26
Dez
2017

Tag 32 Rangiriri bis Ngaruawhai (33 Kilometer)

„Ich will wieder Berge sehen, Berge. Und mir dann irgendwo ein stilles Plätzchen suchen, wo ich meinen allabendlichen Blogartikel schreiben kann…“ Da wir ja beim Artikel gestern schon bei umgewandelten Filmzitaten aus Herr der Ringe waren, habe ich mich für heute entschieden, dabei zu bleiben 😉 Das mit den Bergen hat gut geklappt. Das stille Plätzchen… naja… ich bin dann halt weiter gelaufen als heute ich an sich wollte…

Der Morgen begann großartig. Ich hatte gut geschlafen und bekam direkt zum Frühstück von Cathy einen richtigen Kaffee serviert statt mir selbst einen dieser mit heißem Wasser aufgegossenen Pulverkaffees anzurühren. Einzig das Zelt machte mir etwas Sorgen. Es war seit irgendwann in der Nacht die ganze Zeit am regnen und das dauerte auch morgens noch insoweit an, dass es Schauer im Viertelstundentakt gab. Trocken würde ich das Zelt dabei nicht bekommen. Also hab ich es ziemlich nass einpacken müssen.

Um 8 Uhr brach ich nach dem gestrigen Pausentag dann auf den Trail auf. Ich verabschiedete mich herzlich von Cathy und auch von Elizabeth und Mckenzie. Mckenzie fühlte sich nicht wohl und hatte die Nacht kaum geschlafen. Zwar wollten die beiden versuchen, heute bis nach Huntley zu gelangen, mein Plan sah jedoch vor, irgendwo in den Bergen und Wäldern der Hakamirata Ranges an einem stillen Plätzchen mein Zelt aufzuschlagen, um dann – siehe oben – meinen allabendlichen Blogartikel zu schreiben 😉

Nachdem ich bei Rangiriri die Brücke über den Waikato River passiert hatte und auf den Rivertrack, der auf dem Deich neben dem Fluss durch Weideland entlangführte, gelangt war, dauerte es in dem vom Morgentau und Regen feuchten Gras auf dem Deich nicht lange bis meine Trailrunners komplett durchnässt waren. Naja, stand mir also mal wieder ein Tag mit nassen Schuhen bevor.

Der Track selbst war einfach zu laufen. Klar, das Gras stand mal mehr und mal weniger hoch, aber ganz entgegen der Trailbeschreibung würde ich für die Strecke nach Huntley in diesem Terrain, gefolgt von einem langen Abschnitt Straße, sicher keinen ganzen Tag benötigen. Die einzige Schwierigkeit bestand auf dem Deich darin, den abschnittsweise dicht an dicht auf dem Boden liegenden Tretminen der örtlich ansässigen Kuhherden auszuweichen. Naja und den Kuhherden selbst. Aber es lief alles ohne Probleme. Auch wenn mir bei einer Kuhherde, in der sich wieder mal mittendrin ein Bulle befand, schon mulmig war, zumal das Stück Farmland, das ich hier passierte, wenig breit war und so kaum Gelegenheit zum Ausweichen bot. Ich schätze der Bulle und ich, wir hatten heute beide einen guten Tag.

Nach dem fantastischen Pausentag zuvor konnte ich das Laufen heute wieder richtig genießen. Das war mir die letzten Tage auf dem Trail doch etwas abhanden gekommen. Ich hatte oftmals recht früh bereits den Gedanken im Kopf, nur noch ankommen zu wollen. Das war nun wieder anders.

Nach knapp acht Kilometern war ich dann gezwungen erstmals auf dem Te Araroa in voller Regenmontur (Raincover auf dem Rucksack, Regenhose und Regenjacke) zu laufen. Es hatte angefangen wie aus Eimern zu schütten. Aber nach vielleicht einer halben Stunde besserte sich das Wetter und es blieb bis jetzt am Abend trocken. Zwischenzeitlich ließ sich auch die Sonne blicken.

Eine erste Pause legte ich nach 14 Kilometern und etwa dreieinhalb Stunden ein. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt kurz vor Huntley auf dem heutigen Roadwalkingpart. Da die Sonne herausgekommen war, konnte ich die Gelegenheit gleich nutzen, meine Klamotten etwas zu trocknen. Um nicht den vollständigen Bruch mit dem Essensprogramm der beiden vergangenen Tage zu bekommen, holte ich mir in einem am Wegesrand gelegenen Dairy – das sind kleine, relativ teure Tante-Emma-Läden mit dem Nötigsten wie Brot, Milch, Butter usw. – ein Eis. Als ich später jedoch weiterlief, dämmerte mir, dass ich was für mich ganz essentielles vergessen hatte: Gummibärchen! Seit Tagen habe ich solchen Japp darauf und just kurz vor dem Shop geht mir der doch so abhanden, dass ich nicht daran gedacht habe, welche zu kaufen… Mist! Ich überlegte, ob ich zurücklaufen sollte, aber mein Blick auf meine Te Araroa-App verriet mir, dass ich seit dem Laden schon wieder knappe zwei Kilometer zurückgelegt hatte. Ich wägte ab… und entschied mich dann im nächsten erstbesten Laden am morgigen Tag eine Tüte Gummibären zu holen.

