28
Jan
2018

Tag 65 Queen Elizabeth Park bis Ohariu Valley (37 Kilometer)

Heute hab ich ordentlich Gas gegeben: 37 Kilometer in knapp 12 Stunden. Und dabei bestand nur etwa die Hälfte der Strecke aus Roadwalking. Hat dennoch gereicht. Ich weiß gar nicht genau durch wieviele Vorstädte von Wellington ich heute gelaufen bin und wieviele Kilometer ich abermals am Staten Highway No. 1 abgerissen habe. Egal, das und die brütende Hitze, in der ich heute unterwegs war, liegt zunächst erstmal hinter mir. Das Gute vom Tag: es gab einige tolle Tracks, schöne Aussichten und ich habe trotz der vielen Kilometer, die ich gewandert bin, weder auf eine lange Frühstückspause noch auf ein gemütliches Lunch am Strand verzichten müssen. Zudem: ich stehe nur knapp 20 Kilometer vor Neuseelands Hauptstadt Wellington und etwa 36 Kilometer vor der Beendigung meiner Durchquerung der Nordinsel. Mal sehen, vielleicht schaffe ich es morgen bereits, den Endpunkt des Te Araroa in der Island Bay zu erreichen…

Mein Zelt stand in den Dünen mal wieder in passabler Schräglage. Entsprechend hab ic so richtig schlecht geschlafen die Nacht. Ich bin die halbe Nacht mit meiner Isomatte hin- und hergerutscht. Und da ich den Boden meines Zeltes vor nicht allzu langer Zeit ja komplett neu imprägniert habe, gab das so nen lautes, knarzend-gummiges Geräusch bei jeder Rutschbewegung ab, von dem ich ständig wieder wach wurde. Zudem war es noch elendig warm, selbst in der Nacht und ohne Schlafsack. Gerade überrollt eine Hitzewelle Neuseeland. Das ist hier offenbar seit Jahrzehnten der heißeste Sommer. Trotz der Nähe zum Meer hatte ich alleine heute mit Temperaturen um die 30 Grad zu kämpfen und in den Richmond Ranges – der ersten zu durchquerenden Bergkette auf der Südinsel – hat es derzeit tagsüber über 35 Grad. Das könnte echt zum Problem werden, zumal die Wassertanks der ersten Hütten in den Richmond Ranges leer sind. Hinzu kommt, dass es auf der Südinsel bereits für hunderte Kilometer der Strecke offenbar ein totales Feuerverbot gibt. Nicht einmal der Einsatz von Gaskochern soll mehr erlaubt sein. Und mit einem solchen bereite ich mir immerhin mein Essen zu… Zurück zur Nacht oder eher zum Morgen. Da ich eh nicht schlafen konnte, hab ich schon um sechs Uhr mit dem Sonnenaufgang angefangen, meine Sachen und mein Zelt zusammenzupacken. Um 6:30 Uhr bin ich dann ohne Frühstück auf den Trail gestartet. Ich hatte die vage Hoffnung im nächsten Ort wieder so ein cooles Café wie gestern zu finden, in dem ich mir etwas Vernünftiges zum Frühstück besorgen konnte. Außerdem vermutete ich, dass das Campen im Queen Elizabeth Park zumindest nicht gerne gesehen wird. Ein weiterer Grund, das Frühstück etwas nach hinten zu verschieben. Zunächst hatte ich den Rest des Queen Elizabeth Park abzulaufen, der letzten verbliebenen Dünenlandschaft an der Kapiti Coast. Der Walk war echt schön. Die Dünenlandschaft lag zumeist noch im Schatten, dadurch war es von den Temperaturen um diese Zeit auch echt noch ganz erträglich. Die Sonne ging gerade noch hinter den Hügeln im Landesinneren auf und beschien zunächst nur die Kuppen der Berge und Hügel. Später am Tag – ich hatte es oben ja schon erwähnt – versprach es abermals richtig heiß zu werden. Nicht eine Wolke war am Morgenhimmel zu sehen.

Ich erreichte nach wenigen Kilometern den kleinen Küstenort Paekakariki. Mein Magen knurrte. Ich lief den Strand knappe zwei Kilometer den gesamten Ort hinunter. Meine Hoffnung an der Strandpromenade noch ein Café zu finden, schwand zusehends. Dann in der letzten Seitenstraße des Ortes fand ich doch tatsächlich noch einige Shops und auch ein Café: das Beach Road Deli. Cool! Ich bestellte mir einen Flat White Kaffee und nahm noch zwei Spinat-Frischkäse-Scones mit karamellisierten roten Zwiebeln dazu. Echt lecker. Währenddessen unterhielt ich mich nett mit einem der Kiwis am Nachbartisch: ein Neuseeländer um die 50, der gerade mit seinem Boot eine kleine Segeltour plante.

