27
Apr
2019

Polarlichter fotografieren – Tipps und Tricks für Anfänger auf Nordlichtjagd!

„Wow, das ist echte Magie!“ So war mein erster Gedanke, als ich die Polarlichter am Haukland Beach auf den winterlichen Lofoten ganz intensiv über Stunden am dunklen Nachthimmel habe tanzen sehen. Es war unglaublich beeindruckend. Mit Worten ist dieses Erlebnis, das sicher viele von uns einmal in ihrem Leben erlebt haben wollen, kaum zu beschreiben. Vor meiner Reise nach Norwegen hatte ich entsprechend auch sehr darauf gehofft, das Nordlicht einmal ganz intensiv erleben zu dürfen. Und bestenfalls natürlich auch fotografisch festhalten zu können. Doch was bedarf es dazu eigentlich? Kann ich einfach losknipsen? Genügt die Kamera meines Smartphones? Die Antwort lautet: leider nein. Neben ein wenig Vorbereitung bedarf es vor allem des richtigen Equipments und der richtigen Kameraeinstellungen. Doch keine Sorge! Ich habe mich selbst vor meinem Urlaub nach Norwegen erstmals mit den Voraussetzungen für ein gutes Polarlichtfoto auseinandergesetzt und trotz meines absoluten Anfängerstatus in diesem Bereich hab ich doch ein paar tolle Fotos schießen können. Damit auch euch tolle Polarlichtfotos gelingen, gibt es hier in meinem Artikel meine Tipps und Tricks zur Polarlichtfotografie…


Inhalt


  1. Was sind Polarlichter überhaupt?
  2. Realität vs. Foto – (un)geschönte Wahrheit
  3. Ab nach draußen: Standortwahl!
  4. Hilfreich: Polarlichtvorhersage!
  5. Persönliches Equipment! Es ist kalt hier oben!
  6. Die richtige Kamera und das richtige Equipment
  7. Die richtigen Kameraeinstellungen
  8. Die Nachbearbeitung

Was sind Polarlichter überhaupt?


Rein wissenschaftich sind Polarlichter elektrisch aufgeladene Teilchen, die von der Sonne ausgestoßen werden, und mit Auftreffen auf die obere Erdatmosphäre in den Polarregionen unserer Erde Sauerstoff- und Stickstoffatome ionisieren und somit als Leuchterscheinungen am Himmel auftreten. Auf der Nordhalbkugel als sogenannte Aurora Borealis und auf der Südhalbkugel als Aurora Australis. Auch wenn im Falle eines Sonnensturms theoretisch Polarlichter bis hin nach Großbritannien und selbst nach Deutschland zu sehen sein können, bekommt ihr sie am häufigsten um bzw. oberhalb des Polarkreises zu sehen, d.h. in Europa im Norden Norwegens, in Finnland, Schweden oder aber auch Island. Die Nächte müssen dafür möglichst kalt und natürlich dunkel sein, weshalb die Beobachtung auch nur in den Wintermonaten – je nach Beobachtungsstandort etwa im Zeitraum von Mitte September bis Mitte April – möglich ist. In den Sommermonaten macht euch schlichtweg die Mitternachtssonne bei der Beobachtung bereits einen Strich durch die Rechnung.

Je nachdem, welche Art von Atomen getroffen wird und in welcher Höhe dies geschieht, kann das Polarlicht blau, grün oder rot leuchten. Die Formen und Bewegungen können dabei völlig unterschiedlich sein. Häufig zieht sich das Polarlicht als ein oder mehrere langgezogene Bänder über den Nachthimmel. Es kann jedoch auch in Spiralen auftreten oder große Flächen des Himmels zum Leuchten bringen.


Realität vs. Foto – Die (un-)geschönte Wahrheit


Viele Menschen sind enttäuscht, wenn sie das erste Mal Polarlichter in der Wirklichkeit sehen. Und auch mir ging es so als ich vor einigen Jahren auf Island das erste Mal das Nordlicht, die Aurora Borealis, gesehen habe. Mit den atemberaubend grünen und roten Lichterscheinungen, die ich von den vielen Fotos kannte, hatte das kaum etwas zu tun. Mein erstes Polarlicht war zunächst kaum von einem Wolkenband am Nachthimmel zu unterscheiden und ich nahm dieses auch keinesfalls intensiv grün wahr. Eher gräulich mit einem Hauch von Grünschimmer. Wirklich tanzen tat es auch nicht am Nachthimmel. Es „waberte“ ein wenig hin und her. Von Dynamik in der Bewegung kaum eine Spur. Dennoch blickte ich einigermaßen fasziniert gen Himmel. Zugegeben, vor allem auch in der Hoffnung, dass da noch mehr kommen würde, was jedoch erst in den folgenden Nächten passierte.