Die verpassten Gummibären vergass ich zwischenzeitlich recht schnell wieder, denn anlässlich des zweiten Weihnachtages wurde ich von einem freundlichen älteren Herrn, den ich vor seinem Haus traf auf ein Stück Kuchen eingeladen. Und ne Cola gab’s auch noch obendrauf 🙂 Wir quatschten eine Weile über den Trail und seine schottischen Vorfahren. Dann machte ich mich wieder auf den Weg.

Kurz vor 14 Uhr erreichte ich dann nach den ersten 22 Trailkilometern des Tages die Hakamirata Ranges und den Hakamirata Walkway.

Sechseinhalb Stunden sah dieser Track auf dem Grat der Berge für die nächsten neun Kilometer vor. Na mal sehen ob ich es heute doch bis zum Ende schaffe, dachte ich. Meine Beine und meine Füße fühlten sich auf jeden Fall gut an. Ich fühlte mich überhaupt in guter Verfassung. Beim Roadwalking entlang der heute am 2. Weihnachtstag kaum befahrenen Straße hatte ich ein kurzes Hörspiel gehört und dann ein weiteres Hörbuch, Robinson Crusoe, angefangen. Das hatte mir auf jeden Fall Kurzweil für die Straßenabschnitte verschafft. Zudem freute ich mich sehr darauf, nach den Flachlandetappen der vergangenen Trailtage endlich wieder Berge besteigen zu können und durch dichten subtropischen Wald zu jagen. Voll dieser Freude machte ich mich also an den ersten Anstieg, der steil auf einen Gipfel von 340 Metern führen wurde und genoss die Geräusche des Waldes.

Ich passierte den Lower Lookout Point, einen Aussichtspunkt, und setzte den Anstieg, der weitestgehend über holzerne Stufen, auch die „thousand steps“ genannt, verlief. Nach 25 Minuten erreichte ich bereits den Upper Lookout Point auf einer Höhe von 270 Metern und wenig später stand ich bereits auf dem dann nicht sehr aussichtsreichen, völlig bewaldeten Gipfel. Ab hier ging es dann auf den Gratweg über mehrere Hügelund kleinere Bergkuppen hinweg quer durch die Hakamirata Ranges hindurch.

Durch die anfänglichen Stufen und einen wirklichen Wanderweg, der diesen Namen auch verdient hatte, ab dem Upper Lookout Point jedoch dem mir mehr bekannten Trampelpfad durch dichten subtropischen Wald gewichen war, war mir der erste Anstieg deutlich erleichtert worden – nicht zu vergleichen mit den verwurzelten, verschlammten und von umgefallenen Bäumen versperrten Anstiegen im Raetea oder Dome Forest. Nun ging es dann aber doch wieder auf völlig verwurzeltem und vom Regen am heutigen Morgen teils glitschigem Pfad voran. Prompt rutschte ich Abstieg vom ersten Gipfel auf einer der moosbedeckten Wurzeln aus und war kurz davor mir den Mittelfinger der rechten Hand zu brechen. Aber es ist nochmal alles gut gegangen.

Der Wald hier und der Weg durch denselben war unheimlich schön. Ein auf weiten Strecken schmaler Gratweg bei dem man ab und an durch das dichte Farn- und Blätterdach des Waldes hinaus in das Tal unten blicken konnte. Es gab einige tolle Aussichten.

Um 16 Uhr hatte ich gut die Hälfte des Hakamirata Walkways geschafft. Und ich fühlte mich immer noch fit. Ich beschloss, die Zeltplatzsuche aufzuschieben und machte mich an die zweite Hälfte des Tracks. Ich stoppte dann erst wieder gegen 18 Uhr auf dem letzten Gipfel der Ranges, dem Hakamirata Summit. Hier hätte ich gerne der fantastischen Aussicht wegen mein Zelt aufgeschlagen. Der naheliegende Helikopterlandeplatz war jedoch für Rettungeinsätze freizuhalten, daher entschied ich mich tatsächlich noch den kompletten Weg aus den Ranges herauszugehen und irgendwo am Waldrand mein Zelt aufzustellen. Zuvor schoss ich noch einige Fotos:

Der Abstieg erfolgte dann auf deutlich besserem Weg erneut über Stufen. Über unzählige Stufen. Dafür ging das ganze dann ziemlich schnell. Um 18:0 Uhr habe ich den Wald letztlich verlassen.

Am Waldrand habe ich zwar eine Fläche für mein Zelt gefunden, jedoch auch unmittelbar zur belebten Stadtgrenze von Ngaruawhai. Ich entschied mich, zunächst etwas zu essen, etwas auszuspannen und schlug mein Zelt dann erst spät am Abend mit Einbruch der Nacht auf. Ich schätze, morgen werde ich mich dann zeitig auf den Weg zu machen haben.

Weitere Bilder von meinem 2. Weihnachtstag nun hier:

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