24
Dez
2017

Tag 30 Mercer bis Rangiriri (26 Kilometer)

Nachdem ich am gestrigen Tag entschieden hatte, heute an Heiligabend doch keinen Restday in Mercer einzulegen, sondern bis Rangiriri weiterzulaufen, stand für mich seit dem letzten Pausentag in Paihia an der Bay of Islands heute der 18. Wandertag in Folge an. Ich vermutete, dass sich die 26 Kilometer bis Rangiriri, die weitestgehend am breiten Waikato River entlangführten und keine nennenswerten Anstiege beinhalten sollten, in einigen Stunden gut ablaufen lassen würden. Doch hatte mich darin etwas getäuscht. Ich war dann trotz nur kurzer Pausen doch deutlich über acht Stunden auf dem Track…

Nach gutem Frühstück und guter Nacht, startete ich um kurz nach 8 Uhr auf den Trail. Es standen „nur“ 26 Kilometer bis ins Örtchen Rangiriri an, die weitestgehend auf einem Track neben dem Waikato River und damit nicht auf Schotter oder Ashphalt verliefen.

Der Himmel zeigte sich bereits frühmorgens in strahlendem Blau und die Sonne schien. Ich freute mich auf den Tag und etwas Ablenkung beim Wandern vom heutigen Heiligabend, den ich nicht bei meiner Familie verbringen konnte. Ich hoffte zudem, zeitig in Rangiriri anzukommen, um am Nachmittag bei Cathys’s Pieshop – einem der besten Pieshops in ganz Neuseeland – noch einen schönen hausgemachten Pie probieren zu können.

Mit Cathy, der Besitzerin des Shops, hatte ich am Vorabend noch telefoniert. Ich würde auf der Rasenfläche hinter ihrem Haus mein Zelt aufschlagen können. Sie hätte eine Solardusche und Frischwasser, öffentliche Toiletten wären direkt bei ihrem Haus und ich könnte auch gerne über Weihnachten zwei Nächte bleiben und somit einen Restday einlegen. Elizabeth und Mckenzie planten dasselbe. Und am heutigen Heiligabend planten wir dann noch gemeinsam in den Pub gehen.

Nachdem ich Mercer verlassen hatte, führte mich der erste Teil des Trails über blühende, hügelige Farmwiesen, durch kleine Wälder und versumpfte Täler. Die kurzen steilen An- und Abstiege boten einen schönen Ausblick in die Landschaft hier. Diese ersten Kilometer waren allerdings streckenweise auch eine harte und schweißtreibende Arbeit am frühen Morgen. Insbesondere das Laufen durch die oftmals schulterhoch und dicht blühenden Gräser war nicht gerade einfach. Den unter den Gräsern liegenden Track, der im besten Fall als Trampelpfad bezeichnet werden kann, konnte man oftmals nur erahnen und jeden zweiten Schritt blieb man mit seinen Schuhen in den hohen, über den Pfad ragenden Gräsern hängen.

Eine erste kurze Pause machte ich bereits nach wenigen Kilometern. Dabei fiel mir auf, dass meine Schuhe neben der teils schon deutlich abgelaufenen Sohle weitere Abnutzungserscheinungen zeigen. Das viele Salzwasser der vergangenen Wochen und die permanente Sonneneinstrahlung lassen das wenige Leder an meinen Trailrunners mittlerweile doch brüchig werden. Zudem löst sich das Gummi der Sohle an einigen Stellen ab. Knapp 950 Kilometer sollen die Schuhe hier auf der Nordinsel noch halten. Ich hoffe das klappt. Erst dann will ich mir an sich für die Südinsel ein neues Paar gönnen.

Ansonsten leidet meine übrige Ausrüstung natürlich auch arg. Der Rucksack sieht teilweise schon ziemlich mitgenommen aus. Meine Klamotten sehen schon arg abgenutzt aus und blassen aufgrund der vielen Sonne deutlich aus. Insbesondere mein eines schwarzes Merinowollshirt wechselt doch langsam den Ton in rostbraun. Dort, wo jedoch der Hüftgurt vom Rucksack sitzt und die Schulterriemen ist es weiterhin tiefschwarz. Schaut schon etwas lustig aus.