Woran lag es? Nun zunächst treten Polarlichter völlig verschieden in ihrer Intensität auf und können sich auch völlig unterschiedlich von ihrer Bewegung verhalten. Von wirklich hellen Lichtern, die die Umgebung zu erhellen vermögen, bis hin zu diesen kaum wahrnehmbaren Erscheinungen, die mir dann wie in Island wie eine Wolke oder ein dunstiger Fetzen bzw. Schleier am Nachthimmel vorkamen. Sie können aber auch als dynamisches Licht auftreten, bei dem Bewegungen ganz klar wahrnehmbar sind. In diesem Fall spricht man dann davon, dass die Polarlichter am Himmel tanzen.

Was die Farbe angeht: diese kommt vor allem auf den Fotos heraus. Ein Kamerasensor kann Farben in der Nacht gut unterscheiden, deutlich besser als wir zumindest. Das menschliche Auge nimmt Farben in der Dunkelheit letztlich nur begrenzt wahr. Dies ist der Grund, weshalb wir das Nordlicht meist nur als gräulich-helles Licht mit einer leichten Tönung ins Grün, seltener auch mal ins Blau oder Rote wahrnehmen. Allerdings ist auch hier jeder Mensch anders und die Farbwahrnehmung insoweit invidivuell. Solltet ihr das Nordlicht eindeutig als grün erleben, kann es für jemand anderen dennoch nur als grauer Schleier am Himmel zu sehen sein.

All das klingt jetzt sicher erst mal nicht nach dem Himmelsspektakel, welches sich jeder von uns ersehnt, wenn man Bilder wie solche hier sieht:

Polarlichter am Haukland Beach

Doch ein ganzes Stück weit kann ich euch nach meinen Nordlichtsichtungen Entwarnung geben: das Polarlicht kann zutiefst beeindruckend sein und auch jenseits vom Foto fürs menschliche Auge ein wahres Himmelsspektakel. Ich durfte ein solches Spektakel gerade zwei Mal auf den Lofoten erleben: ganz helle, überwiegend grün leuchtende Nordlichter, die intensiv und in allen möglichen Formen am Nachthimmel tanzten. Sie waren so hell, dass sie sogar die Umgebung leicht aufhellten und ihre Bewegungen waren einfach nur magisch anzuschauen. Gerade die erste Nacht werde ich ganz gewiss nie in meinem Leben vergessen und ich hoffe sehr, dass jeder von euch auch mal so eine Nacht voll von der Magie des Nordlichts erleben darf.


Ab nach draußen: Standortwahl!


Nun aber! Ab ans eigene Fotografieren und an all das, was ihr dabei beachten solltet. Erster Punkt hierbei: der Standort. Ihr solltet euch frühzeitig ein paar Gedanken über mögliche Standorte machen, von denen ihr aus die Polarlichter beobachten und auch fotografieren könnt. Doch worauf müsst ihr dabei achten? Es gibt verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen und im Grunde genommen sucht ihr aus allen diesen wie so oft die eierlegende Wollmilchsau.

Ein guter Ort zum Beobachten und Fotografieren sollte zunächst möglichst dunkel sein und sich damit in ausreichend großer Entfernung von störendem Fremdlicht befinden. Durch die Lichter von Städten, Straßenzügen usw. wird euch im wahrsten Sinne des Wortes die Sicht genommen. Sicher habt ihr auch schon mal bemerkt, dass der Sternenhimmel auf dem Land so viel beeindruckender ausschaut als in der Stadt. Für Polarlichter gilt dasselbe. Seht also zu, dass ihr weit weg von den Lichtern der Stadt und irgendwelchen Straßenlaternen kommt. Euer Erlebnis wird dafür umso intensiver sein.

Zudem sollte eure Location der Wahl ein weitgehend freies Blickfeld ermöglichen. Ihr wisst nie genau, wo die Polarlichter am Himmel auftauchen. Eine enge Schlucht stellt dabei möglicherweise nicht die beste Wahl für die Polarlichtfotografie dar. Ein weitgehend freier Blick auf den Himmel, möglicherweise auch eine naheliegende Zweitlocation, die einen schönen Blick und eine schöne Bildgestaltung in eine andere Richtung ermöglicht, ist das Optimum.

