19
Dez
2017

Tag 25 Stillwater bis Rahopara Point (19 Kilometer)

Wow, was für ein Tag! Oder besser: Wow, was für ein geiler Abschluss am Tag! Nach der nicht ganz unkomplizierten Querung des Okura River habe ich das Stadtzentrum von Auckland in Sichtweite und damit ein riesiges Zwischenziel des Te Araroa Trails nach 25 Tagen auf dem Trail nun direkt vor Augen…

Ich bin heute nach richtig guter Nacht erst um 7 Uhr aus dem Schlafsack und dem Zelt gekrochen. Es war total cool und entspannend, heute wegen der zwangsläufig am Nachmittag zu nutzenden Low Tide bei der Querung des Okura River erst spät aufzubrechen. Anna und ich hatten uns am Vortag noch mit Eiern und Speck eingedeckt und so haben wir am Morgen zunächst total entspannt mit Rührei und Speck gefrühstückt. Danach habe ich mich um meinen Blog hier und um meine unzähligen Fotos gekümmert. Mein Zelt ist in all der verfügbaren Zeit am Vormittag auch endlich mal trocken geworden. Perfekter Morgen also! Wobei, eine Sache gab es da dann doch noch: ich habe hier auf dem Campingplatz im Waschraum die größte Kakerlake meines Lebens gesehen. Kennt ihr die Kakamaus aus How I Met Your Mother? Ich glaube meine Kakerlake hätte die Kakamaus zum Frühstück gefressen. Aber egal…

Bevor Anna und ich gegen 12 Uhr zur etwa noch vier Kilometer entfernten Flussmündung des Okura River aufbrachen, war auch Axel noch auf den Campingplatz gekommen. Er hatte nur einige Kilometer entfernt wild gecampt und so waren wir nun zunächst wieder komplett und gingen das Abenteuer Okura-River-Querung gemeinsam an. Das Ganze sollte nicht ganz ohne sein. Einige Kommentare in meiner Te Araroa App warnten davor, diesen Fluss bloß nur bei Low Tide zu überqueren. Selbst dann sollte es angeblich kein einfaches Unterfangen sein.

Der Weg zur etwa einen Kilometer breiten Flussmündung des Okura River führte zunächst durch schöne Gras- und Buschlandschaften sowie entlang der Küstenlinie auf dem Okura Bush Walk.

Nach etwa 45 Minuten hatten wir bereits den Dacre Point erreicht: die Engstelle, an der wir den Fluss queren würden. Es verblieben noch etwa zweieinhalb Stunden bis zur Low Tide. Dennoch wagte ich mich schon mal ohne Rucksack in die Strömung, um den genauen Weg auzuloten und zu testen wie hoch das Wasser wirklich reichte. Die ersten 700 Meter kam ich gut vorran. Das Wasser reichte mir zumeist nur bis zum Knie. Das eigentliche Flussbett war da jedoch noch nicht überquert. Als ich dieses erreichte, tastete ich mich langsamer vor, da das Wasser doch mit jedem Schritt an mir höherstieg. Als es mir bis zur Brust reichte, brach ich ab. Zu gefährlich. Wir würden noch warten müssen.

Auf dem Rückweg kämpfte ich dann etwas gegen die Strömung und den zusätzlich vom Land kommenden Wind an. Insgesamt brauchte ich für das gesamte Hin und Zurück sicher eine halbe Stunde bis ich wieder an Land bei Anna und Axel war. Irgendwie verrückt: unterwegs hatten sich neben mir als ich im knietiefen Wasser stand, zweimal so hektische Bewegungen seitlich von mir ergeben. Ich schob es auf Fische, zu sehen bekam ich jedoch nur aufgewühlten Schlamm und Meeresboden. Beim dritten Mal jedoch glitt direkt einen halben Meter von mir aus einer dieser Schlammwolken im Wasser ein ziemlich großer Rochen an mir vorbei… Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Offensichtlich habe ich die Tiere bei meiner Testquerung des Okura River ordentlich aufgeschreckt.

Wir warteten noch etwa bis 14 Uhr – eine Stunde vor Low Tide – ehe wir dann unsere Rucksäcke mit dem weitestgehend wasserdicht verpacktem Inhalt schulterten und gemeinsam die Querung versuchten. Das Wasser war deutlich zurückgegangen. Dort, wo ich vor einer Stunde noch etwa knietief im Wasser stand, wanderten wir nun weitestgehend auf Sandbänken oder im maximal knöchelhohen Wasser. Ganz anders jedoch: die Querung des eigentlichen Flussbettes. Es ging immer tiefer ins Wasser hinab. Anna und Axel warnten mich noch, dass mein Rucksack gleich ins Wasser eintauchen und sich vollsaugen würde. Ich überlegte kurz, nahm den Rucksack dann ab und versuchte gemeinsam mit Anna im knietiefen Wasser umständlich meine Trekkingstöcke darin zu verstauen. Nachdem wir dann auch Annas Trekkingstöcke sicher verstaut hatten, nahm ich meinen Rucksack über den Kopf und marschierte weiter in das Flussbett hinein. Nach kurzer Zeit reichte mir das Wasser bereits bis kurz unter die Brust. Dann merkte ich jedoch, dass es nicht tiefer in das Flussbett hinabging und kurze Zeit später stieg das Flussbett auch wieder in Richtung der anderen Uferseite an. Die Querung war geklappt. Ein tolles Abenteuer und sicher eine gute Vorbereitung für die vielen Flussquerungen auf der Südinsel Neuseelands.

