28
Jun
2019

Tag 7 Cape Wrath Trail – Bergfest! Von Craig nach Kinlochewe (17 Kilometer)

Siebter Tag auf dem Trail! Und ich hab mit dem Erreichen von Kinlochewe heute in etwa die Hälfte des Trails geschafft. Cool, dass genau hier ein Pub ist. Da konnte ich am Abend doch direkt ein paar schottische Ales drauf trinken. Der Tag selbst war entspannt. Brennend heiß zwar, aber nach viereinhalb Stunden war ich mit dem Hiken schon durch und habe Kinlochewe erreicht…

Trotz der Schmerzen gestern und der iegendwie ja auch erwarteten neuerlichen Unsicherheit, ob ich diesen Trail bis zum Ende laufen kann, freue ich mich auf den heutigen Tag als ich im „Legendary Gerrys Hostel“ aufstehe. Es ist kein anstrengender Tag zum Laufen, die Aussichten sollen schön sein, am Ende gibt es einen Pub und davon ab bin ich ja überhaupt frei zu tun, was ich möchte. Von den paar körperlichen Problemen beim Laufen abgesehen ist damit doch alles perfekt! 🙂

Um kurz nach neun starte ich. Noch sind die Temperaturen ganz angenehm draußen, auch wenn die Sonne mich in sicher in einer Stunde wieder als Grillgut betrachten wird, das gut durchzubrutzeln ist. So zumindest meine Erwartungshaltung nach gestern 😉

Der erste Kilometer führt an einer für schottische Verhältnisse vielbefahrenen Asphaltstraße entlang. Ich habe kaum Möglichkeiten auszuweichen und so muss ich ziemlich auf die Autos achten, die auf mich zukommen. Aber es ist nur ein Kilometer und ich bin alsbald auf dem „Old Pony Track“, der in Wirklichkeit ein schmaler, steiler Pfad ist, der hinauf zu einer alten Schotterstraße führt, die über die Berge straight in Richtung Norden und Kinlochewe führt.

Zwei Tage brennt die Sonne nun schon wie verrückt und trotzdem ist der Boden auf dem Track hier so matschig und feucht als hätte es wochenlang ununterbrochen geregnet. Durch die Wärme der Sonne, die wie erwartet nun wirklich zu voller Kraft aufläuft, steigt die Feuchtigkeit vom Grund auf, während ich hier hochsteige. Ich hab das Gefühl in einer natürlichen Sauna zu stecken und schon wieder läuft mir der Schweiß in Strömen. Dabei bin ich gar kein Saunagänger. Das hat mir irgendwie noch nie was gegeben und so habe ich gerade auch meine Schwierigkeiten der Hitze und der hohen Luftffeuchtigkeit etwas schönes abzugewinnen. Schön sind aber die Aussichten. Ich blicke hinüber bis zum Loch Carron und sogar Teile von der Isle of Skye, die ich vor einigen Jahren mit Chris zusammen auf einem Long Distance Trail durchquert habe, sind in Sicht. Die Fernsicht könnte besser nicht sein.

Auf der Schotterstraße angelangt quere ich den Coulin Pass, der das Glen Carron, aus dem ich gerade komme, und das Glen Torridon trennt. Die Straße ist breit und gut zu laufen. Hier werde ich sicher schnell unterwegs sein.

Genauso schnell wie ich dann tatsächlich unterwegs bin sehne ich mir allerdings auch Schatten herbei. Es ist unglaublich welche Kraft die Sonne hat. Es geht kaum ein Lüftchen und der Wald, den ich queren sollte, ist komplett abgeholzt. Damit stehen die Chancen irgendwo ein kühles Fleckchen schottischen Hochlands zu finden natürlich großartig. Ich stelle mich direkt auf mehrere Stunden des Gebraten-Werdens ein.

Doch womöglich hab ich Glück. In der Ferne – ich kann den Verlauf der Schotterstraße Kilometer um Kilometer einsehen – passiert die Straße den Loch Coulin und dort hinten sind tatsächlich einige schattenspendende Bäume zu sehen. Ebenfalls zu sehen ist das imposante Beinn Eighe Massiv mit seinen Kuppen aus weißem Quarzgestein. Ich werde es wohl den gesamten Tag nicht aus dem Blick verlieren. Etwas sehnsüchtig blicke ich hinauf auf die Gipfel und die Grate dazwischen. Da oben weht bestimmt ein frischer Wind und die Aussichten werden nochmals spektakulärer sein.

