Puerto Maldonado und das Tambopata National Reserve – 4 Tage im Dschungel des Amazonas
Puerto Maldonado. Nach knapp 40 Stunden Anreise von Deutschland aus sind wir in der etwas über 50.000 Einwohner zählenden Stadt Puerto Maldonado, die im peruanischen Teil des Tropenwaldes der Amazonas-Tiefebene liegt, angekommen. Und Puerto Maldonado entsprach mal so ganz unseren Erwartungen an eine südamerikanische Kleinstadt im Dschungel des Amazonas…
Je nach Wetter verstaubte oder vermatschte Straßen, auf denen sich ein hupendes Gewimmel von vor allem mehr oder weniger fahrbereiten Mofarollern, Motorädern und Motortaxis herumtrieb. Dazwischen unzählige Menschen und ebenso unzählige strreunende Hunde, die den meist lose auf den Straßen liegenden Müll durchwühlten. Für mich als Hundebesitzer ist das schon schwierig anzuschauen, aber so ist es leider in diesem Teil der Welt.
Straßenzüge und Bebauung waren ebenso passend zur Vorstellung einer typischen südamerikanischen Kleinstadt: eher trist, trostlos und irgendwie auch völlig unzusammenhangslos. Einen typischen Baustil vermochte ich hier nicht zu erkennen. Alles wirkte meist ruinös und überwiegend zusammengewürfelt. Überwiegend fiel der Blick auf mal mehr mal weniger eingefallene Häuser, die neben steinernen Wänden meist doch auch zu einer Seite oder in irgendwelchen Spalten mit einer losen Bretterverkleidung zusammengezimmert und von rostigen Wellblechdächern gekrönt waren. Die wenigen Gebäude, die vollständig aus Stein gebaut waren, meist aus rotem Backstein, waren überwiegend unverputzt. Oftmals waren sie auch nur halb fertiggestellt und im Laufe der Zeit zu Bauruinen verkommen.
Unzählige Stromleitungen hingen quer durch die Straßen und mitunter bis auf die Bürgersteige selbst hinab. In diesen wiederum fanden sich zuweilen metertiefe und ebenso breite Löcher, in die vermutlich schon mancher Passant böse hinabgestürzt ist und bei deren Anblick wir uns doch sehr wunderten.
Klingt irgendwie alles andere als schön, denkt ihr euch sicher. Und vor allem klingt es auch nicht nach einem Ort, an dem man sich so richtig wohlfühlen kann. Dennoch: irgendwie versprühte die Stadt oder vielmehr das Treiben auf den Straßen doch auch etwas von dieser typisch südamerikanischen Lebensfreude. Alles in allem waren wir aber dennoch froh, insgesamt nur eine Nacht in Puerto Maldonado zu verbringen und dann in den Dschungel aufzubrechen.
Unsere Unterkunft, das Tambopata Hostel am Rande der Innenstadt, fanden wir nach spannender Fahrt in einem Mototaxi – das ist im Grunde genommen ein mit einer Kabine umbautes Motorrad mit zwei zusätzlichen Sitzplätzen hinten. Spannend war die Fahrt, da die uns mitgeteilte Adresse des Hostels nicht stimmte und das Mototaxi irgendwie den Eindruck erweckte auf den staubigen Straßen Puerto Maldonados mit seinen vielen Schlaglöchern jeden Moment zusammenzubrechen. Letztlich tat es das aber nicht und wir kamen nach einigen Irrwegen im Hostel an.
Das Hostel selbst war überraschend gut. Einfach zwar, aber es war entgegen unserer Erwartungen sauber und bot zu unserer Überraschung sogar ein einfaches Frühstück am nächsten Morgen.
Der langen Anreise und der schwülen Hitze im Amazonas-Tiefland wegen waren wir bereits am Nachmittag unserer Ankunft ziemlich platt und wurden am ersten Abend unserer Reise auch alles andere als alt. Gerade noch ein Bier am Abend, um auf die Reise anzustoßen, und dann fielen wir auch schon platt ins Bett. Die vier Flüge und die dazwischen liegenden langen Aufenthalte ohne großen Schlaf auf den Flughäfen von Toronto, Lima und Cusco forderten dann doch ihren Tribut. Zuvor waren wir nur noch etwas durch die Straßen Puerto Maldonados bis hinunter zum Hafen gelaufen und hatten uns jeder zwei spottengünstige Burger mit eigenartig frittierten Kartoffeln und halben Bananen darauf gegönnt. Das war eine ziemlich merkwürdige erste Erfahrung mit der peruanischen Küche. Ich denke das ist noch steigerungsfähig 😉
Puerto Maldonado liegt übrigens am Zufluss des Tambopata in den Río Madre dos Dios, der wiederum ein bedeutender Zufluss des Amazonas ist. Umgeben ist Puerto Maldonado unter anderem vom Tropenwald des Nationalpark Manú und des Tambopata National Reserve. Diese Gebiete zählen zu den wenigen noch unberührten Primärwäldern des Regenwaldgürtels dieser Erde und werden durch eine Reihe von einfachen bis luxuriösen Dschungellodges erschlossen, die nur mit dem Boot zu erreichen sind. Für unseren Trip in den Amazonasdschungel hatten wir uns für eine solche einfache Lodge entschieden.
