25
Jan
2018

Tag 62 Nicholson Hut bis Parawai Lodge Hut (18 Kilometer)

Der letzte Tag der 45 Kilometer langen Querung der Tararua Ranges. Bis zur Hälfte des Tages dachte ich noch das lässt sich weitestgehend leicht hiken heute. Das Wetter war fantastisch und ich erreichte den höchsten Gipfel der Querung, den Mount Crawford, deutlich schneller als gedacht. Der alpine Track war gut und auch der Wahnsinnsabstieg um über 1.200 Höhenmeter vom Mount Crawford aus ging auf einem teils zwar irre steilem, aber trockenem Bushtrack vonstatten. Dann kam jedoch nach längerem Break mit Schwimmen im Okati River an der Waitewaewae Hut die zweite Hälfte des Tages mit der langwierigen Siddle Route, die ich alternativ wegen mehrerer Erdrutsche auf dem offiziellen Trail nehmen musste. Insgesamt hatte ich heute an die 750 Höhenmeter bergauf zu bewältigen und etwa 1.800 Höhenmeter bergab…

Am Vorabend war ich richtig platt und ich bin doch tatsächlich schon gegen 21:30 Uhr eingeschlafen. In der Nacht wies mich dann Heiner darauf hin, dass sich irgendwas an oder in meinem Rucksack bewegte. Shit, dachte ich. Ich hatte zwar mein Essen in der Hütte an einem Nagel unter der Decke aufgehängt, aber ich hatte meinen Müllbeutel noch in meinem Rucksack mit jeder Menge Essensverpackungen darin. Und über diese machte sich gerade ziemlich lautstark eine hungrige Maus daher. Ich näherte mich meinem vom Heiners Taschenlampe beleuchteten Backpack, schüttelte diesen etwas und dann floh die Maus daraus mir direkt über die nackten Füße unters Bett…Hmm… zur Sicherheit packte ich den Müllbeutel auf eines der höher gelegenen Regale in der Hütte und hängte meinen Rucksack an einem der weiteren Nägel an der Hüttendecke auf.

Anschließend schnappte ich mir meine Kamera und mein Stativ und ging aus der Hütte hinaus. Denn es war sternenklar und hier oben in den Bergen, völlig fern von jeglichem Fremdlicht, offenbarte sich einer der schönsten Sternenhimmel, die ich je gesehen habe. Fantastisch schön.

Die weitere Nacht verlief etwas unruhig, denn die Maus, die offenbar weiterhin von einem ungesättigten Hunger gepeinigt war, versuchte verzweifelt an irgendwelche der aufgehängten Daypacks und Beutel mit Essen zu gelangen. Sie versuchte selbst im Ofenrohr des Kamins hochzuklettern und verursachte jedes Mal, wenn sie dort wieder herunterpurzelte, jede Menge Lärm.

Am Morgen bin ich dann mit den anderen in der Hütte gegen 7 Uhr aufgestanden. Das Wetter hatte gehalten. Es war ein strahlend blauer Himmel und die Sonne beschien bereits die ersten Bergkuppen der Tararua Ranges. Was für ein perfektes Wetter für die Besteigung des Mount Crawford, der mit 1.462 Höhenmetern den höchsten Punkt der Querung des Te Araroa durch die Ranges darstellt.

Hier mal die Aussicht vom Hüttenklo 😉 Und bevor jemand nachfragt: nein, ich gehe nicht immer mit Kamera auf Toilette…

Von der Nicholson Hut – ich war um 8 Uhr gestartet – führte der Weg auf einem gut zu laufendem, trockenem alpinen Track direkt über den Ostgrat des Berges über mehrere kleine, vorgelagerte Kuppen auf dessen Spitze hinauf.

Zwei Stunden waren für die Besteigung des etwa 400 Meter höher als die Hütte gelegenen Gipfels einzuplanen. Nach nicht einmal einer Stunde stand ich oben und was für eine fantastische Aussicht bot sich hier. Während der Blick in die Tiefe jenseits des Bergkammes zur einen Seite komplett von Wolken verhüllt war, bot sich zur anderen Seite der Ausblick bis in die Täler hinunter.

