4
Feb
2018

Tag 72 Okiwa Bay bis Havelock / Nelson (14 Kilometer)

Nun ist sie da: die Erkältung. Verdammter Mist. Irgendwie trügt mich mein Gefühl nie bei sowas. Ich hoffe ich nehme nicht das volle Programm mit. Kopf- und Gliederschmerzen, Kältegefühl, etwas Fieber, schwach auf Beinen. All das ist bereit da. Entsprechend bin ich nun nach den heutigen 14 Kilometern bis Havelock Off-Trail. Mit dem Bus bin ich nach Nelson, die sonnigste Stadt Neuseelands und nebenbei dessen Kulturhauptstadt gefahren und habe mich in ein Einzelzimmer der örtlichen Jugendherberge eingebucht. Ich hoffe, dass ich im den kommenden Tagen schnellstmöglich wieder fit werde…

Am Morgen bin ich spät und wieder völlig gerädert aufgestanden. Ein dumpfer Schmerz pochte in meinem Kopf und als ich aufstand merkte ich direkt, dass ich total schwach auf den Beinen war. Es war wärmer heute. Zumindest sagte man mir das. Für mich fühlte es sich hingegen nicht so an. Ich bemühte mich etwas zitternd vor Kälte und Erschöpfung aufgrund der Erkältung in die Sanitäranlagen des Zeltplatzes und später in die Gemeinschaftsküche. Ich versuchte was zu frühstücken, auch wenn ich unter völliger Appetitlosigkeit litt.

Karima brach recht zeitig mit Connor und Foxy, zwei Amerikanern, die es gestern auch auf die Campsite geschafft hatten auf. Ich blieb hingegen noch wie Dylan, der in den kommenden Tagen den Abel Tasman Great Walk als Sidetrip vom Trail einlegen wollte, zunächst auf der Campsite. Ich sah mich nicht wirklich in der Lage für die nächste Etappe und hatte daher schon beim Aufstehen entschieden, nur bis ins 14 Trailkilometer entfernte Havelock zu laufen, um dort unterzukommen. Sollte sich selbst das als nicht machbar herausstellen, könnte ich immer noch trampen und später, wenn es mir besser ging, wieder zurücktrampen, um diesen Teil des Te Araroa nachzuholen.

Um 10 Uhr brach ich auf, nachdem ich zuvor auf der Campsite, die gleichzeitig eine Farm ist, einige Ziegen und Schafe mit Kraftfutter gefüttert hatte. Vielleicht hätte ich es selbst nehmen sollen, denn die ersten zwei Kilometer Roadwalk des Trails merkte ich schon, dass heute bei mir im wahrsten Sinne des Wortes nicht viel läuft. Ich kehrte nach diesen zwei Kilometern in eine Tankstelle ein, wo ich mir eine Coke und einen warmen Pie holte. Ich hatte null Appetit aber irgendwas musste ich essen und trinken und so setzte ich mich draußen an einen Picknicktisch und würgte mir Coke und Pie hinunter. Ich war völlig hinüber. Als Dylan, der offenbar eine halbe Stunde nach mir gestartet war, auf mich aufholte, war ich halb eingeschlafen am Picknicktisch.