Nach der kurzen Pause führte mich der Track direkt am Waikato River entlang. Auch hier ging es wieder beschwerlich durch hoch stehende Gräser auf Wiesen zwischen dem Flusslauf und dem State Highway No 1 entlang. Später dann wechselte der Track in ein angenehmer zu laufendes Gelände. Es ging im Schatten zwischen Büschen und Bäumen direkt am Flusslauf entlang. Auch wenn der Track hier stellenweise auch etwas zugewuchert war, war das richtig zum Genießen.

Dann kam ein ziemliches Wechselspiel, was den Track am Flussufer anging. Erst ging es für eine Weile auf einem gut zu laufenden Trampelpfad über offenes Farmland sowie auf dem Deich am Fluss entlang, dann verlief der Track neben dem Farmland in dichtem Gebüsch. Völlig zugewuchert war das hier und ich musste an mehreren Stellen mit meinem Rucksack unter dichten Büschen hindurchkriechen. Irgendwann war zumindest mit Rucksack kein Weiterkommen werden. Ich sprang über den Zaun und wechselte für einige Kilometer auf die Wiesen des Farmlandes. Da kletterte ich doch lieber über einige Dutzende Holz- und Elektrozäune – Stomschlag inbegriffen – und rollte mich unter Stacheldrahtzäunen hindurch, als für die wenigen Kilometer im Gebüsch Stunden aufzubringen.

Ich passierte noch einige Kuhherden. Von denen machten einige bereitwillig Platz vor mir, wiederum andere liefen mir neugierig für ein paar Hundert Meter hinterher. Komisches Gefühl, so ne Kuhherde im Schlepptau zu haben. Da, wo für mich der Elektrozaun jedoch kein Hindernis darstellte auf meinem weiteren Hike, war für die Kühe dann Endstation.

Fast am Ende des River Tracks erreichte ich einen schönen Aussichtspunkt, an dem ich eine zweite Pause machte. Von hier aus waren es bis Rangiriri noch knappe neun Kilometer, davon acht auf einem Mix zwischen Trail und Straße. Zuvor tauchte ich meine Schuhe nochmal tief in einem Sumpf ein 😉 Auf der Straße dann ein weiterer Trailangel: ich war ziemlich kaputt wegen der Hitze heute, als ein Auto neben mir hielt und der Fahrer mir doch glatt ein Eis herausreichte. Klasse!

In Rangiriri angekommen, bin ich dann direkt herzlich von Cathy aufgenommen worden. Sie machte mir einen riesigen Salat und den besten Steak & Cheese Pie, den ich bislang hatte. Leider habe ich kein Foto davon, so schnell habe ich den verputzt. Zudem lud mich Cathy direkt zum Christmas Lunch am nächsten Tag ein. Wir würden gemeinsam kochen und den Weihnachtstag genießen.

Elizabeth und Mckenzie sind spät auch noch gekommen. Unser geplanter Pubbesuch fiel zwar aus, da der Pub heute geschlossen hatte, aber wir hatten bei Cathy noch einige Biere zusammen und haben den Heiligabend genossen.

Tja, im Übrigen hab ich heute auf meiner Wanderung jede Menge Weihnachtslieder gesummt… Es ist schon merkwürdig hier bei bei strahlendem Sonnenschein und warmen Wetter an Heiligabend durch blühende Gräser und Wiesen zu marschieren und nicht bei meiner Familie zu sein. Normalerweise würde ich jetzt wahrscheinlich letzte Vorbereitungen für den Abend treffen, einen Weihnachtsfilm schauen oder sowas ähnliches.

Axel hat sich ansonsten auch noch gemeldet. Er ist statt dem offiziellen Trail auf direktem Wege auf der Straße Richtung Hamilton gelaufen und befindet sich nun in Huntley auf einer Campsite, ungefähr 16 Trailkilometer von Rangiriri entfernt. Mal schauen, wenn er etwas länger Pause macht, werde ich übermorgen vielleicht zu ihm aufschließen können.

Und zuletzt: ich wünsche euch allen ein wahnsinnig schönes und besinnliches Weihnachtsfest! Ich bin in Gedanken bei euch allen!

Hier noch weitere Bilder:

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