Nach der einen Nacht in Puerto Maldonado begann am folgenden Tag dann auch der vorab von uns mit dem Veranstalter „Tambopata Jungle Tours“ gebuchte viertägige Trip in den Amazonasdschungel.
Von Puerto Maldonado ging es frühmorgens mit einer Art motorgetriebenen, teils überdachtem größeren Kanu, dem Hauptfortbewegungsmittel auf dem Fluss, für knappe 20 Minuten den Río Madre dos Dios hinunter bis zur Amazon Tambopata Lodge. Ich mochte diese und spätere Fahrten auf dem Fluss, denn auch das trug irgendwie zum Dschungelfeeling bei.
Die Amazon Lodge selbst entsprach übrigens ebenso ziemlich genau unserer Vorstellung von einer Dschungellodge. Ein hölzernes, offenes, von allen Seiten vom Dschungel umgebenes Hauptgebäude, in dem wir aßen, uns ein paar Bier gönnen konnten oder einfach in der Hängematte relaxten. Ein kurzer Pfad führte zum Unterkunftsbau, der einfach aber zweckmäßig ausgestattet war. Wir bezogen hier eine Art Doppelzimmer. Ein Zimmer mit zwei Betten, dessen Wände jedoch teils nur aus Moskitonetzen bestanden. Hinten angeschlossen war ein kleines, einfach gehaltenes, offenes Bad.
Wir erwarteten einen chilligen Start unserer Perureise mit den vier Tagen im Dschungel und so sollte es auch kommen. Wir unternahmen zwar einige spannende Ausflüge, die jedoch allesamt wenig anstrengend daherkamen. Und sofern wir in der Lodge waren, relaxten wir in der Hängematte, spielten Karten mit den anderen Touris, die es hierher verschlagen hatte, oder übten uns im Schachspiel. Ich weiß, wenig spannend. Ihr wollt sicher lieber was über die Tiere hören, die wir gesehen haben oder über die ekligen Sachen, die wir gegessen haben.
Nun, um ehrlich zu sein, ekelhafte Sachen haben wir nicht gegessen. Die Verpflegung in der Lodge sah nichts besonderes in die Richtung vor. Das Essen war meist gut, wenn auch nicht reichhaltig. Oftmals kam es zu einem Run auf das Buffet, bei dem die beiden letzten in der Reihe doch manches Mal das Nachsehen hatten. Aber die Küche hat dann glücklicherweise noch mal ein wenig nachgelegt 😉
Auf unseren Ausflügen haben wir natürlich jede Menge Dschungelbewohner gesehen. Eine Dschungelwanderung brachte uns am ersten Tag schon mal direkt den Taranteln, riesigen Bullen- und kleinen, aber zahlreichen Feuerameisen, die um die Lodge herum hausten, näher. Am Nachmittag ging es dann mit dem Boot tiefer in den Tropenwald hinein bis zur Monkey Island.
Der Name „Monkey Island“ kommt einigen von euch sicher direkt mal bekannt vor. Aber um das gleich klarzustellen: Nein, das ist natürlich nicht die Insel aus der gleichnamigen Computerspiel-Adventureserie um den Möchtegernpiraten Guybrush Threepwood und seinen untoten Widersacher, den Piratenkapitän LeChuck. Sämtliche Assoziationen hierzu sind also fehl am Platz 😉 Aber es war dennoch spannend. Das Monkey Island im Tropendschungel des südöstlichen Perus ist nämlich von fünf verschiedenen Arten von Affen bevölkert, die dann auch noch nahezu ohne jegliche Scheu vor Menschen sind.
Forderte der erste Affe, der uns im Dschungel der vom Río Madre dos Dios umflossenen Insel begegnete, mit seinen Händen bittend von mir ein Stück Banane, kletterte ein weiterer Affe später doch direkt an meiner Hose und über die Arme hinauf direkt auf meine Schultern. Dort angelangt öffnete er erst mal direkt den Reissverschluss meines Rucksacks und durchwühlte diesen neugierigst nach Essen. Alles nicht essbare – und das war nun mal alles in meinem Rucksack – schmiss er im hohen Bogen aus diesem heraus. Christian wollte ihn erst noch aufhalten, aber der Affe zeterte und meckerte doch tatsächlich wie verrückt als er sich in seiner Nahrungssuche gestört sah 🙂
Hier mal ein Bild von ihm mit seinem zweiten „Opfer“ 😉
Bei einsetzender Dunkelheit unternahmen wir später auch noch eine Kaimanbeobachtungstour auf dem Fluß. Diese war leider jedoch wenig spektakulär. Zwar bekamen wir einen vielleicht einen Meter langen Babykaiman zu sehen, das war es aber auch schon. Da hatten wir auf dem Rückweg von der Affeninsel bereits dieses etwas größere Exemplar gesehen 😉
Der frühmorgendliche Besuch des Parot Clay Lick am nächsten Tag, von dem wir uns viel versprachen, war leider ebenso unspektakulär. Normalerweise tummeln sich am Parot Clay Lick – das ist eine steil am Flussufer aufragende Lehmwand – frühmorgens hunderte von Papageien aller Arten und Größen. Diese essen von dem vitaminreichen Lehm, der es durch seine bestimmten Inhaltsstoffe zudem vermag das Gift einer giftigen Frucht, die die Papageien für ihr Leben gern essen, zu neutralisieren. Das Ganze soll ein wahnsinniges Naturschauspiel sein. Wir sahen jedoch leider nur einige wenige Papageien aus der Ferne. Schade, waren wir doch extra um 4 Uhr in der Nacht aufgestanden, um das Spektakel beobachten zu können. Dafür entschädigte aber der Sonnenaufgang vom Boot ein wenig 😉
Der Lake Sandoval, zu dem wir am Vormittag des zweiten Tages mit dem Boot fuhren und wanderten, war hingegen wieder ein Highlight. In brütender Hitze starteten wir eine Kanutour auf dem See, die im sumpfigen, überfluteten Regenwald begann und dann erst auf den See hinausführte.