Gerade bereits schon angesprochen und so wichtig: der Bildaufbau bzw. die Bildkomposition. Sucht euch einen Standort, der euch nicht nur eine gute Sicht auf den Himmel bietet, sondern auch ein interessante Gestaltung im Bildaufbau ermöglicht. Ein Foto, auf dem nur ein Ausschnitt des Himmels mit dem Nordlicht zu sehen ist, ist zwar ein Nordlichtfoto, aber kein spektakuläres Foto. Sucht euch Motive, mit denen ihr das Phänomen Nordlicht in einen Zusammenhang setzen und dem Bild Perspektive geben könnt. Versucht dabei auch den Horizont mit auf das Bild zu bringen. Interessante Kontexte können z.B. sein eine schneebedeckte Bergkette oder ein einzelner Gipfel, der Ozean, in dem sich das Polarlicht spiegelt, eine interessante Felsformation oder einzelne Felsen, ein Gebäude, eine Baumgruppe oder ein einzeln stehender Baum, ein Flußlauf, ein See, eine Eisformation, ein Weidezaun und und und… Die denkbaren Möglichkeiten sind unendlich und eurer Kreativität insofern keine Grenzen gesetzt.

Meine Standortwahl auf den Lofoten fiel übrigens auf den Haukland Beach. Der Strand war genügend weit von störenden Fremdlichtern wie dem der Stadt Leknes entfernt, öffnete sich gen Westen und Süden und bot mir durch einen Wechsel zum nur knapp über 2 Kilometer entfernten Utakleiv Beach die Möglichkeit auf einen Strand mit Nordausrichtung auszuweichen. Als Motive wurden mir Berge und Ozean wie auch Felsformationen geboten.

Polarlichter am Utakleiv Beach

Hilfreich: Polarlichtvorhersage!


Nicht in jeder Nacht stehen die Chancen auf Polarlichter gut. Und falls ihr nicht wie meine Eltern zuletzt auf einem Hurtigrutenschiff den Service genießt, dass eine Durchsage ertönt, sobald Polarlichter am Himmel zu sehen sind, sind bei der Entscheidung, ob es sich lohnt, die Nacht mehrere Stunden draußen zu verbringen, die Nordlichtlichtvorhersagen der jeweiligen Länder und der sogenannte Kp-Index hilfreich. Vorhersagen für verschiedene Orte in Norwegen erhaltet ihr z.B. auf der Website norway-lights.com, für Island auf der Website auroraforecast.is

Der Kp-Index ist als „planetarische Kennziffer der geomagnetischen Aktivität” im Grunde genommen eine Meßziffer für die Wahrscheinlichkeit, das Nordlicht beobachten zu können. In einer Skala von 1 bis 9 stellt der Index die Teilchenstrahlung dar, die von der Sonne auf die Erde trifft und deren Auswirkung auf das Erdmagnetfeld. Während ein Wert von 1 für eine geringe Aktivität steht werden mit Werten ab 5 Sonnenstürme angezeigt. Eine bis zu dreitägige Vorhersage für den Kp-Index bekommt ihr auf der Website aurora-service.eu. Meine schönsten Beobachtungen auf den Lofoten habe ich übrigens bei Werten von 4 und 5 (leichter Sonnensturm) machen können.

Jenseits von Kp-Index und Nordlichtvorhersage ist natürlich zu beachten, dass ihr Polarlichter nur in klaren Nächten beobachten könnt. Ist der Himmel bewölkt, braucht ihr euch natürlich nicht auf die Nordlichtjagd begeben. Allenfalls könntet ihr durch eine dünne Wolkendecke hindurch den farbigen Schimmer intensiv leuchtender Nordlichter wahrnehmen wie es mir eine Nacht auf Island passiert ist. Das war übrigens auch das erste Mal, dass ich mich an der Polarlichtfotografie versucht habe. Ich weiß: leicht zu erkennen an der schlechten Bildqualität bzw. an dem starken Rauschfilter, den ich im Vordergrund verwenden musste 🙂

Polarlichter auf Island

Beeindruckender ist das Nordlicht, wenn ihr einen sternenklarem Himmel über euch habt. Das Wetter für den Abend und die Nacht könnt ihr tagsüber schon über verschiedene Websites, z.B. über wetter.com, checken.


Persönliches Equipment! Es ist kalt hier oben!