Pitschnass verweilten wir noch eine Weile auf der anderen Uferseite ehe wir uns an den weiteren Trail machten. Die nassen Klamotten behielten wir weitestgehend an. Die Sonne brannte und von landwärts blies ein warmer Wind, der die Sachen in recht kurzer Zeit komplett trocknete. Auch wenn natürlich einige häßliche Salzwasserflecken geblieben sind, die wir sicher in nächster Zeit mit normalen Wasser aus den Klamotten waschen werden.

Der weitere Trail führte auf einem vier Kilometer langen Coastal Walk zwischen Küste und einigen Feldern durch schöne Natur bis zur Long Bay. Unterwegs erblickten wir von einer Hügelkuppe aus das erste Mal am Horizont den Sky Tower von Auckland. Tolles Gefühl, nach so vielen Tagen nun so kurz vor der Stadt zu sein.

Auf dem North Shore Coastal Walk ging es anschließend in die dicht besiedelte Vorstadt hinein, wo sich unsere Wege auch erstmal trennten. Es ging durch einige sehr hübsche Gegenden mit schicken, großzügigen Einfamilienhäusern bzw. Villen und meist sehr gepflegten Gärten. Insgesamt waren es deutlich weniger Roadwalkingkilometer am heutigen Tag als gedacht, da der Te Araroa in diesem Teil Aucklands auf einfachen Fußwegen und Pfaden auch noch viel an den Klippen oder über kleinere, zumeist belebte Strände in kleinen Buchten entlangführt. Insgesamt war das Hiken hier in der Stadt damit heute deutlich entspannter als gedacht. Vermutlich morgen, wenn es auch in den Stadtkern und die sozial ärmeren Viertel Aucklands und dessen Brennpunkte geht, wird sich das ändern.

Um 18:30 Uhr erreichte ich schließlich über den Kennedy Park den Rahopera Point: einen im Park gelegenen Aussichtspunkt auf den Klippen mit einer sehr schönen Aussicht auf das Stadtzentrum von Auckland. Hier habe ich mittlerweile auch quasi mitten in der Stadt bzw. im Park mein Zelt aufgeschlagen. Axel hatte diesen Spot empfohlen bekommen. Ein Verbotsschild habe ich hier nicht gesehen, dürfte also alles gutgehen 😉

Nachdem ich mir zum Abendessen Instant Nudeln mit Thunfisch gemacht und zum Nachtisch eine Mango (hier im Supermarkt umgerechnet nur 30 Cent) verdrückt hatte, kam gegen 19:30 Uhr auch Axel an. Anna ist derweil von ein paar Kiwis aufgelesen worden und verbringt die Nacht dort.

Später am Abend traf ich am Rahopara Point auf Terence, der als Kind aus Malaysia nach Neuseeland gekommen ist. Cooler Typ! Wir haben uns sehr nett unterhalten. Terence war ganz begeistert von dem Walk und den vielen Erlebnissen, die ich bereits hatte, noch haben werde und wie es zu diesem Abenteuer gekommen ist. Und was total klasse war: Terence teilte mit mir tatsächlich noch seine Pizza vom Pizza Hut, die er sich kurz zuvor geholt hatte. Für mich damit defintiv ein weiterer Trailangel! Vielen Dank Terence! Terence, if you read this: thank you so much again for sharing your pizza with me 🙂 It was so nice to meet you. Find your way and live your dreams!

Morgen erreiche ich dann endlich das Stadtzentrum von Auckland und damit ist für mich mental ein Riesenschritt auf dem Te Araroa getan und ein großes Zwischenziel erreicht. In Auckland bin ich vor knapp viereinhalb Wochen mit dem Flugzeug gelandet und von dort aus bin ich in den Norden zum Start des Te Araroa bei Cape Reigna gefahren. Irre, nun habe ich seitdem fast 600 Kilometer zu Fuß zurückgelegt, bin endlos lange Strände entlanggewandert, habe mich durch dichten und matschigen subtropischen Dschungel gekämpft, eine Vielzahl an Bergen erklommen, wunderschöne Landschaften gesehen, mich tagtäglich für dieses Wahnsinnsvorhaben motiviert, tagtäglich aufgrund dieses Wahnsinnvorhabens gezweifelt und nun stehe ich seit heute tatsächlich wieder vor Auckland…

Ich habe am Abend lange noch vom Rahopara Point auf die funkelnden Lichter Ausklands mit seiner kleinen Skyline geschaut und diesen Augenblick genossen. Morgen würde ich das Stadtzentrum wieder erreichen. Vom Rahopara Point aus sind es nur noch knapp zwölf Kilometer bis zum Devonport Harbour. Von dort aus werde ich dann mit der Fähre über den etwa einen Kilometer langen Meeresarm bis zum Hafen von Auckland und in die City hin übesetzen und dann möglichst noch einige Kilometer machen.

Übrigens, so sieht ein neuseeländischer Christmas Tree aus. Dieser Baum, der wirklich so heißt, blüht hier knapp vor Weihnachten überall in wundervollem Rot auf – ein bißchen wie der bei uns bekannte Weihnachtsstern. Danach schließen wie üblich weitere Bilder an 😉

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