19
Feb
2018

Tag 87 St. Arnaud (Zeroday)

Zwangsentspannung… Hä? Zwangsentspannung? Was soll das denn sein? Naja, hier rast gerade ein Zyklon auf mich zu. Morgen kommt er an und seine Zugbahn liegt genau über mir. Ich sitze unglücklicherweise quasi mit in einer der ersten Reihen, wenn auch nicht an der Küste, und aufgrund dessen bin ich nicht nur zu einem Zeroday verdammt, sondern mindestens zu zweien. Der erste davon war ohnehin geplant. Immerhin waren die Richmond Ranges anstrengend genug, um nun einen Tag zu pausieren. Den weiteren Pausentag morgen lege ich nun zwangsläufig ein…

Mein erster Pausentag begann direkt mit etwas Hausarbeit: Wäsche waschen… Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie so ein Paar Socken doch stinken kann, wenn es durchweg feucht ist und in den letzten Tagen vermehrt Schlammpackungen zugeführt wird… aber lassen wir das, bleiben wir beim Wesentlichen ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Ich begann meinen Restday also damit meine Wäsche zu waschen. Noch vor dem Frühstück und direkt nach dem Aufstehen. Der Grund war recht banal. Ich wollte meine Wäsche heute noch vor dem angekündigten Regen draußen auf der Leine trocknen lassen.

Nach der Arbeit kam dann das Vergnügen: ich schnappte mir mein Tablet, meine Kamera und einige Teile meines sonstigen Bloggingequipments und ging hinüber ins Clincer Café, einem der beiden Café’s hier in St. Arnaud. Die anderen waren schon vorher dorthin aufgebrochen und so fand ich sie dort nach einem warmen Frühstück gemütlich in einige Sessel versunken. Da hatte ich direkt was aufzuholen: also einen großen Flat White Kaffee bestellt, ein Breakfast namens „Big Brekkie“, welches aus Würstchen, Speck, Eiern, Pilzen, Tomaten, Kartoffeln und Toast bestand, und rauf auf eines der Sofas… Boah, ein Thru-Hike kann so tiefenentspannt sein… an Restdays… 😉

Nach dem Frühstück, das wahnsinnig lecker war, machte ich mich daran, meinen Blog um all die Tage der Richmond Ranges upzudaten. Die Artikel hatte ich ja bereits in den Ranges auf meinem Smartphone geschrieben, nun versah ich sie aber noch mit Fotos und lud sie hoch.

Daneben machte ich mit den anderen Pläne hinsichtlich des erwarteten Zyklons namens Gita. Den neuesten Wettervorhersagen nach würde der Sturm uns am Dienstag treffen. Und wir würden mitten in seiner Zugbahn liegen, genau in jenem Gebiet, welches am heftigsten betroffen sein soll. Windgeschwindigkeiten um die 150 km/h und Regenfälle zwischen 150 und 200 mm. Die Nachrichten sprachen bereits davon, dass der Notstand ausgerufen werden könnte. Anwohnern wurde geraten, sich mit Lebensmitteln einzudecken, von vereinzelt tagelangen Wasser- und Stromausfällen auszugehen und ebenfalls davon, dass sie eingeschlossen werden könnten aufgrund von Erdrutschen, Überflutungen etc. Hiker wurden tunlichst gebeten, den Bereich Nelson-Marlborough, in dem wir uns gerade befanden, zu meiden. Das Gute: wir waren aus dem Gebirge raus und zunächst im Hostel, in dem wir direkt bis Mittwoch verlängerten, gut untergekommen. Wir würden nichts anderes tun können, als den Sturm hier auszuharren und darauf zu hoffen, am Mittwoch auf einem hoffentlich noch begehbaren Track, der wieder hoch hinauf ins Gebirge über den Waiau Pass führen würde, wieder auf den Trail starten zu können.

Im örtlichen DOC-Besucherzentrum holten Karima und ich noch unsere Resupplyboxen ab. Dann erledigten wir im St. Arnaud Grocery-Store, einem einfachen Lebensmittelladen mit einem eher teurem und begrenztem Angebot, einen kurzen Einkauf fürs Frühstück die nächsten zwei Tage. Mit Speck und Eiern würde ich die nächsten Tage definitiv meinen Cholesterinspiegel in die Höhe treiben.

Im Verlaufe des Tages kamen noch Wietse und später auch Dylan in St. Arnaud an. Dylan hatte offensichtlich das Glück, noch das letzte Bett im Hostel zu ergattern. Im Clincer Café tranken wir zusammen noch ein Bier bzw. Cider und stießen auf die erfolgreiche Querung der Richmond Ranges an. Anschließend wollten wir in die Alpine Lodge einkehren, deren Küche allerdings noch geschlossen hatte. Daher reservierten wir zunächst nur für den Abend einen Tisch und aßen zunächst eine Kleinigkeit im Imbiss des Grocery-Stores. Ich genehmigte mir hier noch einen Steak, Bacon & Cheese Pie. Zuvor beobachteten wir noch eine Helikopterlandung direkt gegenüber der Alpine Lodge: offenbar wurden hier einige Militärangehörige eingeflogen. Wir vermuteten wegen des Zyklons.

Bis 18:45 Uhr – für diese Zeit hatten wir den Tisch in der Alpine Lodge reserviert – verbrachte ich die Zeit noch damit, meinen Blog weiter upzudaten und einige neue Hörbücher für die nächsten Etappen herunterzuladen. Unter anderem wartet in den kommenden Bergen „Shutter Island“ als Hörbuch und Abendprogramm auf mich 😉

In der Alpine Lodge trafen wir dann alle wieder aufeinander: Foxy, Karima, Danelle mit ihrer Großmutter, Eric, Dylan, Wietse und Tina. Und diesmal gab es auch das gestern schon anvisierte Bier, ein Pint American Pale Ale, und eine fantastisch gute Pizza namens „The Wild“ mit zart gekochtem Lammfleisch, Wildschweinsalami, karamellisierten Zwiebeln, Mozarella und Barbequesauce. Wow, wahnsinnig gute Pizza. Anschließend gab es von den anderen für mich nachträglich zum Geburtstag einen Chocolatecake mit Vanilleeis. Das Ganze serviert mit brennenden Kerzen und einem Geburtstagsständchen. Wahnsinn, tolle Leute mit denen ich unterwegs bin. Ich hab mich riesig gefreut 🙂

Tja, ansonsten haben wir noch Überlegungen angestellt wie wir den Tag morgen verbringen können. Es gibt mehrere Ideen. Ganz den laufenden olympischen Spielen entsprechend könnten wir morgen mit den nicht ganz ernst gemeinten Hikerlympics eine Gegenveranstaltung aufziehen, deren Disziplinen aus leg-wrestling, noise-making-with-the-airmatress, beer-out-of-the-boots-drinking und dem naked-cyclone-run bestehen könnten. Alternativ schauen wir vielleicht, was vergleichsweise langweilig daherkommen dürfte, ein paar Filme, treffen Vorbereitungen für die nächsten Tage usw. Ich bin gespannt, wonach uns morgen letztendlich ist.

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2 Responses

    1. Hey ihr zwei, vielen vielen Dank! Freue mich sehr über eure Glückwünsche. Hoffe wir sehen uns alsbald mal wieder, wenn ich in zwei Monaten zurück in Deutschland bin

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