9
Dez
2017

Tag 15 Helena Ridge Track bis Sheltered Bay (28 Kilometer)

Wow, geiler Tag heute! Anspruchsvolle, aber nicht zu harte Tracks, eine enorme Abwechslung, unzählige fantastische Aussichten, gutes Essen, perfektes Wetter, nur ein Kilometer Roadwalking, Baden im Südpazifik, eine tolle Campsite an der Sheltered Bay und die längste Fußgängerbrücke der südlichen Hemisphäre. Hinzu kam noch, dass ich mich heute so richtig fit fühlte…

Beginnen wir aber wie immer von vorne 😉 Die Nacht auf dem Helena Ridge Track hab ich tief und fest geschlafen. Ich hatte mich den Vortag ziemlich hinüber gefühlt und bin vermutlich deswegen bereits gegen zehn Uhr abends, nachdem ich noch den Blogartikel des vergangenen Tages hochgeladen hatte, eingeschlafen. Aufgewacht bin ich dann mit 5:30 Uhr wieder recht früh. Da ich mich aber ausgeschlafen fühlte, wollte ich auch nicht viel länger liegenbleiben. Daher bin ich um 5:45 Uhr aus dem Schlafsack raus. Während die Sonne über den Bergen aufging habe ich bereits meine Sachen gepackt und nebenbei das übliche Frühstück vertilgt.

Der weitere Marsch auf dem Helena Ridge Track in Richtung Süden – gestern hatte ich ja nur zwei Kilometer davon noch gemacht – begann um 6:45 Uhr. Axel war da bereits eine halbe Stunde unterwegs. Anna brach gemeinsam mit mir auf. Im direkt harten, ziemlich sportlichen Anstieg, der uns erneut hinein in den Russel Forest führte, verloren wir uns jedoch alsbald und ich sah Anna auch erst nachmittags in Whananaki an der Ostküste wieder. Ziemlich früh wünschte ich mir bei dem anstrengenden Anstieg schon für den Nachmittag eine Campsite in der Wildnis mit Bademöglichkeit.

Die ersten Anlaufschwierigkeiten waren dann nach einigen Höhenmetern jedoch überwunden. Mein Rucksack kam mir heute bereits kurz nach Aufbruch extrem leicht vor. Ich hoffte, dass ich nix am Camp vergessen hatte. Ob doch, würde wahrscheinlich erst der Abend offenbaren, wenn ich meinen Rucksack wieder komplett auspacken würde. Bis dahin hoffte ich einfach darauf, dass das leichte Gewicht einerseits auf meine wiedererstarkte Fitness zurückzuführen wäre und andererseits an den nur 0,5 Litern Wasser lag, die ich noch mit mir führte. Mehr war vom letzten Auffüllen nicht geblieben. Merkwürdigerweise war in meinem Rucksack heute morgen allerdings gefühlt auch deutlich mehr Platz als sonst und das konnte mit dem wenigen Wasser nicht wirklich was zu tun haben. Hmm… so richtig sicher war ich nicht, ob ich alles dabei hatte. Aber mir fiel auch nicht ein, was ich vergessen haben konnte. Ich entschied mich, den gesamten Rucksack nicht wieder auszupacken und entsprechend auch nicht nachzusehen, ob und was eventuell fehlen könnte. Den Gedanken an vergessene oder verlorene Ausüstungsteile schob ich beiseite und machte mich weiter an den Aufstieg.

Der Track schlängelte sich in Serpentinen über einige kleinere Anhöhen den Hang recht steil etwa 300 Höhenmeter hinauf. Weitestgehend war es ein Wald-/Buschtrack, der um diese Uhrzeit – die Sonne war mittlerweile auch wieder hinter Wolken verschwunden – ziemlich düster daherkam.

Oben angekommen offenbarte sich dann jedoch eine erste fantastische Aussicht über grüne Bergwiesen und Hügel in Richtung des Pazifiks und die vorgelagerte Küste. Wäre in der Ferne nicht das Meer zu sehen gewesen, hätte ich vermutlich gedacht, ich wäre hier im Allgäu gelandet. Zumal ich auf dem weiteren Track auch den ersten direkten Kontakt zu einigen Jungbullen ohne trennenden Zaun hatte. Schon etwas merkwürdig, direkt an denen vorbeizugehen. Aber es lief alles gut.

