4
Mrz
2018

Tag 100 Arthurs Pass bis Bailey Hut (14 Kilometer)

Tag 100 meines Hikes auf dem Te Araroa! Nunja, zumindest wenn man die sieben Tage, die ich nach dem Queen Charlotte Track am Beginn der Südinsel Off-Trail war, mitrechnet. Aber das tue ich einfach mal. Schließlich habe ich diese Tage auch zum Wandern genutzt. Ich befinde mich jetzt bei Trailkilometer 2.217. Damit verbleiben mir bis Bluff bei Trailkilometer 3.141 noch sage und schreibe 924 zu hikende Kilometer. Heute bin ich zunächst fast nur auf Asphalt unterwegs gewesen und bis zum Beginn des Harper River Track gelaufen. Damit wäre die vermutlich quälendste aller Fragen, was mein Schicksal auf dem Trail angeht, auch beantwortet: ja, ich befinde mich trotz des Sturzes gestern weiterhin auf dem Trail…

So, was gibt es heute zu berichten 🙂 Zunächst erstmal zu meinem Arm, den ich ja gestern nach meinem Sturz so gar nicht mehr gebrauchen konnte. Dieser fühlte sich heute morgen bereits und damit überraschend schnell wieder besser an. Als ich am Morgen aufstand, konnte ich meinen Arm doch deutlich über einen rechten Winkel hinausbewegen und auch die Schwellung am Ellenbogen war zurückgegangen. Es war zwar nun noch nicht soviel besser, dass ich den Tag heute ohne Schmerzmittel auskam und auch das Schultern meines Rucksackes am Nachmittag wurde etwas zur Tortur, da ich meinen Arm dafür über die Schmerzgrenze hinaus beugen musste, aber ich bin insgesamt guter Dinge gewesen und war daher heute auch wieder auf dem Trail.

Zuvor habe ich das wenige an Zivilisation, das Arthurs Pass dem aus der Wildnis kommenden Hiker bietet, aber nochmal ausgiebig genossen. Das fing am Morgen direkt mal mit einem vernünftigem Frühstück bestehend aus drei Scheiben wunderbar gebräunten Toasts, einer 250g-Packung gebratenenen Specks und drei Spiegeleiern an. Boah war ich zufrieden damit 😉

Im Anschluss habe ich mich zu Karima, Danelle und David ins Kea Café gesellt. Kea Café daher, da sich vor dem Café pünktlich mit Öffnung der Küche regelmäßig mehrere Keas einfinden. Keas sind die einzigen Papageien auf der Welt, die in alpinen Landschaften leben. Ihre Zahl wird auf unter 5.000 geschätzt und das Verrückte an diesen über 50 Jahre alt werdenden Papageien: sie sind extrem verspielt und ebenso neugierig. Alles Neue in ihrer Umwelt wird aufs Feinste untersucht und auseinandergenommen. Das bedeutet allerdings auch, dass man in Gegenwart von Keas nichts, aber auch gar nichts liegen lassen darf.

Als ich ins Café kam, befanden sich zwei Keas dort, später wurden es noch mehr. Und die neugierigen Vögel, die übrigens deutlich größer waren, als ich das erwartet hatte, tranken, sofern sie die Gelegenheit dazu hatten, aus stehengelassenen Kaffeebechern, stiebietzten Sandwiches und Servietten, die sie dann aufs neugierigste auseinander pflückten. Füttern darf man sie natürlich nicht, zumal man die Tiere damit nach und nach zu Bettlern macht.

Während es draußen in Strömen regnete, was meiner Motivation, heute noch loszulaufen, nicht gerade förderlich war, gönnte ich mir nach meinem cholesterinhaltigen Frühstück erstmal noch einen wahnsinnig guten, saftigen Bananen-Schokoladen-Muffin im Café nebst einem Mocchachino. Später ergänzte ich im Café, das gleichzeitig auch einige wenige Lebensmittel und Snacks im Angebot hatte, noch meine Resupplybox, die ich gestern in der Jugendherberge abgeholt hatte. Ich tat einige Schokoriegel und Kekse hinzu und tauschte das in der Box enthaltene Glas Erdnussbutter gegen 500g Cheddarkäse.

Alles in allem hatte ich, wenn ich einigermaßen mit meinen Lebensmitteln haushalten und nicht wie in der vergangenen Sektion ohne Ende schlemmen würde, so viele Vorräte bei mir, dass ich es grundsätzlich ohne weiteren Resupply-Einkauf in zehn bis zwölf Tagen bis ins knapp 220 Kilometer entferne Lake Tekapo schaffen könnte. Dort befand sich der nächste Supermarkt auf dem Trail.

Würden die Lebensmittel nicht ausreichen, würde ich vom Trail in eine der etwas weiter entfernteren Städte trampen müssen, um dort meine Vorräte wieder aufzufüllen bzw. zu ergänzen. Wobei mir das Trampen vermutlich ohnehin bevorsteht, denn der Trail ist aufgrund der beiden potentiell lebensgefährlichen Flüsse, dem Rakaia und dem Rangitata River, auf der Sektion bis Lake Tekapo ohnehin zweimal unterbrochen und es gilt Wege zu finden, auf die andere Seite der jeweiligen Flussufer zu gelangen. Das klingt so niedergeschrieben wenig kompliziert, aber bei beiden Flüssen handelt es sich nicht um solche Flüsse mit nur einem Flussbett. Es handelt sich um in mehrere Arme aufgefächerten Flüsse und dabei auch noch mit um welche der größten ganz Neuseelands. Allein das „Flussbett“ des Rakaia River ist an die 4 Kilometer breit und beinhaltet in Zeiten eines niedrigen Wasserlevels vielleicht an die 15 bis 30 Flussarme.

