22
Jun
2018

Tag 5 Choquequirao Trek nach Machu Picchu – Der härteste Tag bislang: über den Choquequirao Pass tief hinab ins Río Blanco Valley und hoch hinaus nach Maizal

Was für ein Tag. Wir waren geschlagene zwölf Stunden auf den Beinen und gingen am Tagesende echt auf dem Zahnfleisch. Knappe 1.400 Meter im Abstieg und etwa 1.600 Meter im Aufstieg haben uns mit dem schweren Gepäck ziemlich zermürbt. Dabei sind wir bislang noch gar nicht so hoch hinaus gelangt. Der höchste Punkt der heutigen Tour lag auf etwa 3.270 Metern…

Am Vorabend hatten wir uns dazu entschlossen, noch im Halbdunkel mit der Stirnlampe vom etwa 200 Meter unterhalb des Hauptplatzes von Choquequirao gelegenen Campingplatz zu den Ruinen aufzusteigen. Wir wollten den Sonnenaufgang über Choquequirao erleben und so klingelte der erste Wecker direkt mal um 5 Uhr morgens.

Ich war noch ziemlich platt, drückte also direkt zwei mal die Snooze-Taste und zögerte das Leiden damit etwas hinaus. Um zehn nach 5 haben wir dann aber unsere Sachen zusammengepackt und sind ne knappe halbe Stunde später mit dem vom Morgentau noch pitschnassen Zelt aufgebrochen.

Christian gab direkt mal zu bedenken, dass er sich ziemlich fertig fühlt. Hochgeschafft haben wir es dann aber gerade doch noch zum Sonnenaufgang. Leider ging die Sonne nur hinter einem hohen Berg auf, so dass wir nicht so viel davon hatten wie erwartet. Dennoch war die Lichtstimmung und die Aussicht von den Ruinen, vor allem in den Apurimac Canyon hinein, der teils noch wolkenverhangen war, sehr schön.

Während ich einer meiner Lieblingsbeschäftigungen auf Trek, dem Fotografieren, nachging und irgendwo in den Ruinen nahe des Hauptplatzes rumkraxelte, hörte ich vom zentralen Platz nur wie Christian, der vom Frühsport am Morgen ziemlich hinüber war, fluchte. Ihm war im Rucksack doch tatsächlich seine 2-Liter-Wasserblase ausgelaufen. Aber der Hauptplatz von Choquequirao ist ja groß genug, um den kompletten Rucksackinhalt zum Trocknen auszubreiten.

Während Christian also seine Sachen trocknete, stieg ich auf der Rückseite von Choquequirao gute 200 Meter zu einem Sektor der riesigen Ruinenanlage hinab, den wir gestern noch nicht besichtigt hatten. Am steilen Hang waren hier unzählige Inkaterassen angelegt, deren Wände teils – und das ist ungewöhnlich für die Inkakultur – verziert waren. Weiter unten waren mit weißen Steinen sogar Lamas in die Wände eingelassen. So weit bin ich dann allerdings nicht mehr abgestiegen. Dennoch konnte ich von oben einen Blick darauf werfen.

Die Terassenanlagen und die originalen Treppen der Inka zwischen den einzelnen Terassen waren unglaublich steil. Hier musste man schon echt schwindelfrei sein, denn ein Sturz von der steilen Treppe dürfte unweigerlich einen Sturz um über 1000 Meter in den Apurimac Canyon zur Folge gehabt haben. Ich selbst stieg ein paar der Treppen hinunter, wobei ich das nicht geradewegs mit dem Blick nach unten tat 😉

Wieder oben angekommen frühstückten Christian und ich zunächst ehe wir uns an die Wegfindung nach Maizal, unserem Zielort, für heute machten. Da hier oben am Hauptplatz von Choquequirao mal nichts ausgeschildert ist, vor allem nicht der Trek nach Maizal, und wir auch keine topographische Karte hatten, die uns hätte weiterhelfen können, hatten wir bereits gestern bezüglich des Pfades nach Maizal mit Ruben, dem Tourguide der US-Amerikaner, die wir bei Playa Rosalina getroffen hatten, gesprochen und ebenso mit einem weiteren Peruaner, der an den Ausgrabungsarbeiten in Choquequirao arbeitet. Wir bekamen zu hören, dass wir der vom Berg angelegten steinernen Wasserrinne folgen sollten und dies taten wir dann nach dem Frühstück auch.