Nach dem Aufstieg hatte ich echt das Gefühl, ich könnte mit dem leichten Rucksack beinahe fliegen. Ich hechtete einige weitere kleine Anhöhen und die Abstiege dazwischen gefühlt nur so hoch bzw. runter und sprang dabei schon regelrecht über Baumwurzeln und umgestürzte Bäume. Kleine Abschnitte des Trails joggte ich zwischendurch sogar… Haha, der Duracelhase war wieder aufgeladen. Ich fühlte mich richtig gut! Der frühe Morgen, die kühle Luft, der Umstand, dass die Sonne noch hinter Wolken war beflügelten mich irgendwie. Andererseits… joggen mit Backpack… bin ich eigentlich bekloppt… Hmm… Das hatte ich bisher zumindest noch nie gemacht und so kam ich auch wieder ins Überlegen ob meines geringen Rucksackgewichts. Nachzusehen lag mir aber weiter fern. Es lief einfach zu gut gerade…

Recht früh am Tag knackte ich dann auch den Trailkilometer 300 und damit 10 % der Gesamtstrecke des Te Araroa. Nach dem zuvor unspektakulären Trailkilometer 200 lag Kilometer 300 am Ende des Helena Ridge Track ziemlich nah bei einer weiteren fantastischen Aussicht über die Berge in Richtung Küste.

Anschließend folgte der Morepork-Onekainga-Track, zu dessen Beginn ich auch auf Axel aufgeholt hatte. Dieser Track wandte sich als recht gut ausgebauter Wanderweg in östlicher Richtung weiter durch den Russel Forest und führte mich bis nach Whananaki an der Ostküste. Da es so gut lief, verpasste ich es, zu Beginn des Tracks meine Wasservorräte am Waioterewa Stream aufzufüllen. Machte aber nichts. Ein paar wenige Schlucke Wasser hatte ich noch und bei dem Tempo würde ich den in sieben weiteren Kilometern eingezeichneten Flusslauf sicher in anderthalb Stunden erreicht haben. Das klappte auch gut, wobei ich zuvor noch auf einer Anhöhe gegen kurz nach 10 Uhr, also nach knapp 3,5 Stunden und bereits 14 gelaufenen Kilometern eine erste Pause machte. Als spätes zweites Frühstück gönnte ich mir einen weiteren Erdnussbutterwrap.

Der restliche Teil des Morepork-Onekainga-Tracks verlief wieder auf Dschungelpfaden. Der Track fiel zunächst steil ab und passierte dann die Flussläufe, an denen ich mein zur Neige gegangenes Trinkwasser wieder auffüllte. Dann stieg der Track etwa 200 Höhenmeter steil auf einen Bergsattel an. Das ganze war wieder deutlich mühsamer, wenngleich der Wald bzw. Dschungel hier insgesamt lichter war als die meisten anderen bislang erlebten Wälder. Trotz des mühevollen Anstiegs, zu dem dann pünktlich auch die Sonne wieder herauskam, hatte ich heute jedoch großen Spaß. Ich verwarf damit auch meine Planung für heute. Ursprünglich hatte ich vor, etwa 17 Kilometer bis zu einem möglichen Wildcampingplatz im Russel Forest zu wandern. Nachdem ich anfangs jedoch so gut vorankam, peilte ich nun die Sheltered Bay hinter Whananaki bei Kilometer 28 an.

Der Abstieg Richtung Whananaki war wieder angenehm zu laufen. Es ging abwechselnd durch Tannenwald, dichten Busch und eher lichten Dschungel. Nachdem dieser mich dann letztendlich auf einer hoch gelegenen Farmwiese wieder ausgespuckt hatte, offenbarten sich einige weitere großartige Aussichten auf die Küste und die Berge um Whananaki. Seit dem Start am Morgen waren damit für beide Tracks, den Helena Ridge Track und den Moreork-Onekainga-Track nur knapp 5,5 Stunden vergangen. Normalerweise sind für beide Tracks 8 bis 9 Stunden einzuplanen. Das bestätigte mein Gefühl, dass es heute gut lief.

Den einen Kilometer Roadwalking vor Whananaki und den weiteren Kilometer Pfad am Whananaki Inlet entlang lief es ebenfalls gut. Einzig ein paar Schwierigkeiten bereitete die Flut. Sie hatte zu der Zeit, als ich auf dem Pfad lief, ihren Höchststand erreicht, so dass ich bis Whananaki durchs Meer und die Mangroven waten musste.

