf der dicht besiedelten Nordinsel Neuseelands in den kommenden Monaten noch werden.

Das Roadwalking auf diesen 8 Kilometern war okay, wenngleich der harte Asphalt natürlich eine große Belastung für die Füße darstellt. Zudem muss man sehr auf den zuweilen entgegenkommenden Verkehr achten. Fußgängersteige oder zumindest einen breiten Seitenstreifen vermisst man in Neuseeland doch vergeblich. Ich bin gespannt, wie risikoreich das auf den deutlich stärker befahrenen Straßen um Auckland später wird.

Am Herekino-Forest-Track angekommen war glücklicherweise nichts zu lesen von einer Streckensperrung und mittlerweile weiß ich auch, dass es die letzten Wochen in Summe zumindest sehr wenig geregnet haben musste. Die aus den Erfahrungsberichten anderer Thru-Hiker angekündigten Schlammmassen blieben nicht gänzlich aus, waren aber auch bei weitem nicht so schlimm wie erwartet. Klar war der Weg matschig und ich war froh, am Anfang des Tracks meine Gamaschen angezogen zu haben. Knietief im Schlamm bin ich bis jetzt jedoch nicht versunken. Allenfalls schuhtief. Die meisten größeren Schlammlöcher ließen sich dann doch noch am Rand ganz gut umlaufen. Die Horrorvorstellungen, die noch vor dem Track bestanden, erfüllten sich also nicht. Vielleicht spielt da aber auch der Effekt ne Rolle, dass ich mich auf extrem schlimme Verhältnisse eingestellt hatte. Wenn man solche Erwartungen hat, wird es in Wirklichkeit ja meist immer nur halb so schlimm.

Der Track führte zunächst steil knappe 200 Höhenmeter auf einen Bergrücken hinauf. Mir kam das ganze teilweise wie ein ziemlicher Dschungel vor, auch wenn es sich hier „nur“ um einen subtropischen Wald handelt. Dennoch bin ich durch solche Wälder bislang noch nicht gelaufen und landschaftlich war das mit den vielen Farnen, Palmen, Lianen und für einen Mitteleuropäer doch merkwürdig ausschauenden Bäumen, deren Namen ich schlichtweg nicht kenne, einfach schön anzusehen. Total dicht, total grün und ganz anders zu den Wäldern, die ich bisher kannte. Und natürlich ziemlich feucht. Die hohe Luftfeuchtigkeit hier ließ mir bei Auf- und Abstiegen immer den Schweiß von Stirn und Haaren perlen… zwischenzeitlich war ich immer wieder ziemlich durchgeschwitzt.

Unterwegs habe ich einige sehr schöne Vogel gesehen und noch mehr von Ihnen gehört. Einige Tiere mit völlig merkwürdigen Schreien oder Rufen konnte ich aber auch nicht zuordnen, möglicherweise waren es auch Vögel. Ich hoffe, sie sehen nicht so aus, wie sie rufen. Das klang manchmal echt merkwürdig 😉

Im Herekino Forest befinden sich auch viele der neuseeländischen Kauri-Bäume. Diese sind wirklich gigantisch. Den ersten habe ich bereits kurz nach Beginn des Tracks gesehen und später ging es auch durch einen Kauri-Hain. Wahnsinn, was diese Bäume für einen Stammdurchmesser erreichen. Da braucht’s schon mehrere Personen, um den zu umarmen, und ich frage mich wirklich, wie alt diese Bäume werden. Ich muss da unbedingt mal einen Einheimischen fragen.

Der Track passierte später den Rangihika Stream. Den Fluss zieht sich traumhaft schön in einem engen Tal durch den subtropischen Wald und lädt irgendwie doch direkt zum Baden ein. Leider führte er jedoch nicht so viel Wasser, dass es sich wirklich gelohnt hätte. Der Fluss war damit wohl auch das trügerischste Anzeichen dafür, dass es zuletzt wohl ziemlich trocken gewesen sein musste und der Zustand des Tracks daher ganz passabel war. Das zum sicheren Furten des Flusses gespannte Stahlseil brauchte ich entsprechend auch nicht. Ich machte jedoch eine Pause an diesem schönen Flecken Erde, trank etwas und füllte meine Wasservorräte wieder auf.

Im steten Auf und Ab ging es dann auf dem mittlerweile völlig verwurzelten Track noch zwei Kilometer weiter. Problematisch waren dabei vor allem die Abstiege. Der nasse Lehmboden war völlig rutschig und die Abstiege wie die Anstiege auch nicht gemächlich, sondern einfach steil. Nach den zwei Kilometern erreichte ich dann jedoch den Herekino Saddle. Der Wald war hier etwas weniger dicht und bot in schöner Lage wie erwartet die Möglichkeit mein Zelt endlich in kompletter Wildnis aufzustellen. Die Campsites in den Dünen kamen dem zwar auch nah, aber so richtig Wildnis ist dann doch was anderes. Ich fühle mich dort tatsächlich auch einfach wohler. Von der Tageszeit war es übrigens erst 13 Uhr, aber nach den Anstrengungen der vergangenen Tage und den vor mir liegenden Herausforderungen würde zumindest der halbe Tag Pause mir sicher gut tun. Den ersten richtigen oder vielleicht auch zwei Pausentage hoffe ich erst in Kerikeri oder Paihia einlegen zu müssen.

Die Zeit verbringe ich gerade mit dem Schreiben des Blogs und dem Herunterladen der Bilder von der Kamera. Zuvor hatte ich mir schon eine Suppe gekocht und einfach nur die Ruhe hier genossen. Sicher mache ich das gleich auch nochmal. Wer weiß, vielleicht schwinge ich mich gleich im Anschluss auch nochmal wie Tarzan mit einer Liane von Baum zu Baum. Auf dem Weg zuvor hab ich das jedenfalls schon ausprobiert 😉

Axel und Anna sind übrigens auch mittlerweile angekommen und haben sich entschieden zu bleiben. Hier einige Bilder von unserem Camp:

Die Thru-Hiker, die bereits einen Ruhetag in Ahipara eingelegt und mit denen ich im Herekino gerechnet hatte, haben die harten Northland Forests oder zumindest den Herekino Forest wohl übersprungen. Zumindest hatten Axel und Anna noch gesehen, wie diese in ein Auto eingestiegen sind. Guillaume hat sich auch kurz gemeldet. Er hatte ebenfalls einen Pausentag eingelegt. Ich bin sicher, ihn später noch auf dem Trail zu sehen.

Hier noch weitere Bilder:

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