Glaubt mir, wenn ihr Polarlichter fotografiert dann verbringt ihr nicht nur ein paar Minuten draußen. Da können gut und gerne schon zwei bis drei Stunden zusammenkommen. Und draußen ist es kalt… Auf den Lofoten hatte es regelmäßig um die -10 bis -15 Grad Celsius. Weiter im Landesinnern Norwegens oder gar in Finnland und Schweden werdet ihr mit noch kälterenTemperaturen zu rechnen haben. Zieht euch also richtig warm an – Stichwort Zwiebelprinzip. Wenn ihr glaubt es sind genug Lagen, legt noch eine drauf! Denn ihr werdet euch beim Fotografieren der Polarlichter kaum bewegen.

Packt eure Hände gut ein, in dicke Handschuhe. Habt ihr keine dieser teuren Fotografenhandschuhe mit aufklappbarem Fingerbereich – habe ich auch nicht – werdet ihr sie zwar immer wieder ausziehen, um die Kameraeinstellungen zu verändern, dennoch werden eure Hände es euch danken, wenn ihr sie wenigstens zwischendurch in dicke und vor allem warme Winterhandschuhe stecken könnt. Damit die Handschuhe warm bleiben, wenn ihr sie auszieht, stopft sie unter eure Jacke. Legt sie nicht auf den Boden, auf die Felsen oder in den Schnee.

Achtet auch auf warmes Schuhwerk. Klar, das habt ihr dabei, schließlich seid ihr im Winterurlaub, aber dennoch: nehmt auch, falls vorhanden, das wärmere Paar Stiefel oder legt eine Extralage Socken an. Geht auch davon aus, dass eure Schuhe nass werden können. Viele tolle Motive liegen am Wasser. Und so ihr die Spiegelung des Polarlichts in einem Flußlauf aufnehmen wollt, werdet ihr dazu möglicherweise ins Wasser steigen müssen.

Optional nehmt euch für eure Polarlichtjagd eine Kanne heißen Tee mit. Kann sicher Wunder wirken, auch wenn ich bislang immer darauf verzichtet habe. Ich trinke allerdings eh selten Tee 😉

Nicht verzichten solltet ihr auf eine Stirnlampe. Ihr werdet in ziemlicher Dunkelheit eure Kamera öfters neu ausrichten und die Einstellungen verändern. Hinzu kommt, dass ihr regelmäßig auch noch ein paar Schritte zu eurer Fotolocation bewältigen müsst. Packt also eine Stirnlampe ein. Gerade wenn ihr an der Kamera hantiert sind diese zudem viel praktischer wie eine Taschenlampe.


Die richtige Kamera und das richtige Equipment


Womit bekommt ihr denn nun eigentlich diese tollen Polarlichtfotos? Leider nicht mit dem Smartphone – dass es eines gewissen Kamera-Equipments bedarf, hatte ich ja schon oben erwähnt. Im Großen und Ganzen braucht ihr folgendes:

Kamera:
Für die Polarlichtfotografie solltet ihr eine Spiegelreflexkamera (DSLR) oder eine spiegellose Systemkamera haben. Aber keine Sorge: es muss nicht das Teuerste vom Teuren sein. Ich habe meine Bilder mit einer günstigen Einsteiger-DSLR, der Canon 200D, geschossen. Ich halte echt viel von dieser Kamera, zumal ich sie als eine der kleinsten erhältlichen Spiegelreflexkameras auch wunderbar mit auf meine Trekking- und Backpackingreisen mitnehmen kann ohne gleich einen Riesenkoffer an Fotoausrüstung mitschleppen zu müssen.

Objektiv:
Für eure Kamera braucht ihr daneben ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv. Doch was bedeutet das und woran erkenne ich, ob ich das habe? Relevant sind hier zwei Werte: für die Eigenschaft als Weitwinkelobjektiv die Brennweite, die ihr in Angaben von Milimetern (z.B. 10 – 18 mm) vorne auf dem Objektiv findet sowie für die Lichtempfindlichkeit die Blendenzahl, die ihr als Zahl (z.B. f 4,0 bis f 5,6) ebenfalls vorne auf dem Objektiv findet.

Ein Normalobjektiv oder auch ein Zoomobjektiv bildet bei einer Brennweite von 50 mm in etwa die natürliche perspektivische Wahrnehmung des menschlichen Auges ab. Mit einem Wert, der darunterliegt, bildet ihr auf eurem Foto einen größeren Bildwinkel ab, daher der Name „Weitwinkel“. Das Bild wird hierbei allerdings perspektivisch „verzerrt“ im Vergleich zu unserer menschlichen Wahrnehmung. Weit entfernte Gegenstände werden kleiner abgebildet. Das braucht hier jedoch nicht stören. In erster Linie wollt ihr schließlich einen möglichst großen Teil des Nachthimmels aufs Bild bekommen. Mit Brennweiten von 10 mm, aber auch mit Brennweiten von bis zu 18 mm, lässt sich bei der Polarlichtfotografie super arbeiten.