In Whananaki trafen Axel und ich wieder aufeinander. Da wir beide sehr schnell vorangekommen waren, machten wir am dortigen Beach Store eine ausgiebige, total entspannte Pause von knapp zwei Stunden. Es gab mal wieder Pommes und Burger und dazu Bier und Cola. Zudem einige Päckchen Fruchtgummis (oder Gnetschegummi wie man in Hedeper sagt). Da hab ich auf Trail irgendwie dauerhaft Japp drauf…

Anschließend ging es über die Whananaki Footbridge: mit 395 Metern Länge die längste Fußgängerbrücke der südlichen Hemisphäre. Sie ist komplett aus Holz gebaut und führt einmal über den Meeresarm des Whananaki Inlet. Wahnsinnig schönes Fotomotiv und tolle fast 400 Meter zum Laufen 😉

Auf der anderen Seite des Inlet am Anfang des Whananaki Coastal Track trafen Axel und ich dann wieder auf Anna. Sie wollte ihr Zelt hier am langgezogenen Whananaki Beach hinter den Dünen aufstellen. Axel und mich zog es hingegen noch einige Kilometer weiter. Axel wollte wegen der sengenden Sonne in den höhergelegenen Wäldern zelten und ich wollte unbedingt in die einsame Sheltered Bay, auch wenn ich keinen Plan hatte, ob ich an dem nur bei Ebbe zugänglichen Strand eine vernünftige Wildcampmöglichkeit finden würde.

Der Weg zur Sheltered Bay über den Whananaki Coastal Track war traumhaft schön. Er offenbarte einige fantastische Aussichten auf die einsam gelegenen, leider aber auch komplett privaten Buchten mit schönen Stränden sowie auf das hinter der Küste liegende Hügelland. Die Sheltered Bay sollte die einzige Bucht sein,die nicht in Privatbesitz war. Auf dieses Pferd setzte ich und Axel entschied sich auch noch dazu, mit mir mitzukommen.

An der Bay angekommen fanden wir einen kleinen Spot für unsere Zelte im hohen Gras direkt an der Böschung über dem Strand. Besser hätte der Tag nicht enden können. Eine Traumaussicht aus dem Zelt. Nach dem Aufbau ging ich erstmal im Pazifik baden. Danach kochte ich mir noch ein paar Nudeln und nun ist mittlerweile auch schon die Dunkelheit hereingebrochen. Das Meeresrauschen wird sicher für einen angenehmen Schlaf sorgen.

Übrigens habe ich nach dem Aufbau des Zeltes und Auspacken meines Rucksacks natürlich auch nochmal geschaut, welches Ausrüstungsteil mir gegebenenfalls fehlen könnte. Tatsächlich ist mir nichts aufgefallen. Der leichte Rucksack lag wohl doch an meiner wiedergewonnenen Fitness. Vielleicht überschreite ich auch langsam den Moment, den jeder Hiker herbeisehnt: nämlich den, wenn man sich so sehr an den Rucksack und das zusätzliche Gewicht gewöhnt hat, dass man dieses die ersten 15 bis 20 Tageskilometer garnicht mehr richtig wahrnimmt. Ich schätze morgen werde ich sehen, ob ich diesen Punkt wirklich überschritten habe oder langsam überschreite.

So und nun noch was aus der Kategorie „Nützliches Spezialwissen“ zum Thema „Wie navigiere ich auf dem Te Araroa“. Gut aufpassen, könnte ja sein, dass das beim Spiel des Wissens oder in der nächsten Runde Trivial Pursuit (schreibt man das so?) mal drankommt 😉 Mein Plan zum Navigieren auf dem Te Araroa geht bislang auf. Ich hatte mir in Deutschland noch eine App namens „Te Araroa“ bzw. „Guthook AUS/NZ“ heruntergeladen und diese kostenpflichtig mit dem gesamten Kartenmaterial für den Te Araroa versorgt. Die App ist GPS-basiert. Sie zeigt mir den Trailverlauf, nützliche Streckenpunkte wie z.B. Resupply- und Wasserversorgungsmöglichkeiten sowie meinen Standort auf ungefähr 10 Meter genau. Damit kann ich bislang auf dem Te Araroa super navigieren. Da sich mein Smartphone den lieben langen Tag lang im Flugmodus befindet und nur die GPS-Standortbestimmung an ist, verbrate ich damit pro Tag auch gerade mal knapp 25 % meines Handyakkus. Daneben gibt es mal mehr und mal weniger diese orangefarbenen Marker und/oder Zeichen mit dem Te Araroa-Trail-Logo, denen man folgen kann. Auch das klappt meist sehr gut, so dass das ich bislang zu großen Teilen garnicht auf die App zugreifen brauche. Für den Fall, dass mein Smartphone kaputt geht oder in den langen Abschnitten ohne Stromversorungsmöglichkeit ausgeht und ich mitten in der Pampa ohne irgendwelche Trailmarker stecke, habe ich zudem noch ausgedruckte Trailkarten sowie meinen Kompass in der Hinterhand. Mit dieser doppelten Absicherung dürfte im weiteren Verlauf des Trails navigationstechnisch nichts schiefgehen.

Und nun zu den weiteren Fotos dieses tollen Trailtages:

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