11
Jan
2018

Tag 48 Whakapapa bis Fishers Track (27 Kilometer)

Das Projekt „Wiederaufbau meines Körpergewichts“ läuft, wobei „Wiederaufbau“ wahrscheinlich auch das falsche Wort ist. Vielmehr geht es wohl um den Erhalt meines Körpergewichts. Mein Körperfettanteil ist vermutlich drastisch gering gerade und wenn ich nicht aufpasse, zehrt mein Körper demnächst von meinen Muskeln. Ich werde also versuchen dem durch eine möglichst krasse Kalorien- und Energiezufuhr entgegenzuwirken. Löffelweise Erdnussbutter, tafelweise Schokolade, noch mehr Gummibären, noch mehr Burger und Pommes und möglichst auch Protein- und Eiweißpulver, sofern ich das hier bekomme. Davon ab bin ich heute auf schönen Tracks und bei gutem Wetter von Whakapapa über den Ort National Park bis zum Fishers Track gelaufen, dessen erste Kilometer nun auch hinter mir liegen…

Meinen Kopf habe ich das erste Mal heute morgen um 6:45 Uhr aus dem Zelt gestreckt. Frisch war es – ich befand mich hier ja immerhin noch auf 1.100 Metern – aber es war trocken und es waren nur einige Wolken am Himmel zu sehen. Sollte der Tag wider Erwarten doch besser werden als gedacht? Offensichtlich ja, denn schon bald nach meinem Aufbruch vom Whakapapa Holiday Park kam doch tatsächlich die Sonne heraus und schien auch fast den gesamten Tag. Nach der kühlen Nacht, in der ich im Schlafsack wieder etwas gefroren hatte, war ich ziemlich froh darüber. Ich werde mal überlegen, ob ich mir am Ende der Nordinsel in Wellington vielleicht noch für die auch wettertechnisch deutlich rauere Südinsel ein Inlet für den Schlafsack besorge, welches den Temperaturgrenzbereich meines Schlafsack so um 5 bis 7 Grad absenken dürfte

Vor dem Aufbruch – ich hatte meine Sachen und mein Zelt direkt nach dem Aufstehen bereits zusammengepackt – frühstückte ich noch gemütlich mit Harry und Mary, die gestern Abend noch hier auf dem Campingplatz angekommen waren, in der Küche des Holiday Parks. Ich verleibte mir gleich drei Wraps mit Erdnussbutter und Frucht-Nuss-Mischung ein, um meinen Energiebedarf für den Vormittag zu decken. Los bin ich dann um 8:30 Uhr. Die nächsten drei Tage bis zur River Journey würde ich gelassen angehen und konnte mir ein spätes Aufbrechen erlauben.

Vom Holiday Park aus ging es direkt auf den Whakapapaiti Mangahuia Track, der den Ort Whakapapa mit der einfachen etwa 14 Kilometer entfernten DOC-Campsite beim Mangahuia Stream verbindet. Der erste Teil des Tracks, der Whakapapaiti Track, führte mich durch Wald und Sumpflandschaft.

Der Blick nach hinten und zur Seite offenbarte schöne Aussichten auf den Mount Ngauruhoe und den teils von Schnee bedeckten Mount Raephu. Tja, hätte ich gestern geahnt, dass heute solch ein gutes Wetter sein würde, wäre ich vermutlich auf der Mangatepopo Hut geblieben und hätte den Mount Ngauruhoe heute bestiegen, aber ich hole das vielleicht ein andern Mal nach. Nun hätte ich von hier aus knapp 20 Kilometer bis zum Anstieg auf den Mount Ngauruhoe zurücklaufen müssen. Das wollte ich mir dann doch nicht antun.

Vielleicht zwei Kilometer nach dem Start, traf ich direkt auf Christian, der mir aus der entgegengesetzten Richtung entgegenlief. Ich schätze, wir waren beide ziemlich überrascht davon. Christian und Jarkko, der kurze Zeit später dazukam, hatten die Whanganui River Journey bereits beendet und waren nun auf dem Weg, das Tongaririo Crossing nachzuholen. War schön die beiden zu sehen. Wir tauschten noch unsere Erfahrungen aus, dann liefen wir jeweils weiter. Vielleicht sehen wir uns später ja nochmal wieder.