Eine weitere halbe Stunde später brachen wir gemeinsam weiter auf. Es waren nur noch zwölf Kilometer bis Havelock und ich wollte diesen Part immer noch möglichst laufen. Zuvor hatte ich mich noch entschieden, meine Pläne, in Havelock zu übernachten und mich auszukurieren, über Bord zu werfen. Dylan meinte, dass Nelson eine sehr schöne Stadt sein sollte und ich dort vielleicht besser unterkommen könnte, um zu genesen. Am Abend sollte direkt von Havelock aus ein Bus ins etwa eine Stunde entfernte Nelson gehen. Ich suchte kurz im Netz nach Unterkünften und buchte mich für die nächsten Tage in einem Einzelzimmer in der Jugendherberge von Nelson ein. Wenn es mir in ein paar Tagen besser gehen sollte, würde ich zudem mit Dylan noch den nicht weit von Nelson entfernten Abel Tasman Nationalpark aufsuchen, um den dortigen Track, der Teil von Neuseelands acht Great Walks ist, mit ihm zu laufen. Das hatte ich ansich für die verbleibende Zeit nach dem Te Araroa vor, aber so könnte ich meine Krankheit vielleicht gleich anschließend noch mit etwas Schönem verbinden und diesen Walk, der als schönster ganze Neuseelands gilt, als Sidetrip vom Te Araroa vorziehen. Ich hoffte es würde nicht ganz so schlimm werden mit der Erkältung.

Die Straße führte zunächst weitere fünf Kilometer an einem Meeresarm namens Mahakipawa Arm, der zum Pelorus Sound gehört, vorbei ehe es dann auf einen fünf Kilometer langen, leicht ansteigenden Track durch Busch mit nochmals schönen Aussichten auf die Landschaft der Marlborough Sounds und später auf Havelock ging. Ich war froh, dass sich dieser Part gut hiken ließ. Die Steigung war moderat und ich hoffte weiterhin, dass ich die Kilometer bis Havelock laufen können würde, auch wenn ich unterwegs aufgrund meiner Erschöpfung verschiedene Pausen einlegen musste.

An der Brücke über den Kaituna River führte der Track wieder auf die Straße. Kurze Zeit später erreichte ich dann auch Havelock, welches offenbar weltberühmt für seine Muscheln ist. An sich hätte ich die gerne probiert, aber ich war mir sicher, dass ich das heute nicht genießen können würde. Vielleicht später, wenn ich in Havelock wieder auf den Te Araroa einsteige.

Für die gerade mal 14 Kilometer nach Havelock hatte ich über 5 Stunden gebraucht. Mein absoluter Negativrekord für einen einfachen Track gemixt mit Roadwalking. Aber ich war da und das zählte letztlich heute für mich.

In Havelock setzte ich mich in einem kleinem Park an der Main Road auf eine Bank. Dylan gesellte sich mit dazu und wir verquatschten den Nachmittag. Zudem buchten wir direkt den Sidetrip zum Abel Tasman Nationalpark, da die dort vorab zu buchenden Campsites schon nahezu ausgebucht waren. Wir würden, wenn es mir besser ging, am 7. Februar mit dem noch zu buchenden Wassertaxi ans Nordende des Nationalparks gebracht werden und dann Richtung Süden auf dem Great Walk hiken. Falls es mir nicht besser gehen sollte, hätte ich letztlich nur die Gebühren für drei Campsites in den Sand gesetzt. Das wär okay. Auf den Te Araroa werde ich dann hoffentlich genesen und um einen wahnsinnig tollen Sidetrip reicher am 11. Februar wieder einsteigen. Eventuell schließt bis dahin sogar Anna zu mir auf, mit der ich ja die ersten Wochen auf dem Trail verbracht hatte und mit der ich noch per Smartphone in Kontakt stehe. Würde mich auf jeden Fall freuen.

Der Bus von Havelock nach Nelson ging um 19.20 Uhr. Zuvor aß ich in Havelock noch einen Cheeseburger am Take-Away, den ich jedoch nicht wirklich genießen konnte. Nach 20.30 Uhr war ich dann mit Dylan in der Jugendherberge angelangt. Schlafen. Mehr steht für mich nun heute nicht mehr auf dem Programm.

Selfies bekommt ihr von mir gerade eben übrigens erstmal keine zu sehen. Ich sehe in meinem erschöpften Zustand vermutlich ziemlich fürchterlich aus gerade… Wie meinte Dennis bei Facebook doch gestern gleich: „Männergrippe!“. Klarer Fall. Gibt es tatsächlich 😉

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