16
Dez
2017

Tag 22 Omaha Forest bis Kraack Hill (22 Kilometer)

22 Kilometer an Tag 22. Was laufe ich wohl in 100 Tagen? Okay, Spaß beiseite. Das ist purer Zufall 😉 Im Vergleich zu den letzten Etappen sind 22 Kilometer natürlich auch nicht so viel, allerdings war ich nach dem Aufstehen um 4:30 Uhr und der Erklimmung des Mount Tamahunga ab 5 Uhr im Dunkeln, nur mit Stirnlampe bewaffnet, am Nachmittag nach schwierigem Gelände im Omaha und Dome Forest ziemlich geplättet…

Aufgestanden bin ich wie gesagt um 4:30 Uhr. Anna und ich hatten uns am Vorabend dazu verabredet, frühzeitig aufzustehen und den Restanstieg des Mount Tamahunga im Dunkeln mit unseren Stirnlampen vorzunehmen. Pünktlich zum Sonnenaufgang um 5:58 Uhr wollten wir dann oben sein und eine hoffentlich schöne Aussicht von dem Gipfel auf 432 Metern genießen.

Die Nacht selbst war trotz zweiter Ibuprofen so mittelmäßig. Richtig gut geschlafen habe ich nicht. Irgendwie haben mir die hohen Gräser vom Vortag, durch die ich gelaufen bin, zugesetzt. Ich war den Abend und die Nacht lang ziemlich verschnupft. Zudem zeigte sich vom stacheligen Stechginster, durch den ich ebenfalls an mehreren Stellen durch bin, an meinen Armen und Beinen eine juckende allergische Reaktion, die für Unruhe im Schlaf sorgte. Seit heute morgen fühlt sich aber glücklicherweise wieder alles normal an.

Den Anstieg auf den Mount Tamahunga – von unserer Campsite ging es zunächst noch über einen Hügel und dann im Wald bzw. Busch im vorbeiziehenden Frühnebel weiter – begannen wir um 5 Uhr morgens. Es war noch völlig duster und das wenige Licht unserer Stirnlampen verlieh dem Dschungel dann doch mal ein ganz anderes, so von uns noch nicht gesehenes Erscheinungsbild. Die Wegfindung war glücklicherweise kein Problem. Der Aufstieg selbst war kurz, aber anstrengend mit kurzer Kletterstelle. Nervig allerdings: unzählige Spinnenweben. Gefühlt erwischte ich mit meinem Gesicht alle 10 Meter im Aufstieg ein im Aufbau befindliches Spinnenetz und wischte mir das dann wieder herunter.

Nach 50 Minuten waren wir pünktlich zum Sonnenaufang oben. Aussicht leider kaum. Der Mount Tamahunga war vollends in Wolken gehüllt, auch wenn knapp über uns bereits das Blau des Himmels durchschien. Vom Sonnenaufgang bekamen wir also nicht viel mit. Einzig ein zwei mal ließ sich durch eine dünner werdende Wolkenschicht erahnen, welche Aussicht und welch schöner Sonnenaufgang sich uns ohne Wolkenumhüllung des Gipfels geboten hätte. Egal, die Gelegenheit zu schönen Sonnenaufgängen wird es auf dem Trail sicher noch öfters geben.

Oben haben wir noch ganz in Ruhe gefrühstückt. Anna ist dann nach ca. einer Stunde aufgebrochen und ich eine weitere Stunde später. Ich hatte den guten Handyempfang auf dem Gipfel mal genutzt, um nach Hause zu telefonieren. Mit den 12 Stunden Zeitunterschied, die zwischen Deutschland und Neuseeland liegen, ist es gar nicht so einfach eine passende Zeit abzustimmen, zumal ich morgens meist recht früh auf dem Trail bin.

Durch dichten Dschungel ging es dann einer Wetterstation vorbei. Keine Ahnung, ob mich die Station abgelenkt hat, aber kurz nach der Station hab ich mich doch glatt kurz verlaufen und bin einem Trail gefolgt, der im Nichts an einem Abhang endete. Also wieder kehrt gemacht und den eigentlichen Trailverlauf gesucht. Witzig ist, dass Anna, als ich sie später traf, erzählte, wie sie kurz nach der Wetterstation sich doch glatt kurz verlaufen hat und an einem Abhang endete…

Meinen letzten Schluck Wasser hatte ich gegen 7:30 Uhr oben auf dem Mount Tamahunga getrunken. In 3 Kilometern sollte immerhin ein Flusslauf kommen, an dem ich neues Wasser aufnehmen konnte. Als ich am Flusslauf ankam war ich schon ziemlich durstig. Irgendwie war es am Morgen recht schwül. Später hatte dann die Sonne die Wolken verdrängt. Jedenfalls freute ich mich darauf, mich gleich richtig satttrinken zu können. Problem: der kleine Flusslauf war ziemlich ausgetrocknet. Nur noch ein winziges Rinnsaal, an dem ich kaum etwas Wasser auffangen hätte können, plätscherte da noch langsam vor sich hin. Na das kann ja spannend werden so ohne Wasser die nächsten Anstiege, dachte ich.

Als ich den Wald verließ hatte ich bereits eine staubtrockene Kehle. Dann ging es über eine dieser staubigen Schotterstraßen, die meine ohnehin schon staubtrockene Kehle noch staubiger und noch trockener machte. Der nächste Fluss war noch sieben Kilometer entfernt und die Sonne lief gerade zur Höchstform auf. Shit, dachte ich, das wird hart. Zudem hoffte ich, dass der nächste Fluss nicht auch noch ausgetrocknet war. Das einzig gute: wenn man kein Wasser mitschleppt, ist der Rucksack überraschend leicht. Think positive. Yeah!