Am Lake Sandoval sahen wir nicht nur unzählige Arten von Schmetterlingen, Ameisen, Libellen und anderen Insekten, sondern auch Fledermäuse, Schildkröten, zig bunte, teils prähistorisch anmutende Vögel, einen sechs Meter (!) langen Kaiman und Dutzende von Affen. Diese sprangen in der grünen Wand aus dichtem Dschungel, die sich am Seeufer auftat, von Baum zu Busch und Busch zu Baum und folgten so unserem Kanu.
Daneben sahen wir auf dem See noch die sehr selten anzutreffenden Riesenotter, die sogar kleine Kaimane auf ihrem Speiseplan stehen haben. Als wir uns in der Seemitte befanden tauchten mehrere Otter unter unserem Kanu hinweg und auf der anderen Seite bellend wieder hervor. Schönes Erlebnis!
Der dritte Tag der Dschungeltour hielt etwas mehr Bewegung und Action für uns bereit. Zum Glück… Denn mittlerweile hatten wir das viele Relaxen in der Lodge und mitunter auf den Touren selbst doch etwas über. Wir hatten zwar ein entspanntes, irgendwie aber nicht so entspanntes Programm erwartet, wie es dann tatsächlich ausfiel. Vermutlich weil wir gedanklich doch schon aufs Hiken und Bergsteigen getrimmt sind und den geplanten Wanderungen entgegenfiebern.
Aber zurück zur Action am dritten Tag. Nein, damit meine ich nicht das Piranha- und Catfish-Fischen am Nachmittag, sondern vielmehr den Canopywalk am Vormittag, auf dem wir über wacklige Treppen einen noch wackligeren, knapp 30 Meter hohen, irgendwie merkwürdig zusammengezimmerten Holzturm im Dschungel hinaufstiegen und uns dann über mehrere Hängebrücken im Blätterdach des Dschungels bewegten.
Ich bin mir sicher, dass dieses Konstrukt mit seinen teils fehlenden Geländern, morschen Holzbalken und herausstehenden Nägeln in Deutschland keiner TÜV-Abnahme standgehalten hätte. Aber Spaß hat es natürlich trotzdem gemacht, auch wenn Christian zuweilen doch etwas gegen die Höhe ankämpfte.
Am Ende des Canopy Walks gelangten wir zu zwei langen Ziplines durch den Dschungel. Also Klettergeschirr an, Helm aufgesetzt und los ging es. Ein Riesenspaß und der Dschungel mal aus ganz anderer, fliegender Perspektive 🙂
An diesem Tag lief uns übrigens auch dieses kleine Kerlchen über den Weg:
Tag 4, der letzte Tag im Dschungel, war dann nochmal völlig tiefenentspannt. Wir hatten kein Programm an diesem Tag und wären normalerweise um 8 Uhr morgens bereits nach Puerto Maldonado gebracht worden. Wir entschlossen uns jedoch dazu noch bis zum Abend in der Lodge zu bleiben und uns dann erst mit dem Boot am Abend zurück nach Puerto Maldonado bringen zu lassen. Schließlich ging unser Nachtbus nach Cusco erst um 21 Uhr und in Puerto Maldonado wollten wir dann ungern bis zum Abend abhängen. So nutzten wir die Zeit nochmal für einen eigenen kurzen Dschungeltrek mit Tarantelbeobachtung und die Planung des in wenigen Tagen beginnenden Choquequirao Treks.
Den Nachmittag schauten wir dann noch auf dem Tablet „Die versunkene Stadt Z“ – ein Historiendrama über die Suche nach einem sagenumwobenen Reich im Dschungel des Amazonas. An sich total passend. Der Film war nur leider recht langatmig und daher nicht unser Fall.
Soweit von den Tagen im Dschungel. Nun geht es erstmal nach Cusco zum Akklimatisieren und zur weiteren Vorbereitung des Choquequirao Treks, den wir dann am Montag starten.