Was die Lichtempfindlichkeit angeht gibt die erste der beiden Blendenzahlen (im Beispiel f 4,0) die Lichtempfindlichkeit bei maximaler Blendenöffnung wieder. Für die Polarlichtfotografie solltet ihr ein Objektiv mit einer möglichst geringen Blendenzahl verwenden. Mit einer Blendenzahl von f 4,5 lässt sich bereits arbeiten – siehe Foto unten. Besser sind natürlich Objektive mit einer Blendenzahl von f 3,5 oder noch weniger.

Polarlichter am Haukland Beach (fotografiert mit einer Blendenzahl von 4,5)

Meine Bilder sind mit dem preisgünstigen Superweitwinkelobjektiv Canon EF-S 10-18mm 1:4,5-5,6 IS STM geschossen worden. Als Hobbyfotograf bin ich mit diesem Objektiv und den Ergebnissen meiner Landschafts- und Polarlichtfotografie sehr zufrieden. Mehr lässt sich natürlich immer ausgeben 🙂

Stativ:
Da ihr bei der Polarlichtfotografie mit Langzeitbelichtungen – siehe hierzu später – arbeiten werdet, benötigt ihr in jedem Fall ein Stativ. Ohne Stativ klappt es nicht bzw. ihr erhaltet vollkommen verwackelte Fotos. Ich benutze zum Fotografieren das Rollei Compact Traveller No. 1 Carbon Reisestativ. Für mich ein guter Kompromiss aus leichtem Gewicht, geringem Packmaß , Funktionalität und Stabilität.

Ersatzakku und Ersatzspeicherkarte:
Ihr habt eine tolle Location rausgesucht, euch warm angezogen, der Tee steht bereit, eure Kamera auf dem Stativ ebenso, die Polarlichter tanzen am Himmel, ihr macht die ersten Testshots… und dann… Akku alle oder Speicherkarte voll. Boah, das wäre gruselig. Könnt ihr euch sicher vorstellen. Gut, wenn sich dann Abhilfe schaffen lässt. Nehmt einfach einen Ersatzakku mit wie auch eine Ersatzspeicherkarte. Und tragt es irgendwo in einer Innentasche eurer Jacke. Erstens könnt ihr beides dann nicht so leicht verlieren und zweitens hält eure Körperwärme den Ersatzakku auch in seinem vollen Ladezustand. Eiseskälte ist letztlich Gift für euren Akku und so könnt ihr dem vorbeugen.

Fernauslöser / Fernauslöseapp:
Damit euer Foto nicht gleich zu Beginn beim Drücken des Auslöseknopfs verwackelt und eine Bewegungsunschärfe entsteht solltet ihr mit einem Fernauslöser oder einer Fernauslöseapp arbeiten. Von so ziemlich allen Kameraherstellern erhaltet ihr für eure Kamera für wenig Geld einen Auslöser mit Funk- oder Kabelverbindung. Alternativ – das ist die Methode, mit der ich mittlerweile arbeite – bieten viele Hersteller auch kostenfreie Apps an, mit denen ihr eure Kamera mit eurem Smartphone verbinden und so fernauslösen könnt. Sämtliche Einstellungen könnt ihr auch direkt im Smartphone tätigen. Funktioniert überraschend gut. Habt ihr noch keinen Fernauslöser und auch keine entsprechende App, nutzt den 2- oder 10-Sekundentimer an eurer Kamera zum Auslösen.


Die richtigen Kameraeinstellungen


Die Kameraeinstellungen sind nun das A und O bei der Polarlichtfotografie. Bestenfalls habt ihr die meisten Einstellungen schon voreingestellt. Das wird es euch wesentlich vereinfachen, ehe ihr nachher in Kälte und Dunkelheit mit eurer Kamera rumhantieren und noch alle Einstellungen tätigen müsst. Zudem droht euch nicht womöglich eine wesentliche Einstellung vergessen zu haben und ihr macht euch schon mal mit eurer Kamera vertraut, sofern ihr das noch nicht seid.