Ich fühlte mich richtig gut heute morgen und hatte wieder große Lust zu laufen. Der gestern frühzeitig beendete Tag hatte mir gut getan. Mein Rucksack kam mir heute nach dem Start elendig leicht vor und ich freute mich auf schöne Tracks – auch wenn sie sicher nicht so schön werden würden, wie das Tongariro Alpine Crossing. Daneben hatte ich auch die Ursache für einen leichten Schmerz in meiner linken Hand gefunden, der mich bei manchem Druck von den Trekkingstöcken ab und an plagte. Bei meinen Sturz von vorvorgestern hatte ich mir ja einige Dornen in die Handfläche geschlagen und offensichtlich war noch ein Rest eines Dorns darin verblieben, obwohl ich geglaubt hatte, alles nach dem Sturz entfernt zu haben. Also kurz das Messer gezückt, Dornrest rausgepult, Antisepticum drauf und schon war es besser.

Als es mir heute so gut ging, ging mir mal wieder durch den Kopf, wie unglaublich doch dieses emotionale Auf und Ab ist, welches man hier auf dem Trail innerhalb kürzester Zeit erlebt. Allein die letzten vier Tage – heute eingeschlossen – waren ein ziemliches Wechselbad. Erst der harte Tag mit dem überwucherten Waione Cokers Track und abermals pitschnassen Schuhen, dann der absolut fantastische erste Teil des Tongariro Crossing, dann wiederum ein gefühlt mieser Tag mit Kälte, Wind, Regen, abermals pitschnassen Schuhen und null Sicht beim zweiten Teil des Crossing und nun heute – alle Sachen waren wieder trocken und die Sonne schien – fühlte ich mich wieder fantastisch. Mal sehen, wie es die nächsten Tage weitergeht 😉

Die steinerne Landschaft des Tongariro Alpine Crossing mit seinem überwiegend scharfkantigen Lavagestein und natürlich auch die zuvor gelaufenen über 1.000 Kilometer hatten meinen Schuhen übrigens stark zugesetzt. Mein linker Schuh fängt langsam aber sicher an, sich zu zersetzen. Der rechte ist vermutlich auch nicht mehr so weit entfernt davon. Mal schauen, vielleicht kann ich da nachher was fixen.

So, nun aber zurück zum Track von heute: der Mix aus Wald- und Sumpflandschaften auf dem Whakapapaiti Track war gut zu laufen. Der Waldboden war angenehm weich und nur einige An- und Abstiege führten über das Wurzelwerk der Bäume. Einige Flussläufe konnte ich einfach über Holzbrücken queren und der Weg durch den Sumpf verlief zum größten Teil auf hölzernen Stegen. Das war auf den ersten sechs Kilometern bis zur Abzweigung zur Whakapapaiti Hut am Mount Raephu zur einen Seite und zur Mangahuia Campsite zur anderen Seite ein guter und angenehm zu laufender Wanderweg.

Hier an der Abzweigung traf ich auch wieder auf Simone. Sie war gestern noch bis Whakapapa gelaufen und hatte außerhalb des Holiday Parks übernachtet. Es war schön sie wiederzusehen. Wir tauschten uns über die vergangenen Tage und unsere Erlebnisse vom Tongariro Crossing aus und blickten beide voller Spannung nach vorne zur Kayak- bzw. Kanutour, die wir in drei Tagen gemeinsam starten würden. Nach längerer Pause trennten sich unsere Wege aber erstmal wieder. Simone hatte das Crossing gestern an einem Tag bewältigt und würde heute – wir hatten ja beide von hier aus nur noch knapp 70 Kilometer bis Whakahoro, unserem Einstiegspunkt in den Fluss, zu laufen – nur noch die acht Kilometer bis zur DOC-Campsite hiken während ich aufgrund des halben Tages, den ich gestern genossen hatte, noch weiterlaufen wollte.