Zuvor konnten wir übrigens noch beobachten wie die hinter dem Berg aufgegangene Sonne ihre Strahlen zwischen den beiden Gipfeln des Berges direkt hinunter auf den höchstgelegenen Punkt von Choquequirao schickte, eine der Tempelanlagen. Erst danach wurden nach und nach auch die anderen Teile von Choquequirao in das goldene Licht der Morgensonne getaucht. Wir fragten uns doch direkt, ob das so geplant war.

Im Aufstieg selbst erreichten wir nach etwa einer halben Stunde den Choquequirao Pass, eine Passhöhe, die auf 3.270 Metern liegt. Abermals bot sich eine fantastische Aussicht in die Bergwelt der Anden. Solche Aussichten sind allerdings auch gerade unser ständiger Begleiter 😉

Wir folgten dem Pass um die Flanke des Berges herum und begannen dann auf der anderen Bergseite den steilen Abstieg in das knapp 1.400 Meter tiefer gelegene Río Blanco Valley. Irre. Den Talgrund und den dadurch strömenden Fluss namens Río Blanco konnten wie von hier oben nicht mal erkennen. So eng eingeschnitten war die Schlucht, durch die sich der Fluss zog.

Auf der anderen Seite der Schlucht erkannten wir dafür direkt schon den Weg nach Maizal, wie er sich steil in Serpentinen den Berg hinaufzog. Es ist schon verrückt mit der Gewissheit auf über 3.200 Metern zu stehen, dass man gleich 1.400 Meter in eine Schlucht hinabsteigt, deren Grund man nicht sehen kann, um anschließend einen gut sichtbaren und vor allem steilen Pfad auf der anderen Seite der Schlucht wieder gute 1.200 Meter hinaufzusteigen.

Im Abstieg veränderte sich allmählich die Vegetation. Teils waren wir in dichtem Grün unterwegs, teils in Gebieten, die vor Dürre strotzen und deren Bewuchs wieder aus knorrigen Sträuchern und Bäumen sowie Kakteen bestand.

Der Weg war unheimlich schön, die Aussichten spektakulär. Dies gilt insbesondere für die Aussicht, die wir von den am Wegesrand liegenden Inkaterassen von Pinchiunuyoj hinab ins Tal und die Berge hatten.

Die Terassen von Pinchiunuyoj haben übrigens eine noch heute funktionierende, sehr interessante Wasserführung. Über die Terassen hinweg plätscherte aus einem angelegten Kanal das Wasser einer Quelle in die Tiefe hinab. Da wir nach Christians Malheur mit der Wasserblase unsere Wasservorräte aufgeteilt hatten und diese in der brennenden Sonne – heute war abermals ein ziemlich wolkenloser Tag – langsam zuneige gingen, filterten wir hier einige Liter Wasser und füllten unsere Vorräte auf.

Gegen 12 Uhr machten wir uns an den weiteren Abstieg. Knappe 600 Höhenmeter waren noch nach unten zu bewältigen ehe auf der anderen Seite des Canyons dann der Wiederanstieg erfolgen würde. Das würde offensichtlich ein langer Tag werden heute.

Der weitere Abstieg verlief steil, staubig in Sand und Geröll und, daran hatten wir uns aber mittlerweile gewöhnt, direkt am mehrere hundert Meter tief in das Tal hinabfallenden Hang. Den Rìo Blanco und den Talgrund sahen wir im Abstieg dan auch irgendwann. Es muss allerdings irgendwo so auf den letzten 200 Höhenmetern gewesen sein, dass wir den Fluss und das Ende des kräftezehrenden Abstiegs erblickten.

Um 13 Uhr kamen wir endlich im Tal, dessen Grund einzig von Felsen bedeckt war, an. Und siehe da, am Einstieg zum Aufstieg nach Maizal schlossen wir auch auf die anderthalb Stunden vor uns gestarteten US-Amerikaner auf. An Stühlen und Tischen sitzend hatten sie ihr Mittagessen genossen.

Wir verstanden uns echt gut. Die Jungs und das eine Mädel konnten es immer noch garnicht glauben, dass wir all die schwere Last selbst tragen. Selbst Ruben, ihr Tourguide, schien beeindruckt.

