14
Mrz
2018

Tag 110 Lake Tekapo bis Pukaki Flats (53 Kilometer)

Wumms! 53 Kilometer! Mein erster 50k-Day und auch mein bislang längster Tag, sowohl von der Strecke als auch von der Zeit. Ich bin früh morgens mit dem Licht meiner Stirnlampe gestartet und bis abends um 19 Uhr gelaufen. An sich hatte ich „nur“ vor bis zur etwa 44 Kilometer entfernten Pines Camping Area am Lake Pukaki zu hiken – auch das wäre von der Strecke mein längster Tag gewesen -, aber dann habe ich doch noch neun Kilometer draufgesattelt und stehe nun in den Pukaki Flats kurz vor dem Ort Twizel…

43 Kilometer bis zur Pines Camping Area. So sah zu mindestens mein Plan aus und da ich nicht wusste, wie schnell sich diese Strecke – meine längste bislang – ablaufen würde, hab ich mir meinen Wecker mal auf 5.30 Uhr gestellt… Als er klingelte, dachte ich noch: Oh fu**, ich hab doch Urlaub. Aber ich war ja nun mal wach und erinnerte mich etwas fluchend an meinen Plan…

Es war ziemlich kalt heute morgen. Daher lief ich dick eingepackt im Lichte meiner Stirnlampe los. Der etwas außerhalb des Dorfes liegende Campingplatz am Lake Tekapo lag noch komplett verschlafen da und so war ich der einzige, der hier zu fast nachtschlafener Zeit seine Sachen einpackte und ins Dunkel der Nacht aufbrach.

Ich querte das Dorf Lake Tekapo und hikte dann auf einer Schotterstraße einige Kilometer zum Tekapo Kanal, der den Lake Tekapo mit dem Wasserkraftwerk am Lake Pukaki verbindet. Ganze 27 Kilometer sollte ich hier nun zunächst auf flacher Strecke neben dem Kanal, mal auf einer Schotter-, mal auf einer Asphaltstraße, den Kanal entlanghiken. Ok, das versprach wenig abwechslungsreich und belastend für die Füße und Knie zu werden. Dafür versprach es aber auch zur Abwechslung und fast schon als Besonderheit des Trails auf der neuseeländischen Südinsel trockene Füße. Tatsächlich sollte ich diese auch den ganzen Tag über behalten.

Während ich dem türkisblauen Wasser des Kanals in einer abermals gefühlten unendlichen Weite der Straße und Landschaft Richtung Lake Pukaki folgte, graute der Morgen. Nach und nach beschien die Sonne zunächst die Bergwipfel in der Ferne und dann auch die Hochebene selbst, in welcher der Kanal verläuft. Ab da lief ich zumindest nicht mehr ganz allein, denn die niedrig stehende Sonne warf für einige Zeit meinen Schatten gegenüber auf die andere Seite des Kanals.

Als die Sonne etwas höher am Himmel stand und ihre Strahlen die Morgenkälte vertrieben, legte ich zunächst eine kurze Pause ein. Erstmal Klamotten ablegen, dachte ich. Ich hatte immerhin nicht nur meinen Hoodie an, sondern auch meine Polartecjacke, mein Merinolbufftuch als Schal und meine Merinohandschuhe. Als ich gerade meine Jacke ablegen und im Rucksack verstauen wollte, zog jedoch ganz unerwartet ein kalter Wind auf. Meinen Klamottenwechsel schob ich daher nochmal auf.

Der Hike war ziemlich eintönig. Die Straße bzw. der Kanal zog sich teils kilometerweit schnurgerade durch die Hochebene. Landschaftlich bot sich kilometerlang ebenfalls dasselbe Panorama. In der Ferne waren zunächst die niedrigeren Berge der neuseeländischen Alpen im Süden zu sehen. Später, als der Kanal einen Bogen nach Westen schlug, wechselte das Panorama zu den hohen Gipfeln um den schneebedeckten Mount Cook.

Ich stöpselte meine Kopfhörer ein: Höbuchzeit… Zunächst hörte ich das sechsteilige und fast sechsstündige Hörspiel „Die drei Sonnen“ – nach einem gleichnamigen Sciene Fiction Roman aus China. Das war spannend und definitiv hörenswert. Könnt ihr euch auf der WDR-Homepage herunterladen. Bis zum Abend hörte ich später noch einige deutlich kürzere Hörbücher. Irgendwie bekomme ich jedoch nur noch auf dem linken Kopfhörer Ton. Vielleicht bekomme ich morgen in Twizel ja aber ein paar neue Kopfhörer.