Manuellen Kameramodus wählen:
„M“ wie „Manuell“ ist der Kameramodus, den ihr einstellen müsst. In diesem Modus könnt ihr sämtliche Einstellungen wie die Verschlusszeit, den ISO-Wert und die Blende selbst tätigen. Etwaige Kameraautomatiken sind in diesem Modus so weit es geht ausgestellt und das ist unser Ziel – denn etwaige Kameraautomatiken führen uns bei der Polarlichtfotografie nicht zu dem gewünschten Ergebnis.

Den „M“-Modus wählen könnt ihr über das Moduswählrad, welches in der Regel oben am Kameragehäuse angebracht ist.

Blende einstellen:
Die Blende sollte so weit wie möglich geöffnet sein – Stichwort „Maximale Offenblende“ und somit Lichtempfindlichkeit, siehe hierzu auch weiter oben. Stellt hierfür die am Objektiv die kleinstmögliche Brennweite ein, indem ihr dieses zur Seite dreht und den Wert entweder am Kameradisplay oder oben am Objektiv ablest. Bei sogennanten Kitobjektiven, die ihr gemeinsam mit dem Kameragehäuse geliefert bekommt, wird dieser Wert vermutlich bei 18mm liegen. Bei dem Superweitwinkelobjektiv, welches ich für meine Fotografien von den Lofoten verwendet habe, lag die kleinstmögliche Brennweite bei 10mm. Habt ihr dies eingestellt, stellt ihr dann an der Kamera die Blendenzahl auf den geringsten Wert, z.B. f 3,5. Damit habt ihr nun sichergestellt, dass die höchstmögliche Menge an Licht auf euren Kamerasensor gelangt.

Bildstabilisator ausschalten:
Moderne Kameras bzw. Objektive sind mit einem automatischen Bildstabilisator, bezeichnet als „IS – Image Stabilizer“ oder auch als „VR – Vibration Reduction“ ausgerüstet. Diesen solltet ihr unbedingt ausstellen. Der Bildstabilisator beugt einer Bewegungsunschärfte im Bild vor, wenn ihr Fotos aus der Hand schießt. Wenn ihr wie bei der Polarlichtfotografie mit einem Stativ arbeitet, kann er jedoch genau das Gegenteil bewirken. Etwaige Bewegungen im Bild, z.B. der Polarlichter oder des Meeres werden von der Automatik als leichte Verwackler missgedeutet, und Korrekturen vorgenommen, die unnötig sind und nun zu einer leichten Unschärfe führen. Als den Bildstabilisator ausschalten. Bei Canon stellt ihr dies z.B. über einen der Schalter am Objektiv ein.

ISO-Wert einstellen:
Mit dem ISO-Wert stellt ihr die Lichtempfindlichkeit des Sensors in der Kamera ein. Grundsätzlich könnte man nun denken „Wunderbar, also rauf damit!“ Doch leider geht mit einem höheren ISO-Wert auch ein höheres Bildrauschen einher. Die Skala der Lichtempfindlichkeit eures Sensors beginnt bei ISO 100 und verdoppelt sich jeweils, also ISO 200, ISO 400 usw. Bei modernen Kameras lassen sich durchaus auch Werte von ISO 25600 einstellen, jedoch lässt die Bildqualität aufgrund des starken Rauschens dann zu wünschen übrig.

Doch welchen ISO-Wert solltet ihr nun wählen? Hier wird es nun etwas schwieriger. Es gibt letztlich keinen idealen ISO-Wert für die Polarlichtfotografie, zumal auch das Zusammenwirken mit anderen Kameraeinstellungen wie der Verschlusszeit zu betrachten ist. Aber keine Angst. Für den Anfang startet einfach mit einem Wert von ISO 1600. Ein wirklich störendes Bildrauschen solltet ihr bei einer modernen Kamera mit entsprechendem Sensor bis zu diesem Wert nicht erhalten. Nach euren ersten Shots, die ihr mit Sicherheit am Kamerabildschirm schon mal betrachten werdet, werdet ihr auch recht schnell feststellen, ob euer Bild hell genug geraten ist oder nicht. Falls nicht, stellt den ISO-Wert noch eine Stufe höher. Falls doch, regelt ihn etwas herunter, was wiederum auch der Bildqualität zugute kommt.

Verschlusszeit einstellen:
Auch bei der Verschlusszeit müsst ihr etwas experimentieren. Aber auch das wird euch schnell von der Hand gehen und ihr erhaltet ebenfalls eine Empfehlung von mir, mit welcher Verschlusszeit ihr starten solltet.