Ab dem Abzweig, es ging nun auf dem Mangahuia Track weiter, wurde der bislang so gute Track zu einem stetig bergab führenden Trampelpfad durch eine ziemlich sumpfige Landschaft. Meistens lief ich immer auf dem von den vergangenen Hikern plattgetretenen „Track neben dem Track“, da sich in dem eigentlichen Weg tiefe Wasserlöcher gebildet hatten. Ich kam hier zwar langsamer voran, aber der Track machte weiterhin Spaß. Ehe ich dann um 13 Uhr an der DOC-Campsite ankam, lief der Track auch noch einige Kilometer durch einen Wald. Gegen Ende bot sich in offenerem Gelände abermals die Aussicht auf den Mount Ngauruhoe.

An der Campsite machte ich nur eine kurze Pause. Ich aß im Schatten mehrerer Bäume zwei Müsliriegel, trank etwas und brach dann wieder auf. Der Ort National Park war nur noch knappe sechs Kilometer, die ich über eine Asphaltstraße zu begehen hatte, entfernt und ich wollte dort erst eine richtige Mittagspause machen.

Die sechs Kilometer legte ich recht zügig zurück. Hatte ich für die 14 Kilometer Track zuvor noch knappe viereinhalb Stunden gebraucht – gut, da war auch eine längere Pause dabei als ich auf Simone traf – lief ich innerhalb einer knappen Stunde bis nach National Park. Um kurz nach 14 Uhr war ich dort also angelangt. Beste Zeit für eine Mittagspause. Dafür und für die beiden kommenden Tage kaufte ich im örtlichen Four Square Supermarkt ein. Dann machte ich es mir auf einer Bank gemütlich.

Meine Speisekarte zum Lunch war ziemlich bunt: Vier Sandwiches mit Käse und Salami, zwei Erdbeerjoghurt, eine Banane, eine halbe Tüte Kartoffelchips, eine halbe Packung Schokokekse und eine 1,5 Literflasche. Wenn das keine Kalorienzufuhr war weiß ich auch nicht… Ihr seht, ich tue gerade alles um nicht abzunehmen 😉 Für heute Abend bleiben mir dann weitere Kartoffelchips, noch mehr Schokokekse und statt Instantnudeln gibt es eine Doppelportion Cottage Cheese an würzigem Tomatenpüree mit frischem Brot. Ich hoffe diese Änderung des Speiseplans wirkt, auch wenn das gerade nur eine Momentaufnahme ist. Falls ihr übrigens noch Tipps habt, wie ich nicht mehr weiter abnehme, immer her damit. Per Mail, über die Kommentarfunktion unten im Artikel oder für alle die, die meine Nummer haben, gerne auch per Whatsapp oder SMS.

Völlig vollgefuttert und mit deutlich schwererem Rucksack – ich hatte mir für morgen zum Frühstück noch weitere Salami, noch mehr Käse, noch mehr Brot usw. mitgenommen – brach ich auf in Richtung des Fishers Track, einem 15 Kilometer langen Mountainbike- und Quadtrack, der durch den Erua Forest von den 850 Höhenmetern, auf denen ich mich befand, bis auf 300 Höhenmeter abfällt. Der Track war einfach zu laufen. Bislang, ich habe mein Zelt hier nach weiteren sieben Kilometern am Track aufgestellt, handelt es sich um einen reinen Schottertrack, der teils schöne Aussichten auf den Wald zur einen und in die Berglandschaft zur anderen Seite hin bietet.

Nach dem Aufstellen meines Zeltes habe ich übrigens notdürftig mit Nadel und Faden versucht meine Schuhe zu flicken. Ich bin gespannt wie lange das hält. Bin ja weder Schuster noch Schneider, aber vielleicht sorgt es dafür, dass meine Trailrunners den weiteren Weg bis zum Ende der Nordinsel überstehen.

Ansonsten merke ich mir seit heute morgen schon mal den 31. Januar vor. Christian, ein guter Freund, hat mir heute morgen nämlich geschrieben, dass an diesem Tag eine Superblutmondfinsternis über Neuseeland zu sehen sein wird. Der Mond tritt also in den Kernschatten der Erde ein und verfärbt sich von hier aus gesehen rötlich. Zudem soll er um die 30 % größer erscheinen als normal. Wenn ich Glück habe, ist gutes Wetter an diesem Tag und ich kann ein tolles Foto schießen.

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