Ich blieb bestimmt eine halbe Stunde hier oben mit Karima, Tobias, Heiner und Stef, die kurz nach mir auf dem Gipfel ankamen. Es war angenehm warm und nicht mal ein frischer Wind blies. Ich schoss eine Menge Fotos und genoss die Aussicht auf die Berge.

Anschließend ging es über den Südgrat des Mount Crawford hinunter zur Abzweigung auf die Schulter des Mount Knob. Ein kurzer Anstieg führte auf die Höhe von 1.310 Metern, dann begann der heftige Abstieg um über 1.000 Höhenmeter in nur drei Kilometern durch zunächst alpines, felsiges Terrain, später durch subtropischen Busch, der sich an der Flanke des Berges bis auf etwa 1.100 Höhenmeter hinaufzog.

Der Abstieg war ebenfalls überraschend gut zu laufen, wenn er auch in die Knie ging. Mit meinen Armen und Trekkingstöcken versuchte ich die Belastung der Knie abzufangen, vor allem wenn man kleinere Hänge oder Stufen im Terrain hinabspringen musste. Stellenweise war der Abstieg extrem steil und ich blickte durchaus in einige Abgründe, bei denen ich mich zumindest im ersten Augenblick fragte, ob ich tatsächlich hier an dem Wurzelwerk der im Steilhang wachsenden Bäume hinuntergehen bzw. -klettern sollte, aber es war trocken und insoweit gut zu meistern. Schlamm war am heutigen Tag ganz überraschend sowieso nur eine Randerscheinung gewesen.

Am Ende des Abstiegs angekommen, führte eine schwankende Drahtseilhängebrücke zunächst über den Otaki River, dessen kristallklares Wasser das Grün des Waldes und das Funkeln der Sonne widerspiegelte. Unglaublich schön. Ich freute mich schon darauf, an der Waitewaewae Hut in diesem Fluss baden zu können. Ich war vom Abstieg völlig durchgeschwitzt und an der Hütte sollte es eine gute Badegelegenheit geben.

Die Hütte erreichte ich nur einen halben Kilometer weiter nach der Hängebrücke gegen 12 Uhr. Zeit für eine große Pause und das Bad im Fluss. Heiner, Stef, Karima, Tobias und Troy, mit denen ich auf der Nicholson Hut übernachtet hatte, kamen auch nacheinander an und wir genossen das Bad im kalten Fluss. Was für eine schöne Stelle. Anschließend machte ich mir zum Lunch eine große Portion Couscous, in die ich eine Tassensuppen mit der Geschmacksrichtung Süßkartoffel hineinmixte.

Um 13:45 Uhr brach ich als erster von uns im Trupp wieder auf. Es ging direkt wieder hinein in dichten subtropischen Wald. Auch wenn dieser schön anzusehen war, so mystisch und märchenhaft wie oben in den Ranges am gestrigen Tag kam er hier unten nicht daher.

Vielleicht eine Viertelstunde nach meinem Aufbruch von der Hütte war die Erfrischung des Bades im Fluss vollkommen entschwunden. Ich war wieder völlig durchgeschwitzt und die salzigen Tropfen perlten mir von Haaren und Stirn. Der Track führte abermals rund 250 Höhenmeter hinauf am Berg auf eine Höhe von 540 Metern. Das Terrain war wieder schwierig zu gehen: verwurzelter Boden und viele kleine An- und Abstiege, denn der Track querte eine Vielzahl an kleinen reißenden Bächen, die ihrerseits mit der Zeit kleine Schluchten und Täler in die Seite des Berges gefurcht hatten und in die ich jeweils hinab- und auf der anderen Seite wieder hinaufsteigen musste.