Nach dem Frühstück ging ich den zehn Kilometer langen Paekakariki Escarpement Track an, der erst seit dieser Saison Bestandteil des Te Araroa ist. Der Track führt geht in den den Klippen am Meer entlang und führt dabei auch steil auf etwa 220 Meter hinauf. In der Trailbeschreibung wurde er als extrem ausgesetzt beschrieben. Zudem wurde gesondert darauf hingewiesen, dass der Trail über keinerlei Versicherungen in Form von Handläufen, Geländern oder Stahlseilen verfügt. Ich war gespannt was mich erwartete. Der Track war unheimlich schön, bei weitem aber nicht so schlimm wie beschrieben. Das kann man meiner Ansicht nach auch durchaus mit der Familie laufen. Also unproblematisch. Am höchsten Aussichtspunkten auf 220 Metern machte ich eine kurze Pause und gönnte mir einige der Nektarinen, die ich gestern im Supermarkt gekauft hatte. Dabei fiel mir auf, dass ich aufgrund des intensiven Einsatzes der Trekkingstöcke die letzten Tage mittlerweile Blasen an den Händen bekomme…

Die vielen Auf- und Abstiege im Track erfolgten weitestgehend über Stufen. Das ließ sich gut laufen, selbst wenn es steil war. Zwei über Schluchten gespannte Hängebrücken markierten neben dem Aussichtspunkt weitere Höhepunkte des Tracks.

Am Ende des Tracks gelangte ich nach Pukerua, einen weiteren kleinen Küstenort. Ich hatte wahnsinnigen Durst. Die Sonne schien mal wieder unnachgebig und so gönnte ich mir seit langer Zeit mal wieder einen Liter eisgekühlten Orangensaft in dem Shop des kleines Ortes. Obendrauf gab es zudem noch ein Eis. Ich hatte ja gesagt, dass ich den Zieleinlauf der Nordinsel genießen werde 😉 Anschließend ging es auf einem Walkway, einem Fuß- und Radweg, neben dem Staten Highway und durch Gewerbegebiete ins sechs Kilometer entfernte Plimmerton. Irgendwie erinnerte mich das an eine der unschönsten Etappen, die ich bisher hatte: jene hinter der Flughafen von Auckland. Schönes Laufen war das nicht. In der prallen Mittagshitze hat das schon mal keinen Spaß gemacht. Da der Takeaway des Ortes, in dem ich mir an sich Fish and Chips holen und am Strand genießen wollte, geschlossen hatte, packte ich meinen eigenen Essensbeutel am Strand von Plimmerton aus. Ich machte mir zwei Sandwiches mit Käse und Salami, anschließend zwei weitere mit Marmelade und gönnte mir meine restlichen drei Nektarinen.

Erst nach einer Stunde machte ich mich auf den weiteren Weg. Zunächst standen elf weitere Kilometer bis zum Beginn des Colonial Knob Tracks. Das Ganze leider wieder weitestehend auf der Straße. Entweder neben dem Staten Highway auf einem Fußweg hinter der Leitplanke oder neben einer durchaus öfter befahrenen Bahnlinie. Insgesamt wurde es so nah vor Wellington wieder deutlich urbaner und dicht besiedelt.

Einige kurze Stücke führten durch Parklandschaften hindurch. Hier – die Neuseeländer hatte ja fast alle noch Ferien – wehte mir schon von weitem immer ein Grill- und BBQ-Geruch entgegen… Woah, wie gemein, vor allem, wenn man seit zwei Monaten überwiegend nur diese superdehydrierte gefriergetrocknete Nahrung zu sich nimmt. Naja, irgendwie waren diese Stücke durch die Parks dann aber auch sehr kurz. Ich ließ den Geruch frisch gegrillter Steaks meist immer recht schnell hinter mir und gelangte recht schnell auch wieder auf die Straße und zu meinen Erinnerungen an meine nicht so schönen Etappen auf dem Te Araroa. Zuletzt durchquerte ich noch die Hafenstadt Porirua ehe ich um 16:30 Uhr dann endlich den Fuße des knapp 460 Meter hohen Colonial Knob Mountains erreichte und damit den Einstieg in den etwa sieben Kilometer langen Track über den Berg.

Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt bereits 31 Kilometer in den Beinen hatte, ich wollte heute unbedingt noch über den Berg, um morgen bis nach Wellington zu gelangen. Ich füllte daher am Bachlauf neben dem Trackstart nur schnell meine Wasservorräte, dann machte ich mich an den Aufstieg. Der war anfangs die ersten 300 Höhenmeter richtig steil und führte über endlose Stufen neben einem Bachlauf hinauf, aber immerhin verlief er in schattigem Busch.

Später verflachte der Anstieg dann und lief in offenem, aussichtsreichen Gelände bis in die Tararua Ranges, nach Wellington und bis zur Küste fort. Um 17:30 Uhr war ich auf dem Gipfel angelangt. Die fantastische Aussicht wollte ich länger genießen. Ich machte daher vor dem Abstieg bestimmt 20 Minuten Pause.

Der Abstieg selbst erfolgte dann über den Spicer Forest, einen hübschen Tannenwald an der Flanke des Berges, der sich bis hinunter in das Ohariu Valley zog. Hier durfte ich bei einem älteren netten Herrn namens Alan mein Zelt in dessen Garten aufstellen und sogar eine Dusche genießen. Und obendrein wurde ich für morgen auch noch zum Frühstück eingeladen.