Gegen Mittag verabschiedete ich mich von Karima und David. Karimaˋs Flug würde in etwa zwei Wochen zurück nach Deutschland gehen und ihr blieb daher nur genügend Zeit für einige wenige Teile des restlichen Te Araroa. Verständlich, dass sie nun versuchen wollte, noch einige der schöneren, jedoch entfernteren Bergetappen mitzunehmen. David wollte sie auf den Two-Thumb-Track, den sie zunächst noch laufen wollte, begleiten. Ich würde dahingegen erst in etwa einer Woche auf diesem Track ankommen.

Nachdem ich anschließend dann am frühen Nachmittag all meine Sachen im Hostel zusammengesucht und gepackt hatte, schulterte ich umständlich meinen Rucksack. Mein Arm ließ sich halt trotz der schnellen Besserung noch nicht ganz gebrauchen. Ich schätze es wird noch etwas Zeit vergehen müssen bis ich ihn schmerzfrei belasten kann. Das ist aber auch vollkommen okay. Ich hatte nach gestern keineswegs erwartet, dass es meinem Arm heute schon so viel besser gehen würde. Um meinem Arm eine weitere Entlastung zu gönnen, bin ich heute zunächst nur bis zur Bailey Hut aufgebrochen. Nach der Bailey Hut geht es wieder los mit den schwierigeren Tracks. Danach beginnt nämlich auf dem Harper River Track ein erneuter Aufstieg ins alpine Gelände mit Höhen von um die 1.300 Metern. Es wird wie gesagt nicht schaden, wenn ich diesen Anstieg erst morgen angehe und meinem Arm insofern vor einer etwaigen Belastung im An- und Wiederabstieg den zusätzlichen Tag Pause gönne, den das heutige Hiken mit sich brachte.

Ehe ich von Arthurs Pass wieder zu der Stelle des Te Araroa trampte, an dem ich ihn gestern verlassen hatte, kehrte ich nochmal ins Kea Café ein. Ich wollte mir noch ein Eis für den Weg holen und traf hier tatsächlich nochmal auf Karima und David, die zwei Neuseelandreisende aus Holland, mit denen wir auf der Upper Traverse Hut vor etwa einer Woche übernachtet hatten, wiedergetroffen hatten. Sie nahmen die beiden mit auf dem Weg Richtung Süden und mich wollten sie auch direkt die knapp vier bis fünf Kilometer bis zur Stelle mitnehmen, wo ich den Track wieder aufgreifen wollte. Doch zuvor das Eis 😉 Wahnsinn, was ich hier für umgerechnet drei Euro bekam. Ich bestellte zwei Kugeln in der Waffel. Nach deutschen Maßstäben waren das aber weder zwei, noch drei oder vier Kugeln. Ich bekam da solch eine Portion Eis draufgeklatscht, dass das vielleicht so sechs deutschen Eiskugeln entsprechen durfte. Da gibt es bestimmt ne Norm für… Auf jeden Fall waren das hier die zwei größten Kugeln Eiscremé, die ich je in meinem Leben gesehen und versucht habe zu essen. Denn das habe ich tatsächlich nicht geschafft, obwohl alle anderen mitgeholfen haben 🙂

Als ich gegen 14 Uhr am Trail abgesetzt wurde, wollte ich zunächst vom Highway auf den Klondyke Track starten, der das Roadwalking zwischen dem Deception-Mingha-Track und dem Harper River Track reduzieren soll. Er verläuft südlich neben dem Bealey River. Zumindest angeblich, denn ich konnte weder ein Schild noch Markierungen für den Track oder auch nur einen Pfad finden. Egal, ich konnte grundsätzlich natürlich auch ohne Markierungen oder Pfade querfeldein laufen. Als es dann allerdings nur noch durch hohes Gras und dornenbewehrte Büsche ging, wurde es mir im Regen zu blöd.

Ich schlug mich einen Kilometer nach Westen durch in Richtung Straße und lief die restlichen drei Kilometer bis der angebliche Track ohnehin auf die Straße führte dann eben auf Asphalt. An sich hätte ich bei meiner Westquerung zur Straße den Track überschreiten müssen, aber auch hier: keine Spur…

Um 17 Uhr gelangte ich dann nach kurzem Anstieg an der im Wald gelegenen Bailey Hut kurz nach Beginn des Harper River Track an. Die einfache Hütte mit sechs Betten teile ich mir heute Abend mit Brian, einem freundlichem älteren Neuseeländer aus Christchurch, der für ein paar Tage in die Berge wollte, um Ablenkung von seinem Bürojob zu finden. Eventuell kommt später noch Danelle dazu, die ebenfalls am Nachmittag aus Arthurs Pass starten wollte.

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