20
Mrz
2018

Tag 116 Lake Wanaka Outlet bis Fern Burn Hut (32 Kilometer)

Meine Knie machen mehr und mehr Probleme. Ich laufe nun am Ende von Tag 116 mit zwei Kniebandagen und die restlichen paar hundert Meter zur Hütte humpelte und schleppte ich mich den ausgesetzten Track im Hang neben dem Canyon des Fern Burn Stream zur Fern Burn Hut hinauf. Dabei hatte sich zuvor alles eine ganze Weile gut angefühlt. Bis zum Abend habe ich auf den schönen, weitestgehend einfachen Tracks am Ufer des Lake Wanaka nichts gemerkt und dann fuhr der Schmerz wieder hinein in mein linkes Knie…

Der Track heute morgen startete einfach. Es ging auf einem einfachem, völlig flachem Weg am Ufer des Lake Wanaka entlang.

Nach kurzer Zeit wurde es auch bereits deutlich besiedelter. Ich kam dem Touristenzentrum Wanaka langsam näher. Hübsche Ferien- und Wohnhäuser, gepflegte Gärten mit geschnittenen Hecken und grünen Rasenflächen, und der Track selbst wurde zu einem richtig guten Spazierweg in parkähnlicher Landschaft. Unzählige Einwohner unternahmen mit ihren Hunden hier ihren Morgenspaziergang. Über den Yachthafen gelangte ich in das Zentrum.

Wanaka ist neben Queenstown, das ich einigen Tagen erreiche, das Zentrum hier. Ich würde dort etwas länger Halt machen und für die nächsten Tage und den letzten längeren und nochmal wirklich herausfordernden Bergabschnitt des Te Araroa resupplyen. Danach würde ich weiterlaufen. Heute sollte das Wetter gut sein und ich wollte das nutzen. Für heute war ein Sonne-Wolken-Mix mit einigem Wind angekündigt. Ab morgen sollte es dann regnen.

An der Uferpromenade am Lake Wanaka kehrte ich in ein Café ein. Ich stärkte mich erstmal mit einem zweiten Frühstück: ein Pflaumenpancake und Cappuccino 🙂

Anschließend suchte ich in drei Läden einen Squeeze Bag. Nicht aufzutreiben. Unglaublich. Die Dinger gehen jedem Hiker kaputt und hier hat man die in keinem Outdoor-Sportgeschäft. Aber mit der Pepsiflasche geht das auch, also kein Problem.

Meinen Resupply erledigte ich auch noch wie geplant und in der Apotheke besorgte ich mir eine Bandage für mein rechtes Knie. Nun hält mich nichts mehr auf. Haha… dachte ich zumindest noch am Vormittag 🙂

Um 12 Uhr machte ich mich wieder auf den Trail. Ich ging von einem erneut gemütlichen Hiken auf einem flachen Weg für weitere 15 Kilometer am Seeufer aus. Stattdessen kam ich regelrecht ins Schwitzen. Anfangs war der Walking- und Bike-Track noch flach, dann ging er jedoch im Auf und Ab, gesprengt in die Klippen, weiter. 60 Meter rauf, 60 Meter runter, 30 Meter rauf, 30 Meter runter, 70 Meter rauf, 70 Meter runter. Kilometerlang. Erst das letzte Stück an der Glendhu Bay verflachte wieder. Aber mit Musik geht ja alles leichter.

Kennt ihr das, wenn man ein Lied gerade so gut findet, dass man m es rauf- und runterhört. Das ging mir bei diesem Abschnitt so. Jetzt fragt ihr euch, welches Lied. Ein Klassiker. Moonlight Shadow von Mike Oldfield. Klar, nicht zu vergleichen mit dem Mittelalterrock von Schandmaul der vergangen Tage, aber mir war danach. Japp, kilometerlang 😉

Um 16 Uhr erreichte ich den Start des Motatapu Alpine Track. Drei bis vier Tage würde ich laut Trailbeschreibung für die nur 48 Kilometer lange Sektion benötigen. Es würde über gleich vier Berge bzw. Bergketten hinweggehen und versprach richtig anspruchsvoll zu werden. Das einfachste Stück sollte dabei noch das vor mir liegende sein: sechseinhalb Kilometer und drei bis vier Stunden zur Fern Burn Hut. Nach einer Pause, in der ich einen der in Wanaka gekauften Äpfel aß, brach ich auf.