Ich komme wirklich schnell vorran heute. Mein Fuß lässt mich zwar hin und wieder merken, dass etwas nicht in Ordnung ist, und meine Sohlen brennen von unten förmlich genauso wie die Sonne von oben auf mich niederbrennt, aber ich mache schnell meine Kilometer. Bereits nach zwei Stunden habe ich die Hälfte des heutigen Tages geschafft und bin am Loch Coulin angelangt.

Unter einem Baum finde ich den erhofften Schatten, befreie mich von Rucksack und Schuhen und lege mich ins Gras. Bestimmt eine halbe Stunde bleibe ich so liegen ehe ich das Gefühl habe wieder Normaltemperatur erreicht zu haben und wieder aufbreche.

Auf einer Stahlbrücke quere ich den River Coulin und folge der Schotterstraße wieder einige hundert Meter bergan in abgeholztes Waldland. Laut Karte sollte es eigentlich auf einem Wanderpfad durch (schön schattigen?!) Wald gehen. Das ist passé. Ein Pfad ist am Rande der Straße nicht zu erkennen. Überall türmen sich nur Wurzeln, herumliegende Äste und abgeholzte Stämme auf. Laut GPS stehe ich direkt am Track, aber hier ist weder ein Pfad noch ein wirkliches Durchkommen. Es sei denn ich will hier überall drüberklettern… und… äh nee. Das will ich nicht in der Hitze 😉

Ich entscheide mich notgedrungen um. Statt dem fehlenden Track zu folgen bleibe ich auf der Schotterstraße und werde dieser hinunter zu einer kleinen einspurigen Asphaltstraße folgen, die nach Kinlochewe führt. Ist zwar ein Umweg, aber der ist nicht allzu groß.

Von der Aussicht auf das Beein Eighe Massiv abgesehen verläuft der Trail heut übrigens ziemlich unspektakulär. Ich steige aus der Höhe weiter über die Schotterstraße ab und gelange nach einigen Kilometern an die Fahrstraße nach Kinlochewe.

Drei Kilometer später bin ich in dem kleinen Dorf angelangt, das zumindest aber eine Tankstelle, einen kleinen Laden im Post Office und ein Hotel mit angeschlossenem Pub bietet. Ich bin echt nicht böse, dass der Tag so früh endet. Die Hitze ist kaum noch zum Aushalten und ich merke wie meine Stimmung heute auch mehrfach schwankt. Es sind so einfache Dinge, die sie beeinflussen: die schmerzenden Sohlen (sorgen für ein Tief), die Füße in den kalten Bach halten (sorgt für ein Hoch), die sengende Sonne (an sich ein Hoch, aber heute in der Hitze mal ein Tief) oder ein guter Song aus den Kopfhörern (kann für ein Wahnsinnshoch sorgen).

Aus den Kühlfächern des kleinen Tankstellenshops greife ich mir eine eiskalte Coke und mangels ausreichendem Frühstück heute morgen ein BBQ Pulled Pork-Sandwich sowie einen Coleslawsalat. Mit dem Tankstellenbetreiber quatsche ich dann noch eine Weile über Gott und die Welt, über das schottische Wetter gerade, den Loch Maree, der sich hier bei Kinlochewe befindet und natürlich über den Cape Wrath Trail. Hab ja jede Menge Zeit noch heute.

Bis zum Kinlochewe Hotel und Pub sind es nur ein paar hundert Meter, aber tatsächlich verquatsche ich mich noch zweimal auf dem Weg: mit einem älteren Paar aus der Nähe von London, die gerade sechs Wochen Urlaub im Wohnmobil in Schottland machen, und mit ein paar Mountainbikern, die Schottland per Rad erkunden. Trotzdem bin ich früh im Hotel, das auch ein paar einfache Matratzen in einem Bunk House anbietet. Hier miete ich mich ein für 20 Pfund und ich bin tatsächlich der einzige Gast. Schon merkwürdig. Ist in dieser Ecke Schottlands kaum einer unterwegs?

Die Hitze hat mich echt platt gemacht heut und ich schlafe direkt vom Fleck weg als ich mein Lager gemacht habe. Als ich wieder aufwache springe ich erst mal unter die Dusche. Und merke direkt, wo ich überall Sonnenbrand habe! Heilige Sche… brennt das! Ich reiße den Drehregler der Dusche von Warm auf Kalt. Ich hab das Gefühl als würde Eiswasser auf mich darniederprasseln und ich würde eine Art schottische Ice Bucket Challenge durchmachen. Klar, damit bin ich nun natürlich wieder richtig wach!

Das Gute: dank Eiswasser verschlafe ich meinen geplanten Pubbesuch nicht. Ich bin gerade beim dritten Pint eines Scottish Red Ales – und zum Pubfood gab es Burger mit Chips. Was sonst…

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