Grundsätzlich bedeutet eine längere Verschlusszeit ebenfalls, dass euer Kamerasensor mehr Licht aufnimmt. Daraus folgt natürlich, dass ihr bei sehr hellen Polarlichtern eine verlgeichsweise geringe Verschlusszeit anwenden könnt, bei schwachen Polarlichtern hingegen eine größere Verschlusszeit ausprobieren solltet. Zudem gilt als weitere Regel bei der Polarlichtfotografie, dass die Bewegung des Polarlichtes relevant ist für die Verschlusszeit. Bei relativ statischen Polarlichten kann die Verschlusszeit durchaus länger gewählt werden zugunsten eines geringeren ISO-Wertes und somit rauschärmeren Bildes. Bei richtig dynamischen Polarlichtern hingegen solltet ihr eher den ISO-Wert erhöhen zugunsten einer geringeren Verschlusszeit. Zwar erhöht sich damit wieder das Bildrauschen, jedoch fangt ihr durch die geringere Belichtungszeit die feinen Formen des Polarlichtes und Spitzen deutlich schöner ein.

Bei sehr hellen und dynamischen Polarlichten solltet ihr z.B. eine Verschlusszeit von 5 bis 10 Sekunden ausprobieren. Sind kaum Bewegungen im Polarlicht auszumachen und/oder ist es eher schwach am Nachthimmel zu sehen, solltet ihr zunächst Verschlusszeiten von 10 bis 20 Sekunden ausprobieren

Manuell auf „Unendlich“ fokussieren:
Ein ganz wichtiger Punkt! In der Regel aber auch einer, den ihr nicht vergessen könnt bzw. auf den eure Kamera euch hinweisen wird. Solltet ihr nämlich noch den Autofokus eingestellt haben, wird sich eure Kamera schlichtweg weigern ein Foto zu schießen, da sie in der Dunkelheit keinen Punkt findet, auf den sie automatisch fokussieren kann.

Standardmäßig wird der Autofokus, bezeichnet als „AF“ an eurer Kamera bzw. eurem Objektiv eingestellt sein. Diesen müsst ihr auf „MF“ wie „Manuell fokussieren“ umstellen. Bei Canon erfolgt das ebenfalls über einen Schalter am Objektiv. Getan ist es damit jedoch noch nicht ganz. Der schwierige Part folgt nun. Denn ihr müsst das Bild von Hand aus auf „Unendlich“ scharfstellen. „Unendlich“ daher, da die Polarlichter, auf die ihr fokussieren wollt, nahezu unendlich weit entfernt.

Einige Objektive haben am Fokussierring – diesen findet ihr am vorderen Ende des Objektivs – den Fokus für „Unendlich“ (∞) eingezeichnet. Bei anderen Objektiven müsst ihr euch an diesen Wert herantasten. Versucht hierzu einen möglichst hellen Stern oder die weit entfernten Lichter eines Leuchtturms, eines Hauses, einer Straßenlaterne o.ä. scharf zu stellen, indem ihr den Fokussierring am vorderen Ende des Objektivs nach und nach verstellt und im Live-View-Modus der Kamera am Bildschirm – möglichst bei aktivierter Vergrößerung – verfolgt, wann der Stern bzw. die sonstige Lichtquelle scharf gestellt ist. Macht ein Foto und prüft das Ergebnis noch mal am fertigen Bild im Kamerabildschirm nach, indem ihr das Objekt so weit wie möglich vergrößert. Ist noch eine Unschärfe zu erkennen, tastet euch nach und nach auf diese Weise bis zum gewünschten Ergebnis heran. Ich will natürlich nicht verschweigen, dass ihr hier womöglich etwas Geduld braucht 😉

Ein ganz guter Tipp ist es, die Schärfeeinstellung auf „Unendlich“ bereits während des Tages vorzunehmen, indem ihr tagsüber ein möglichst weit entferntes Objekt manuell in den Fokus nehmt. Mit z.B. einem Klebestreifen könnt ihr dann eine Markierung am Objektiv setzen. Das kann euch in der Nacht eine Menge Zeit und Nerven sparen.


Die Nachbearbeitung


Last but not least könnt ihr eure hoffentlich erfolgreichen Shots nun noch nachbearbeiten. Es ist erstaunlich wieviel sich aus euren Fotos mit einer guten Bildbearbeitungssoftware noch herausholen lässt. Ich arbeite z.B. mit Adobe Lightroom, einer Software, die zwar nicht kostenfrei ist, aber dafür Unmengen an Bearbeitungsoptionen bietet.