Ich suchte mir in den Bächen etwas Erfrischung vor der Anstrengung indem ich mir Hände, Arme und mein Gesicht mit dem kalten Nass benetzte aber wenige Minuten später war ich wieder total am Schwitzen in der Hitze des Nachmittags und diesem Gelände. Als Tobias mich erreichte während ich eine Pause machte, sah ich, dass es offenbar nicht nur mir so ging. Wir hatten wohl alle damit gerechnet, dass der Track hier unten etwas einfacher werden würde. Dabei stand uns das schwierigste noch bevor…

Oben auf 540 Höhenmetern angekommen, passierte ich mit Tobias einen Fluss und gelangte dann an eine Abzweigung. Der Te Araroa ging rechts ab, aber wir wussten bereits, dass die Strecke wegen mehrerer Erdrutsche in jüngster Zeit unpassierbar geworden war. So waren wir gezwungen statt der an sich einfacheren, stetig absteigenden Strecke am Flusslauf entlang die Siddle Route zu nehmen. Die Streckenlänge war hier in etwa gleich: bis zur nächsten Abzweigung etwa drei Kilometer. Wir rechneten jedoch nicht damit, dass die Alternativroute aus einem im Hang stetig auf und ab führendem, völlig verwurzeltem und teils überwuchertem Track bestehen würde, über den in kurzen Abständen dann auch noch riesige Baumstämme oder ganze Baumkronen quer lagen. Ein total schwieriges Gelände, in dem wir gerade mal mit einem Kilometer in der Stunde vorankamen. Alles andere jedenfalls als das erwartete Easy-Going. Erst nach drei Stunden gelangte ich zu der Abzweigung, welche die Siddle Route wieder dem Te Araroa verband. Tobias musste kurz hinter mir sein.

Von der Abzweigung aus waren es noch knappe vier Kilometer bis zu der Parawai Lodge Hut. Ich hoffte, dass der Track nun besser werden würde und glücklicherweise wurde er das auch. Durch den Busch und offene Graslandschaften ging es auf einem alten Schmalspurbahnpfad abermals zum Otaki River, den ich wiederum über eine schwankende Drahtseilhängebrücke passierte. Ich war froh, den Wandertag bald beenden zu können. Meine Knie meldeten sich nach den vielen Höhenmetern im Abstieg und dem schwierigen Terrain nun doch langsam mehr und mehr.

Um 18:30 Uhr erreichte ich endlich und völlig nassgeschwitzt die Hütte. Ich kochte mir direkt eine Doppelportion meines Abendessens und genoss dann nochmal mit den anderen, die nach und nach in der Hütte ankamen, ein weiteres Bad im Fluss.

Der Tag heute war fantastisch schön, aber abermals wahnsinnig anstrengend. Ich schätze ich werde demnächst wieder einen Pausentag einlegen (müssen). Die Tararua Ranges, die ich doch tatsächlich – vor allem des guten Wetters wegen – in drei Tagen habe durchqueren können, haben unendlich viel Kraft gekostet. Über die aus den Karten entnommenen Höhenmeter, die sich für die drei Tage auf knapp über 3.000 Höhenmeter in schwierigstem Terrain in Auf- und Abstieg aufsummieren, sind es tatsächlich laut GPS-Daten sogar 4.000 Höhenmeter in Auf- und Abstieg gewesen, die ich hier bewältigt hatte.

Für morgen steht mit dem Pukeatua Track durch den Tararua Forest Park vermutlich abermals eine schwierige Etappe an. Es geht auf 13 Kilometern durch dichten Busch und der 812 Meter hohe Pukeatua Mountain ist zu besteigen. Im Anschluss steige ich, so alles gut läuft, wieder hinab und gelange hoffentlich bis in die Kleinstadt Waikanae nahe der Küste. Ein gutes Essen am Abend und ein eisgekühltes Bier oder eine eisgekühlte Cola werden meine Motivation für den morgigen Tag 😉

Hier noch einige Bilder mehr vom heutigen Tag:

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