Die totale Dürre in meiner Kehle hatte ich vier Kilometer weiter am Ende der Schotterstraße. Erfolglos hatte ich schon versucht, bei einem Haus am Rande der Straße um Wasser zu bitten, aber es war niemand zuhause. Da traf ich am Ende der Straße, bevor der Track wieder in den Wald führte, doch tatsächlich einen Farmer, der am Wegesrand mit seinen Hunden saß und Ukulele spielte. Halluzinierte ich schon? Ne, dachte ich. Meine Phantasie hätte ihm für das perfekte Gesamtbild immerhin noch einen Strohhut aufgesetzt. Also hab ich den Mann freundlich angesprochen und wurde kurze Zeit später von seiner Frau mit zwei neu gefüllten Wasserflachen versorgt. Einen dreiviertel Liter habe ich dann direkt vom Fleck weg weggetrunken… Da hab ich wohl Glück im Unglück gehabt. Positives Denken zahlt sich wohl aus… Ich verabschiedete mich freundlich, streichelte die Hunde nochmal und machte mich dann wieder auf den Weg.

Wenn immer ich hier Hunde sehe und es gibt einige hier, vermisse ich meine Hündin Finja natürlich sehr stark. Da fällt mir dann auch immer wieder auf, wie lange ich eigentlich unterwegs bin und wie lange es noch dauert bis ich die Kleine wiedersehe…

Nach dem Omaha Forest folgte der Dome Forest. Der Track war teilweise extrem verwurzelt, mit vielen An- und Abstiegen und daher entsprechend schwierig zu gehen, aber der Wald war wirklich schön. Auch wenn ich mich hier ebenfalls im Dschungel wähnte, war dieser Wald insgesamt etwas lichter und bot daher mehr Aussicht in den Wald selbst. Eine Machete hätte ich hier nicht gebraucht, dafür leisteten die Trekkingstöcke und meine Arme im An- und Abstieg Schwerstarbeit.

Den ersten Teil des Waldes gab ich ziemlich Gas. Ich dachte, dass Anna vor mir wäre. Eingeholt habe ich jedoch nur Elizabeth und Mckenzie, die gestern Abend noch einige Kilometer weiter gelaufen waren als wir. Als ich dann an einem Flusslauf eine Pause machte, tauchte Anna dann doch tatsächlich hinter mir auf. Sie hatte auf der Suche nach Wasser ebenfalls an einem der Häuser an der hinter uns liegenden Schotterstraße geklopft und war direkt zum Frühstück eingeladen worden. Dort hatte ich sie dann überholt.

Der Track folgte dem Flusslauf für einige Zeit, ehe er dann auf eine Forststraße abbog und steil hinaufging. Kurz vor einem Gipfel wurde er wieder zu einem verwurzelten, deutlich schwieriger zu begehenden Pfad. Dieser führte im steten Auf und Ab schweißtreibend über einige Hügelkuppen und Gipfel. Manchmal hatte ich echt das Gefühl, dass hier in Neuseeland keine Kuppe und kein Gipfel ausgelassen wird… Ab und an gab es durch das meist dichte Blätterdach sehr schöne Aussichten zu sehen.

Erst gegen Ende des Tracks durch den Dome Forest wurde aus dem verwurzelten Pfad ein breiterer Wanderweg wie man ihn überall sonst beim Wandern erwarten würde. Dort traf ich bei einer Aussichtsplattform kurz hinter Trailkilometer 500 dann auf Babette und Olli, zwei weitere Thru-Hiker aus Deutschland, die gerade eine Pause machten. Die beiden sind in Cape Reigna gestartet am 21. November. Vielleicht werden wir ja nun öfters aufeinandertreffen.

Am Ende des Dome Forest führte der Track beim Dome Café aus dem Wald heraus. Ich war ziemlich hinüber. Seit dem Aufbruch nach dem Frühstück auf dem Mount Tamahunga war ich abgesehen von einer Viertelstunde Pause knappe sechs Stunden durchgelaufen. Aber Burger, Pommes und ein Bananenmilchshake würden mir sicher wieder auf die Beine helfen, dachte ich. Also direkt geordert. Als meine Bestellung kam, kam auch Anna aus dem Wald und gesellte sich dazu.

Der erhoffte Effekt meines Heißhungers trat natürlich nicht ein wie erhofft. Also noch nen Schokokuchen hinterher… Aber immer noch nichts… Egal, wir hatten uns mittlerweile dazu entschieden, noch knappe zwei Kilometer bis zu einem Farmer zu gehen, der eine Rasenfläche neben seinem Schuppen als Campsite für lau für Te Araroa-Hiker anbietet. Die Entscheidung war aber auch etwas zwangsläufig. In 25 Kilometern führt der Trail ganz offiziell für 8 Kilometer mit dem Kayak auf dem Puhoi River bis zur Mündung des Flusses in den Pazifik weiter. Die Tour kann man allerdings nur nach der High-Tide, also bei abfließendem Hochwasser machen. Dafür müssten wir morgen früh gegen 9 Uhr bereits 25 Kilometer weiter sein. Unddenkbar, die Nacht durchzuwandern. Also entschieden wir uns dazu, morgen bis nach Puhoi zu laufen, dort möglichst wild zu zelten, um dann übermorgen die Tour mit dem Kayak zu machen.

Mein Abendessen fällt heute glaub ich aus 😉 Aber weitere Fotos gibt es:

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