Ansonsten habe ich mich für Wellington gerade eben noch in die Jugendherberge eingebucht. Glücklicherweise war noch ein Bett im Vierbettzimmer frei und das ganze sogar mit eigenem Bad. Perfekt! Karima und Tobias sind beide heute nach Wellington getrampt. Vermutlich werde ich sie morgen also wiedersehen. Vielleicht laufen wir dann auch morgen, spätestens übermorgen, gemeinsam die letzten Kilometer bis zum offiziellen Endpunkt des Te Araroa auf der Nordinsel Neuseelands.

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2 Responses

  1. Mathias

    Hi Nils,
    schön von deinem Abenteuer zu lesen. Fasziniert mich sehr. Ich werde für drei Monate jetzt in NZ sein zum div Trailrun Wettkämpfe machen. Ich bin seid zwei Jahren unterwegs am Reisen und Trailrunning machen. Ich würde auch gerne Teile des Weges laufen/Trekken so ca 3-4 Wochen. Könntest du mir sagen welche Abschnitte die Lohnenswerterten sind? Damit ich nicht zuviel Strasse laufe. Berge sind halt immer gut.
    Schönen Gruss aus……Phnom Phen (Kambodscha)
    Tissi

    1. Hey Mathias,

      schön von dir zu lesen! Freut mich, dass du mitliest und es dich fasziniert.

      Bislang bin ich ja „nur“ die Nordinsel gelaufen, daher ist mein Erfahrungsschatz bislang hierauf beschränkt 😉

      Auf der Nordinsel wird es wirklich schwierig mit 3 bis 4 Wochen auf dem Te Araroa mit wenig Roadwalking sofern du nicht zwischen einzelnen Abschnitten trampen oder diese mit Zug oder Bus überspringen willst. Die Nordinsel ist einfach sehr stark besiedelt.

      Wenn du aber dennoch auf der Nordinsel hiken magst und die 3 bis 4 Wochen notfalls auch nicht davor zurückschreckst etwas zu skippen würde ich dir z.B. die Vulkanlandschaften im Tongaririo Nationalpark empfehlen. Das ist wirklich spektakulär und du kannst dort auch statt nur des Tongariro Crossings, welches Part des Te Araroa ist, den kompletten Tongariro Circuit laufen und verschiedene Berg- bzw. Vulkanbesteigungen einbauen. Dafür würdest du vermutlich so 4 bis 5 Tage benötigen. Die Tararua Ranges im Süden der Nordinsel waren ebenfalls wunderschön, wenn auch körperlich durchaus sehr fordernd. Aber ich schätze damit dürftest du kein Problem haben. Dort kannst du ohne Roadwalking ebenfalls so 4 bis 5 Tage verbringen und Wildnis ohne Roadwalking erleben.

      Ansonsten würde ich fast auf die Südinsel verweisen, auch wenn ich selbst noch nicht da war und gerade erst mit der Fähre hin unterwegs bin. Die Südinsel soll, so haben mir alle Neuseeländer gesagt, landschaftlich einfach noch spektakulärer und deutlich wilder als die Nordinsel sein. Erst gestern sagte ein Kiwi zu mir, dass es im Norden einige Highlights hat, aber im Süden hinter jeder Biegung des Tracks ein Highlight wartet 😉 ich werde davon ab morgen berichten. Ich starte heute mit dem Queens Charlotte Track.

      Ich könnte mir vorstellen, dass die Passage von Ship Cove bis Arthurs Pass, die ich nun beginne, vielleicht etwas für dich sein könnte. Dort gibt es laut Trailbeschreibung extrem wenig Roadwalking und du gelangst beginnend mit dem Queen Charlotte Track von Shipcove aus von den fjordähnlichen Marlborough Sounds über den Pelorus River Track und die Wald- und alpine Berglandschaft der Richmond Ranges und den Waiau Pass bis in die neuseeländischen Alpen beim Arthurs Pass. Das dauert in etwa 25 bis 28 Tage und dürfte landschaftlich viel Abwechslung bieten. Übernachten kannst du wild, auf Campsites oder in Hütten des DOC. Lediglich die Essensversorgung ist ab den Richmond Ranges etwas problematisch. Ich habe mir gestern drei Essenspakete per Post auf den Track vorschicken müssen (zu Nationalparkzentren und einfachen Lodges nahe dem Track).

      Hier mal der Link zu den Karten und zu den Trail Notes des Te Araroa. Die Karten von Nelson-Marlborough und Canterbury dürften dir ein gutes Bild davon vermitteln, ob dieser Part des Trails vielleicht wirklich etwas für dich ist 😉

      http://www.teararoa.org.nz/downloads

      Hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen! Wünsche dir viel Spaß auf dem Trail und ganz viel Erfolg bei den Wettkämpfen in Neuseeland!

      Viele Grüße,
      Nils

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