Nach dem anstrengenden und staubigen Abstieg legten wir vor dem weiten Aufstieg eine lange Pause von einer knappen Stunde ein. Unter einem Wasserfall des Río Blanco badeten wir.

Das Wasser war natürlich eiskalt, aber wir hofften die Erfrischung würde uns den nötigen Schub geben, den Wiederanstieg aus dem Tal dann auch wirklich anzugehen und vor allem zu bewältigen. Maizal lag mit 3.000 Metern immerhin ganze 1.200 Meter höher als das auf knapp 1.800 Meter gelegene Tal des Río Blanco.

Ich selbst fühlte mich nach dem Bad richtig erfrischt und voller Tatendrang, den Anstieg zu bewältigen. Ich war hochmotiviert. Christian pfiff hingegen schon recht früh im Anstieg nach knapp 300 Höhenmetern aus dem sprichwörtlichen letzten Loch und war einfach nur noch fertig. Er war ziemlich sicher, dass er den Anstieg nach Maizal heute nicht mehr schaffen würde und hätte am liebsten direkt an dem Platz, wo wir waren, seine Isomatte aufgeblasen und seinen Schlafsack ausgelegt. Andererseits haderte er auch mit sich, dass wir es dann nicht nach Maizal schaffen.

Da ich mich gut fühlte nahm ich Christian knapp 3,5 Kilo seines Rucksackinhalts ab und verstaute diesen in meinem. Dann liefen wir weiter. Christian kam mit dem steilen Anstieg nun um einiges besser zurecht.

Ich selbst war zwar weiterhin noch etwas schneller als Christian unterwegs, kämpfte nun aber ob meines Rucksackgewichts von über 20 Kilo auch deutlich mehr mit dem Anstieg und ging gerade auf den letzten paar hundert Höhenmetern auch ziemlich auf dem Zahnfleisch. Dennoch: ich war überzeugt davon, dass wir den Anstieg, der drei bis dreieinhalb Stunden dauern sollte, auch in dieser Zeit knacken.

Absolut hart war das letzte Stück. Die letzten vielleicht 100 Höhenmeter schleppten wir uns nur so dahin. Ich vorneweg, Christian immer so fünf bis zehn Minuten hinten dran. Aber wir schafften es und kamen gerade rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang an. Die Amerikaner waren abermals beeindruckt, denn tatsächlich hatten wir die Strecke in derselben Zeit geschafft wie sie selbst.

In der Dämmerung baute ich noch schnell das Zelt auf, während Christian bei der Bäuerin, die hier in Maizal die Campsite betrieb, uns ein gekochtes Abendessen bestellte und frisches Wasser besorgte. Für 10 Soles bzw. 2,50 € pro Person bekamen wir neben einem Cocatee einen Riesenteller mit frisch angebratenen Kartoffeln, Reis, etwas Gemüse und einem Spiegelei oben drauf. Das ganze über offenem Feuer gemacht in einer einfachen Lehmhütte mit einem Raum, die man in Deutschland allenfalls in einem Freilichtmuseum vermuten würde. Hier aber kochten, lebten und schliefen unsere Gastgeber. Die Hütte war dann neben einer weiteren für die geführten Touren auch alles von Maizal. Aus mehr bestand dieser „Ort“ letztlich nicht.

Das Essen war unheimlich gut. Wir konnten das Fertigzeug, das wir im Supermarkt in Cusco gekauft hatten, nach diesem anstrengenden Tag auch nicht sehen. Erstens schmeckte es teils echt grausig und zweitens waren wir heute einfach nur platt, mittlerweile ziemlich am Frieren und daher alles andere als motiviert nun selbst noch im Dunkeln vor dem Zelt in der Kälte zu kochen. Sobald die Sonne hinter den Bergen versinkt, kommt es direkt zum Temperatursturz hier in den Anden.

So das war der heutige Tag. Schlafenszeit war für mich um… Moment, gerade ist es 21:30 Uhr 😉 Christian selbst schläft schon seit knapp anderthalb Stunden.

So, mehr hört ihr dann morgen bzw. wenn ich irgendwann mal Handyempfang hab und all die Artikel hier hochladen kann 😉

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