21
Mrz
2018

Tag 117 Fern Burn Hut (Zeroday)

Das erste Mal auf dem Trail saß ich einen kompletten Tag in einer Hütte fest. Es war zum einem der zeitweise Starkregen, der aus den tief in den Bergen hängenden Wolken strömte. Daneben waren vor allem meine Knieprobleme einer der Gründe dafür, dass ich heute auf dem Trail nicht weiterkam und eine Pause einlegte. Aber das ist okay. Ich hatte bereits gestern aufgrund der Wettervorhersage damit gerechnet, gegebenenfalls in der Fern Burn Hut festzuhängen, und so hatte ich genug zu Essen dabei, um das schlechte Wetter mit Tobias, Hannah und Simon diesen Tag auszuharren und meinen Knien einen ganzen Tag Schonung zu geben. Zudem konnte Anna am Nachmittag aufschließen…

Mein Schlaf war die vergangene Nacht richtig schlecht. Es waren weniger die einigen Schnarcher, die es hier in der Hütte hatte, die dafür sorgten. Vielmehr merkte ich die Entzündung in meinem linken Knie. Unentwegt pochte es darin und ich hatte selbst im Liegen einen leichten Schmerz, der genügte, dass ich in der Nacht keinen wirklich erholsamen Schlaf fand. Da es zudem heute morgen direkt heftig regnete und dichte, dunkelgraue Wolken zwischen den Bergen hingen, entschied ich mich dazu, nicht auf den Track zu starten. Der Track sollte ausgesetzt, steil und nicht ungefährlich sein. Das Höhenprofil aus meiner App versprach selbiges: einen anspruchsvollen und nicht einfachen Hike hier in den Bergen.

Hannah, Simon und Tobias entschieden sich ebenfalls dazu, bei diesen Konditonen nicht zu starten und so verbrachten wir den Tag gemeinsam in der Hütte während alle anderen Hikern, die „nur“ einen Kurztrip hier in die Berge unternommen hatten, in einer der trockeneren Perioden am Vormittag Richtung Lake Wanaka abstiegen.

Nach einem späten und ausgiebigem Frühstück schrieb ich zunächst meinen Blogartikel vom gestrigen Tag fertig. Anschließend setzte ich mich mit dem weiteren Trailverlauf auseinander. Das war schon merkwürdig, denn erstmals blickte ich auf das gesamte restliche Kartenmaterial bis Bluff, dem Ziel meiner Reise. Ich ging die Trailbeschreibung im Kopf durch. Vielleicht noch zweieinhalb bis drei Wochen, dann würde ich in Bluff ankommen und meine Reise wäre (fast) zu Ende. Um den 10. April herum würde ich vermutlich am Stirling Point, dem Endpunkt des Te Araroa ankommen. Ich hätte dann 3.041 Kilometer zurückgelegt neben einigen zusätzlichen Kilometern durch meine Sidetrips. Doch was würde dann kommen? Ich wäre dann viereinhalb Monate lang beinahe jeden Tag gelaufen und alles, was dann käme, würde eine erneute wahnsinnige Umstellung meines Lebens bedeuten. Sicher, das würde nicht urplötzlich geschehen. Immerhin würde mein Rückflug nach Deutschland erst am 20. April gehen und ich plane derzeit für die Zeit dazwischen einen weiteren mehrtägigen Hike auf Stewart Island, einer noch südlich der neuseeländischen Südinsel gelegenen Insel, ein, aber danach… Das würde schon merkwürdig werden. Dessen werde ich mir immer mehr bewusst.

Viele Long-Distance-Hiker kämpfen nach dem Trail mit einer Post-Hiking-Depression. Kein Witz. Ich hoffe, ich bleibe davon verschont. Aber wer weiß das schon. Ich freue mich auf zuhause, darauf Bluff zu erreichen und den Te Araroa, so mich hoffentlich nichts davon abhält, in einigen Wochen abzuschließen, gleichzeitig werde ich nach diesen großartigen viereinhalb Monaten sicher auch stark damit zu kämpfen haben, wieder in (m)ein anderes Leben zurückzufinden.

Der Motatapu Track, auf dem ich mich gerade befinde, stellt die letzte längere, anspruchsvolle Bergsektion des Te Araroa dar. Hiernach wird es „nur noch“ über einige kleinere Berge, durch weite Täler und Wälder, einiges an Farmland und auch wieder am Meer entlanggehen. Nach Queenstown, das ich kurz nach dem Motatapu Track erreiche, schmelzen auch die Resupplymöglichkeiten drastisch zusammen. Ich müsste an sich in Queenstown Essensvorräte für knapp zwei Wochen bis Invercargill, was einen Tag vor Bluff liegt, mitnehmen. Vermutlich werde ich aber nicht so viel Essen tragen und auf etwa der Hälfte der Strecke nach Te Anau trampen, dort einen letzten Restday vor Bluff einlegen und meine Vorräte aufstocken.

Soweit zum weiteren Trailverlauf. Was habe ich heute sonst noch gemacht? Zunächst erstmal Schlaf nachgeholt. Gute zwei Stunden 😉 davon ab habe ich mir die Zeit noch neben dem Vernichten meiner Essensvorräte mit einem Spiel auf meinem Tablet vertrieben. So ein skandinavisches Wikingeradventure namens „The Frostrune“ rund um die nordischen Göttersagen. Sehr stimmig. Ich mag das Szenario.

Die Entscheidung, heute in der Hütte zu bleiben, war eine gute. Ab dem Nachmittag wurde der Regen stärker und stärker und dazu passend zog ein starker Wind auf. Zuvor kam tatsächlich noch Anna an. Ich hatte schon damit gerechnet, dass sie heute hier auftauchen würde und freute mich sehr sie wiederzusehen. Vielleicht würden wir nun, beide ausgeruht, ein paar Tage länger zusammen hiken. Gerne auch mit den anderen. Ich denke wir wären eine nette Truppe 🙂

Ich hoffe das Wetter schlägt morgen dann um. Es wäre schön, den Motatapu Track richtig genießen zu können und vor allem von den vielen Bergen, die ich hier auf dem Track passiere, nochmal einige fantastischen Aussichten zu haben. Vermutlich werden Anna und ich einen frühen Start morgen wagen, um bis zur übernächsten Hütte, der Roses Hut, zu gelangen.

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