Nach zweieinhalb flachen Kilometern in Farmland gelangte ich in einen lieblichen, richtig schönen Wald, dem ich nach einem zunächst flach verlaufenden Stück dann steil ansteigend neben dem rauschenden Wasser des Fern Burn Stream durch dessen Canyon aufstieg. Zwei weitere Kilometer später brach ich aus dem Wald heraus, noch immer in der Schlucht des Fern Burn Stream, in eine Gras- und Felslandschaft.

Von hier ging es nun auf einem ausgesetzten Pfad weitere zwei Kilometer bis zur Hütte hinauf. Und auf einmal war er wieder da, der Schmerz im Knie. Die Bandage hatte ich am rechten. Das war zuletzt deutlich schlimmer, aber mit diesem hatte ich heute vermutlich aufgrund der Stütze keine Probleme. Der Schmerz war nur im linken Knie und kam wieder alle paar hundert Meter.

Es war nur noch ein Kilometer bis zur Hütte und daher schleppte ich mich weiter. Aber nach ein paar weiteren hundert Metern war ich abermals nur noch humpelnd unterwegs. Der Schmerz fuhr bei jedem Auftreten in mein Knie. Ich stoppte und wechselte die Bandage. 700 Meter noch.

Ich brauchte über eine halbe Stunde für dieses letzte Stück. Dann war ich endlich die über 400 Meter vom Seeufer aufgestiegen und an der Hütte, die mit 12 Leuten voll belegt war, angelangt. Die meisten von ihnen hatten nur einen Tagestrip unternommen, aber da waren auch die amerikanischen Te Araroa-Hiker Hannah und Simon und zu meiner richtig großen Freude Tobias aus Australien. Ich hatte ihn das letzte Mal in Wellington gesehen vor über 800 Kilometern. Ich wusste aus den Hüttenbucheinträgen zuletzt, dass er nur noch knapp vor mir war. Wir standen auch seit gestern mal wieder per Smartphone in Kontakt und ich hatte vermutet, ihn vielleicht hier oben anzutreffen. Klasse, ihn wiederzusehen!

Wir tauschten einige Trailstories über die vergangene Zeit und unsere Erlebnisse aus. Ich erzählte ihm auch von meinen Knieproblemen zuletzt und er gab mir, supercool von ihm, eine zweite einfache Bandage für mein anderes Knie, die er nicht benötigte.

Ich war letztlich spät in der Hütte angekommen, so gegen 19:30 Uhr. Und bevor es dunkel wurde machte ich mir erstmal mein Dinner. Danach quatschte ich noch eine Weile mit Dita aus Tschechien, die für ein Jahr in Neuseeland ist und nun einen Kurztrip in die Berge unternahm. Anschließend konnte ich meine in St. Arnaud bei den Hikerlympics schon erprobten Schleichen-in-der-Hütte-Skills weiter ausbauen, denn tatsächlich schliefen alle bereits schon früh nach Einbruch der Dunkelheit.

Eine Matratze habe ich trotz der voll belegten Hütte übrigens noch bekommen, so dass ich nicht mein Zelt aufbauen musste. Ein sehr nettes schwedisches Paar überließ mir eine ihrer Matratzen und begnügte sich selbst mit nur einer Matratze.

Für morgen ist ja wie gesagt sehr schlechtes Wetter angekündigt. Teils soll es Starkregen geben. Ich werde daher morgen eventuell nur zu ersten Hütte weiterlaufen können oder, wenn es zu stark regnet, hier in der Hütte festhängen und zwangsläufig einen Restday einlegen müssen. Der folgende Track soll stark ausgesetzt und mit sehr steilen An- und Abstiegen sein. Weder was für Schlechtwetter noch für kaputte Knie. Aber das werde ich dann morgen entscheiden. Hannah, Simon und Tobias werden gegebenenfalls auch in der Hütte ausharren und auf besseres Wetter warten, sofern es wirklich so schlecht wird wie angekündigt.

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