Hier nun zu schreiben, auf welche Weise ihr eure Polarlichtfotos bearbeiten solltet, würde den Rahmen dieses Artikels ziemlich sprengen. Bei youtube.de könnt ihr allerdings einige gute Anleitungen für die Nachbearbeitung erhalten. Sucht einfach mal nach „Polarlichtfotos bearbeiten“.

Ich zeige euch an dieser Stelle dennoch schon mal durch einen Vorher-Nachher-Vergleich eines meiner Fotos, was ihr in der Nachbearbeitung noch alles herausholen könnt.

Polarlichter am Haukland Beach – Vor der Bearbeitung
Polarlichter am Haukland Beach – Nach der Bearbeitung

Soweit zur Polarlichtfotografie. Ich hoffe meine Tipps helfen euch ein wenig weiter! Habt viel Spaß, wenn ihr euch mit eurer Kamera auf die Jagd begebt. Und vergesst bei allem Fotografieren vor allem nicht, die Kamera auch mal ruhen zu lassen! Genießt die Magie des Augenblicks, wenn die Polarlichter über euch tanzen, auch mal einfach nur mit euren Augen und lasst euch nicht von der Kamera, ihren Einstellungen und der Aussicht auf tolle Fotos ablenken. Es lohnt sich so sehr. Ihr werdet solche Momente nie vergessen!

Anmerkung: bei einigen der Links zu Produkten in diesem Artikel handelt es sich um sogenannte Affiliate Links. Der Preis der Produkte bleibt der gleiche, als wenn ihr diese direkt über den verlinkten Händler kaufen würdet. Falls ihr sie jedoch über meinen Link kauft, erhalte ich eine kleine Provision, mit der ihr mich bei der Kostendeckung für diesen Blog unterstützt. Danke!

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2 Responses

  1. Hans-Dieter Peters

    Hallo Nils, ein guter Report. Einen wichtigen Punkt hast Du nicht erwähnt, nämlich den Weiabgleich. Was verwendest Du denn? Den automatischen oder stellst Du die Kelvin Temparatur auf vielleicht 3700? Das würde mich mal interessieren. Vom 04.01.2020 bis zum 18.01.2020 werde ich mit anderen Hobbyfotografen von Rovaniemi ausgehend mit einem VB-Bus plus Profifotograf eine Rundtour bis nach Nord-Norwegen hinein machen. Mal sehen was dabei herauskommt. Timelapse will ich auch versuchen. Mit einer 20000mAh Powerbank plus Heizmanschette für das Objektiv und Handwärmer in den Handschuhen + Sohlenwärmer in den Schuhen etc. sollte es schon gehen. Was ist noch, neben meinen Schneeschuhen, zu beachten. Fehlt noch was? Laß mal was von Dir hören, hauptsächlich über die Verwendung des optimalen Weisabgleiches.

    Gruß

    1. Hey Hans-Dieter,

      schön von dir zu lesen! Vielen Dank! Du hast vollkommen recht. Der Weißabgleich ist natürlich ein wichtiger Punkt. Ich habe auf den Lofoten mit dem automatischen Weißabgleich gearbeitet, musste meine Fotos in der Nachbearbeitung über Lightroom aber beinahe alle noch mehr oder weniger auf einen Wert um etwa 3.300 Kelvin korrigieren. Der automatische Weißabgleich führte in der Regel zu einem etwas höheren Wert. Die Lichter bzw. Fotos waren dann häufig zu „gelbstichig“.

      Das Wichtigste ist erst mal, dass du warm bleibst Aber da klingst du (ohne dass ich jetzt deine Klamotten im Detail kenne) schon mal gut vorbereitet. Und das Zweitwichtigste: genieße die Magie der Polarlichter für ein paar Augenblicke auch jenseits von der Kamera. Ich weiß selbst wie sehr man in den Modus gerät, ein tolles Bild schießen zu wollen. In einer Gruppe von Hobbyfotografen wird da vermutlich ein regelrechtes Fieber unter euch ausbrechen Ich könnt es jedenfalls nachvollziehen…

      Ansonsten muss ich dir sagen, ich bin schon ein wenig neidisch. Da hast du auf jeden Fall eine großartige Tour vor dir. Spannend, gerade gegen Ende der Polarnacht. Ich drücke die Daumen, bin mir aber beinahe sicher, dass du viel Glück mit den Polarlichtern, tolle Erlebnisse und wahnsinnig tolle Lichtstimmungen haben wirst! Neben den Polarlichtern dürftest du auch viel Zeit zum Fotografieren während der Blauen Stunde haben!

      Beste Grüße,
      Nils

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