Nach etwas über 18 Kilometern legte ich um 10 Uhr eine längere Frühstückspause mit einigen Salami-Käse-Wraps ein. Heute Morgen hatte es zunächst wieder nur ein paar Schokoriegel gegeben, da ich schnell auf den Track, einige Kilometer machen und später in Ruhe frühstücken wollte.

In der Pause, in der ich mich nun endlich von meiner Jacke und meinen Handschuhen befreite, fiel mir sehr deutlich auf wie sehr meine Schuhe hier im vielfach alpinen Gelände der Südinsel doch schon gelitten haben. Ich hatte mir für die Südinsel ja ein neues Paar besorgt und nun nach etwa der Hälfte der Insel weisen sie im Meshmaterial bereits einige Schnitte auf und die Gummiverstärkung an der Front löst sich an beiden Schuhen an mehreren Stellen. Ich werde versuchen in Twizel auch vernünftigen Kleber hierfür zu bekommen.

Um 13:30 Uhr war ich endlich am Ende des Kanals angelangt und begann den Abstieg zum Lake Pukaki neben dem Wasserkraftwerk an dessen Ostufer. Ich hatte bis hierhin bereits 31 Kilometer zurückgelegt.

Eine weitere Stunde später, ich war dem Seeufer Richtung Süden auf der Straße bis zu einer Stelle gefolgt, wo der Alps2Ocean-Bike-Trail, auf dem ich hikte, endlich die Straße verließ und zu einem Track wurde, legte ich eine späte Lunchpause am Seeufer ein. Das Wetter war strahlend schön. Es fegte jedoch ein starker Wind von der Seeseite und den hohen Alpen im Nordwesten her.

Die Pines Campsite erreichte ich dann gegen 16 Uhr. Oh man, wie meine Füße und Sohlen brannten. Ich sank erstmal völlig platt auf einem Stein nieder. Eine halbe Stunde später raffte ich mich wieder auf. Ich hatte zumindest etwas neue Motivation geschöpft. Es war noch früh und ich wollte die 50 Kilometer und damit meinen ersten 50k-Day vollmachen…

Zwei Kilometer später sackte ich schon wieder etwas zusammen. Die Schritte schmerzten und trotz neugewonnener Motivation kam ich nicht mehr richtig in Tritt. Dennoch, was hatte ich gestern geschrieben…? Ah ja, ich wollte mich durchbeißen in diesen Momenten. An einem kleinem Besucherzentrum am Südende des Lake Pukaki gönnte ich mir ein Eis und eine kalte Pepsi. Offensichtlich war das genau das, was mir gefehlt hatte. Hiernach fühlte ich mich richtig bereit für den Endspurt.

Vom Südende des Lake Pukaki ging es auf dem Alps2Ocean-Bike-Trail – der Track war also gut und an sich einfach zu hiken – durch die Pukaki Flats, eine Hochebene, Richtung Twizel.

Ich war wieder richtig gut in Tritt und machte noch etwas mehr wie sieben Kilometer vom Südende des Sees. Ich war sogar so gut in Tritt, dass ich noch weitergelaufen wäre, wenn ich irgendwo in Twizel die Gelegenheit gehabt hätte, umsonst unterzukommen bzw. mein Zelt aufzustellen. So zwang ich mich dann schon fast dazu meinen Hikingtag um 19 Uhr in den Pukaki Flats, einige Kilometer von Twizel entfernt, zu beenden und mein Zelt in der gräsernen Ebene mit Blick auf den Mount Cook aufzustellen. Die 50-Kilometermarke: ich hatte sie geknackt!

Nach dem Abendessen erstellte ich noch meine Resupplyliste für die nächste Sektion über den Breast Hill bis Wanaka. Denn in Twizel habe ich morgen die letzte Einkaufsgelegenheit. Da ich ja neben Lebensmitteln noch einige andere Dinge brauche, werde ich dort einige Läden aufsuchen. Neben den oben schon genannten Kopfhörern und Klebstoff für meine Schuhe werde ich mich noch nach Ersatz für meinen mittlerweile löchrigen Squeeze Bag, mit dem ich Wasser filtere, umschauen und vielleicht finde ich sogar neue Trekkingstöcke in Twizel. Ein Apothekenbesuch steht zur Aufstockung meines medizinischen Bedarfs auch an. Und zu guter Letzt: nach dem Erfolg des heutigen Tages belohne ich mich ganz bestimmt mit was tollem zu Essen in Twizel bevor es dann wieder für bis zu sieben oder acht Tage in die schnellimbisslose Wildnis geht 😉

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